Zeitzeichenempfänger „Rhinozerus“          

von Günther Zöppel                   
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Für
die Inbetriebnahme einer Nixie-Uhr brauchte ich ein DCF77-Zeittelegramm. Dummerweise waren mir gerade alle vorhandenen Fertigmodule (Pollin, ELV, Conrad, Reichelt) ausgegangen – diese waren irgendwo in anderen Uhren verbaut, die ich nicht demontieren wollte, und so habe ich aus vorhandenen Bastelkistenteilen, die mich keinen Cent kosteten, einen ziemlich empfindlichen Empfänger gebaut, der zwar gegenüber den Fertigmodulen etwas groß ausfällt, dafür aber hervorragend funktioniert, auch unter Bedingungen, wo normale Funkuhren schon aufgeben – z.B. im HF-mäßig ungünstigen Bastelkeller neben einem eingeschalteten PC.




Schaltungsbeschreibung





Ich habe mich auf ein Geradeausempfänger-Konzept orientiert, da bei einigen Vorversuchen keine nennenswerten Nachteile gegenüber einer Superhet-Realisierung zu verzeichnen waren.



Da bei DCF77 die Information nur in einer Trägerabsenkung codiert ist, muß der Empfänger allein eine diskrete Frequenz empfangen können, und das kann man auch mit dem Geradeaus-Prinzip sehr selektiv hinbekommen. Der Eingangsschwingkreis wurde auf einem Ferritstab 10x200mm untergebracht, wobei eine gerade vorhandene Langwellenspule aus einem alten Radio zum Einsatz kam, die (siehe Bild) mit 2,6mH Induktivität und den dazu berechneten ca. 1,6nF die Resonanz auf  77,5kHz erwarten ließen, was sich auch beim Nachmessen mittels Generator und Oszilloskop bestätigte. Durch Verschieben auf dem Ferritstab kann man noch fein auf Maximum abgleichen. Normalerweise verwendet man in der ersten Stufe einen FET, um die Belastung des Schwingkreises klein zu halten – ich hatte jedoch gerade kein passendes Exemplar zur Hand und habe daher den ganzen Empfänger mit normalen Allerwelts-npn-Transistoren aufgebaut (SC237 aus DDR-Restbestand, etwa vergleichbar mit BC547), an welche aufgrund der niedrigen Arbeitsfrequenz von 77,5 kHz keine besonderen Anforderungen gestellt werden müssen.



Damit die Belastung des Eingangskreises trotzdem klein bleibt, wurde eine Koppelwicklung von nur 5 Wdg. vorgesehen, die den Basiskreis der Eingangsstufe bedient. Es schließt sich ein dreistufiger Selektivverstärker an, der mittels umgebauter ZF-Filter auf 77,5 kHz eingestellt wird. Die verwendeten Bandfilter (siehe Bild) sind alte AM-Filter für ehemals 455kHz mit ca. 120 µH Induktivität (abgleichbar von ca 50 -150 µH), diese wurden durch Tausch der vorhandenen Parallel-C´s gegen 39nF zur Resonanz auf 77,5 kHz gebracht. Die Filter sind durch den internen Aufbau mittels schalenkern-ähnlichen Ferriten ziemlich resonanzscharf abgleichbar, auch im nunmehr neu zugewiesenen Frequenzbereich. Durch Einspeisen von 77,5 kHz aus einem Generator in den Eingang der Schaltung (ohne angeschlossenen Eingangskreis) konnte ein Vorabgleich durchgeführt werden.



