Chinesischer AM-Empfänger ZX921
von Günther Zöppel
Im Internet wird durch Aliexpress ein Bausatz-Empfänger
angeboten, der mich interessierte. Es ist zwar nur Mittelwelle
empfangbar, aber für den Spottpreis von ca. 7 Dollar kann man ja mal
schwach werden… Also habe ich bestellt, und nach ca. 3 Wochen kam
das Paket (zoll- und transportkostenfrei) bei mir an. Nach dem
Auspacken war ich ob der Qualität überrascht – für den niedrigen Preis
erstaunlich solide. Leider ist der beiliegende Aufbauplan nur in
Chinesisch – aber zumindest der Schaltplan und einige international
übliche Hinweise waren entzifferbar. Also habe ich mich sofort an den
Aufbau gemacht und möchte hier für eventuelle Nachnutzer ein paar
Hinweise geben.
Aufbau
Am
besten, man sortiert die Bauteile nach Größe, beginnt beim Bestücken
mit den kleinsten (Widerstände und Kondensatoren) und beendet den
Aufbau mit den größeren Teilen. Es ist eine auch für Deutsche lesbare
Stückliste beigelegt, die man abhaken kann. Es empfiehlt sich aber, die
Widerstände R1, R4, R7, R12, R13 und R16 vorerst nicht zu bestücken, da
diese für optimale Arbeitspunkte abgeglichen werden sollten. Die
jeweiligen Stufen haben auf der Leiterplatte eine Unterbrechung im
Leiterzug, wo der Kollektorstrom der jeweiligen Stufe gemessen werden
kann, indem man das Amperemeter an die beiden Kontaktstellen hält. Nach
Abgleich muß diese Stelle dann mit einer Zinnbrücke geschlossen werden.
Ich habe einfach anstelle der oben genannten Widerstände provisorisch
Einstellregler angelötet und diese dann auf die im Schaltbild
angegebenen Kollektorströme abgeglichen, sie wieder ausgelötet und den
Wert gemessen. Diesen habe ich dann als Festwiderstand eingelötet und
anschließend nochmals den Strom kontrolliert. So gleicht man Stufe für
Stufe auf optimale Verhältnisse ab und brückt anschließend die
Strommessstelle mit ein wenig Lötzinn. Das ist zwar etwas mühsam,
aber das Ergebnis entschädigt für die Mühe. Ich hatte nämlich
anfangs einfach die mitgelieferten Widerstände eingebaut, wobei der
Kollektorstrom aber teilweise extrem von dem im Schaltbild angegebenen
Toleranzbereich abwich. Daher empfehle ich die hier angegebene
Vorgehensweise, zumal das ganze Gerät nur mit 1,5 V betrieben wird – da
sollte schon aus den daraus resultierenden geringeren
Aussteuerungsgrenzen jeder Stufen-Arbeitspunkt optimal stimmen. Leider
sind dem Bausatz keine weiteren Widerstände beigelegt, sodaß man bei
abweichenden Werten auf den „Bastlerfundus“ zurückgreifen muss.
Ich
habe bei der Inbetriebnahme zuerst den NF-Verstärker zur Funktion
gebracht. Den kann man einfach testen, indem man einen
Lautsprecheranschluß auf das Lautstärkepoti legt, durch die dadurch
entstehende Mitkopplung entsteht ein Generator, der in der Tonhöhe mit
dem Lautstärkeregler regelbar ist. Das muß phasenrichtig geschehen,
sollte es also nicht schwingen, dann sollte man einfach den anderen
Lautsprecheranschluß probieren. Wenn das zur Zufriedenheit ausfällt,
muß man den Anschluß wieder abklemmen und kann dann den ZF-Verstärker
abgleichen. Dazu speist man an R3 eine Frequenz von 455 kHz ein (die
Mischstufe darf dabei noch nicht arbeiten – Lötbrücke am Kollektor
Mischtransistor noch offen lassen) und misst die an C8 entstehende
Richtspannung. Diese sollte man durch das wechselweise Abgleichen der
drei Bandfilterkerne auf Maximum bringen. Übersteuerung muß dabei
vermieden werden, also die Generatorausgangsspannung so gering wie
möglich einstellen.