Am Ausgang des Selektivverstärkers schließt sich noch eine Verstärkerstufe an, die den Zweiweg-Gleichrichter bedient. Um die Verstärkung des ganzen Traktes zu regeln, wurde noch eine relativ langsame AGC-Schaltung eingesetzt (man hat es ja hier mit einem Nutzsignal im Sekundenbereich zu tun !), die das ganze bei normalem Empfang auf ca. 600mV Richtspannung an Messpunkt 2 einregelt. Der gesamte HF-Verstärker  wurde durch Emitterwiderstände und die auf Kollektor gelegten Basiswiderstände strom- und spannungsgegengekoppelt, so dass er stabil ohne Schwingneigung arbeitet. Nach dem Gleichrichter schließt sich ein Komparator an, der den neu eintreffenden Sekundenimpuls mit einem aus der Richtspannung gewonnenen Pegel vergleicht, welcher an C12 gepuffert wurde. Am Ausgang erhält man daher die 100 bzw. 200 ms breiten Taktimpulse, die zur Auswertung bereitstünden (Messpunkt 3). Der Arbeitspunkt des Komparators kann durch den Trimmer P1 auf beste Impulsform eingestellt und nach Abgleich durch Festwiderstände ersetzt werden. Es zeigte sich aber, dass diese Impulse (siehe Oszillogramm Messpunkt 3) je nach HF-Störnebel in der Umgebung relativ unsauber waren – daher habe ich noch einen Tiefpass mit einer 3dB-Grenzfrequenz von ca. 10 Hz nachgeschaltet, ebenfalls diskret mit T6 aufgebaut, der fast alle Störungen unterdrückt, welche aus der hochfrequent verseuchten Umgebung einstreuen. Natürlich verschleift ein solch schmaler Tiefpass auch das Nutzsignal etwas (siehe Oszillogramm Messpunkt 4), aber das wurde mit einem weiteren mittels P2 abgleichbaren Komparator beseitigt, der wieder exakte Rechteckimpulse herstellt, welche dann mittels LED angezeigt werden und relativ belastungsresistent am Ausgang für die Übernahme durch den Decodiermechanismus der angeschlossenen Uhr im TTL-gerechten Pegel zur Verfügung stehen.



Fazit 

Mittels geringem Aufwand wurde aus vorhandenen kostenlosen Altbauteilen ein Empfänger geschaffen, der auch unter widrigen Empfangsbedingungen ein brauchbares Zeittelegramm abliefert. Es ist geplant, noch ein ansprechendes Gehäuse dafür herzustellen und ihn an einer zentralen Stelle am Arbeitsplatz zu installieren, um alle Geräte damit zu bedienen, die einer genauen Zeitinformation bedürfen. Eventuell sind dafür noch weitere Pufferverstärker (einer je Ausgang) einzubauen. Auch die Trägerfrequenz von 77,5 kHz ließe sich so (z.B. am Messpunkt 1) auskoppeln, um als Referenz für ein Frequenznormal zu dienen, da sie ja sehr konstant anliegt.

Taufe 

Wie alle meine Projekte bekommt auch dieser Empfänger einen eindeutigen Namen, und so verleihe ich ihm feierlich den schönen Namen „Rhinozerus“  ( Relativ HIstorisch-NOstalgischer Zeitzeichen-Empfänger Resonanzscharf Und Störsicher). Möge sein elektronisches Leben in der Welt der konkurrierenden Mikromodule von Erfolg und Durchsetzungsfähigkeit gekrönt sein.

Pockau, im September 2015
Günther Zöppel

Literatur und Quellen :
(kein Anspruch auf Vollständigkeit)
http://www.elektronik-labor.de/Lernpakete/Kalender12/DCF4007.html
http://home.arcor.de/df6vb/dcf77rx2.htm
http://www.brennecke.org/?page_id=1732
https://www.meinbergglobal.com/english/archive/emp226.htm
http://www.mikrocontroller.net/topic/354508
http://www.mikrocontroller.net/attachment/7395/DCF_77_EMPF_02.jpg


Messpunkt 1 -  HF mit Sollfrequenz, etwas verrauscht und gestört durch PC-Einfluss

Messpunkt 2 -  gleichgerichtete Impulse

Messpunkt 3 -  Impulse nach Komparator, man sieht Fehlimpulse (Störungen)

Messpunkt 4 -  ausgefilterte Störungen nach Tiefpass

Messpunkt 5 – Ausgang nach Komparator, Impulse sauber ohne Störungen

Messung 100 ms -  Nachweis der exakten Einhaltung der Impulsbreite (siehe rechts unten 
                               Anzeige der Breite)

Messung 200 ms – ebensolcher Nachweis für den breiteren Impuls



„Rhinozerus“ im selbstgebauten Gehäuse. Eine Abschirmplatte zwischen Antenne
 und Empfängerplatine wurde zusätzlich eingebaut und verhindert Rückwirkungen
 vom Empfänger auf die Antenne.


Seitenansicht, Buchse für Stromzufuhr. 6V wurden gewählt, weil eine zusätzlich
eingebaute Si-Diode zwecks Verpolschutz die Betriebsspannung  um 0,7 Volt
verringerte. So bleibt der TTL-Pegel im Rahmen, obwohl der Empfänger auch mit
4,3 V arbeitet.


 Zusammengebaut . hier habe ich gerade mal ein High beim Impuls im Foto
 erwischt, die blaue LED ist an


 Diese Nixie-Uhr lässt sich ganz hervorragend mit meinem Eigenbau
 synchronisieren.



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