Danach kann man die Mischstufe in Betrieb
nehmen. Dazu müssen auch die Spulenanschlüsse der Ferritantenne und der
Drehko angeschlossen sein. Die Antennenspule ist zweigeteilt. Man muß
die beiden Hälften so auf den Ferritstab schieben, dass die (galvanisch
getrennte) Koppelwicklung in der Mitte liegt. Die Antennenspule sollte
(gemessen) ca. 600 µH haben, bei richtiger Montage. Der Basiswiderstand
sollte wie erwähnt optimiert sein, dann kann man auch diese
letzte Strommessbrücke auf der Leiterplatte mit Zinn schließen.
Bei
fehlerfreiem Aufbau sollten jetzt schon einige Sender hörbar werden bei
Durchstimmen des Drehkos – am besten in den Abendstunden, da tagsüber
auf Mittelwelle hier in Deutschland kaum Sender empfangbar sind.
Noch paar Hinweise:
Die
mitgelieferten Transistoren (8 Stück) sind 6x NPN und 2x PNP.
Letztere müssen für die Gegentaktendstufe eingesetzt werden, da die
Schaltung dementsprechend ausgelegt ist.
Der Lautsprecher wird
mit den mitgelieferten 2 roten Plastehaltern und zwei Schrauben im
Ausschnitt befestigt. In meinem Gerät habe ich einen extra
Batteriehalter eingebaut, da die mitgelieferten Kontaktfedern
unzuverlässig sind und auch von den Maßen her das im Gehäuse
integrierte Batteriefach für eine R6-1,5V-Zelle etwas zu groß
ausgefallen ist, sodaß die Batterie herausfallen kann.
Die
Leiterplatte wird einfach ins Gehäuse geclipst, ohne Verschraubung. Das
geht etwas schwer, man sollte erst die Unterkante mit der
Ohrhörerbuchse einführen und dann die obere Kante in die dafür
vorgesehenen Plast-Nasen einrasten. Das Plastmaterial des Gehäuses ist
ziemlich elastisch, man kann also beim Montieren gefühlvoll etwas Kraft
aufwenden, ohne dass Bruchgefahr besteht.
Drehko-Rad und
Lautstärke-Einschalter-Rändelrad müssen vor dem Einclipsen der
Leiterplatte montiert sein. Der Aufkleber mit dem Skalenzeiger muss bei
den Drehkoendanschlägen mit der schrägen Linie des Skalenausschnitts
fluchten, Die Skalenanzeige ist etwas gewöhnungsbedürftig, der
Ausschnitt ist von der Frequenzzuordnung nur als „Schätzhilfe“
geeignet.
Das grüne Plasteteil zur Montage des Ferritstabes
lässt sich nur schwer in die Leiterplatte einsetzen, ein Tropfen Öl
half bei mir zum besseren Hineingleiten.
Der Ausgangstrafo (rote
Isolierung) ist in Sparschaltung ausgeführt, also nicht wundern, wenn
von den Lautsprecheranschlüssen ohmscher Durchgang zur Primärseite
besteht.
Skaleneichung kann man bei den unteren Frequenzen (um
die 530 kHz) mit dem Spulenkern der Oszillatorspule und bei hohen
Frequenzen (um die 1400 kHz) mit dem Oszillatortrimmer auf dem Drehko
durchführen.
Die Schaltung selbst enthält (bis auf die
Abweichung beim Ausgangstrafo) keine Besonderheiten, ist bei
Taschensupern Standard und hat sich bewährt. Der Bestückungsaufdruck
auf der Leiterplatte ist sehr hilfreich, eindeutig und
anfängerfreundlich.
Fazit:
Ein
sehr gelungener Bausatz, als Einstieg für Bastler, die den Sprung vom
Geradeausempfänger zum Superhet vollziehen möchten, sehr geeignet. Die
Empfangsergebnisse sind ausgezeichnet, natürlich bei sorgfältigem
Abgleich. Es erstaunt, dass man mit nur 1,5V Betriebsspannung
gleichwertige Lautstärke und Empfindlichkeit gegenüber diversen „Boys
Radios“ der 60er Jahre, die meist mit 9V gespeist wurden, erzielen
kann. Die Optik lässt auch kaum Wünsche offen, das Gerät sieht sehr
schick aus. Sollten bei potentiellen Nachbauern Fragen auftauchen, bin
ich gern zur Hilfe bereit.
Günther Zöppel
Pockau, Oktober 2018
Nachtrag: Hier findet man ein übersetztes Handbuch zum Gerät: www.antiqueradios.com/forums/viewtopic.php?p=2825076#p2825076