DSP-Radio-Modul für FM/MW/SW
von Klaus Leder
Seit
einigen Jahren sind in China sehr preisgünstige Chips erhältlich, die
bei geringem Aufwand den Bau von leistungsfähigen UKW-Empfängern
ermöglichen. Mit Hilfe digitaler Signal-Prozessoren (DSP) können
Hochfrequenzsignale verarbeitet und die aufgeprägten niederfrequenten
Informationen verstärkt werden – ohne Schwingkreise und konventionelle
Bauelemente. Aufgrund der Massenproduktion und der geringen
Herstellungskosten werden DSP-Radios für UKW häufig als Werbegeschenke
oder als Beilage in Kinderzeitschriften angeboten. Die
Anschlussleitungen der beigelegten Ohrhörer dienen gleichzeitig als
Antenne.
Im Internet wird zur Zeit ein DSP-Radio-Modul für FM
und AM aus China beworben, das eine Weiterentwicklung des ursprünglich
in den USA von Silicon Labs geschaffenen Einchip-HF-Empfängers SI4844
ist.
Die Platine mit dem Chip ist auf einem kleinen
Drehkondensator befestigt. Mit einem Batteriehalter für zwei AA-Zellen,
einer MW-Ferritantenne, einem 50 K-Potenziometer, einem 8
Ohm-Lautsprecher und etwas Schaltdraht lässt sich mit einigen
Lötverbindungen ein Empfänger für MW, KW und UKW aufbauen. Die
Peripherie des digitalen Moduls ist wie bei analogen Radios
organisiert. Man braucht einen Antennenanschluss, sucht die Sender mit
dem Miniaturdrehkondensator und stellt die Lautstärke analog mit dem
Drehpotenziometer ein (Wheel-Tuning). Für UKW- und KW-Empfang genügt
ein kurzes Drahtstück, für die MW-Sendersuche müssen eine Ferrit- oder
eine Langdrahtantenne angeschlossen werden. Unter der schwarzen
Vergussmasse befindet sich nicht nur der HF-Empfänger sondern auch ein
integrierter Audio-Verstärker, an den ein 8 Ohm-Lautsprecher
angeschlossen werden kann. Mit einem Wechselschalter kann zwischen FM-
und AM-Betrieb umgeschaltet werden, was durch zwei Leuchtdioden
mit 100 Ohm-Vorwiderständen angezeigt wird. Die dritte LED zeigt das
Einrasten eines Senders an.
Auf Anfrage wird eine 17seitige englischsprachige Beschreibung des Moduls per Email zugesandt.
Darin
werden u. a. folgende Leistungsangaben gemacht: Weltweiter
FM-Band-Empfang (56-108 MHz) und TV-Audio-Band (174-223 MHz),
Mittelwellenband (520-1710 KHz), Kurzwellenband (4,75-21,85 MHz). Die
Spannungsversorgung reicht von 2,0 VDC bis 4,5 VDC.
Der Chip mit
der Bezeichnung DSP6919ZZ hat FM-Stereo-Output und verfügt über
PLL-Frequenzkontrolle, AGC, adaptive Geräuschunterdrückungs-Funktion
und integrierte LDO. Der RF CMOS-Prozessor hat 28 Anschlussbeine. Er
wird als DSPM1-Modul, kompatibel zur PVC444-Größe (kleinere Ausführung)
oder als DSPM2-Modul, kompatibel zur PVC443-Größe (größere Ausführung),
auf dem Minidrehko montiert geliefert. Die guten Empfangseigenschaften
werden in ausführlichen Tabellen dokumentiert.
Die
Wahl der Empfangsbereiche im FM- und AM-Band kann mit Jumpern erfolgen,
wurde hier aber mit einem DIP-Schalter realisiert. Im Kurzwellenband
fällt auf, dass zwischen den einzustellenden Frequenzbereichen jeweils
Lücken bestehen, sodass hier liegende Sender nicht empfangen werden
können.
Das
Radiomodul wird momentan für einen Preis von ca. 8 Euro inklusive
Versandkosten aus China angeboten. Der Radiobaustein motiviert zum
Einbau in eine Holz- oder Plexiglasbox und lässt sich auch gut in
ein Retroradio-Gehäuse von Conrad (Franzis) einbauen.
Ein
selbstgebauter, leistungsfähiger Weltempfänger mit UKW-, Mittelwellen-
und Kurzwellenempfang könnte im Bildungsbereich Interesse
hervorrufen, da mit diesem Modul eine Brücke zwischen der analogen und
der digitalen Technik geschlagen wird. Eine didaktisch angelegte
Anleitung zu einem solchen Projekt sollte nicht nur den Zusammenbau des
Radios beschreiben, sondern auch Einblicke in die Grundlagen des
analogen Rundfunkempfangs und in die neue digitale
Radiotechnik geben. In der Broschüre könnte die fast hundertjährige
Geschichte des Radios, angefangen beim Detektorempfänger über
Röhrenaudion, Transistor, Integrierten Schaltkreis bis zum DSP-Radio
kurz angerissen werden. Da die Herstellung der Lötverbindungen einem
Anfänger nicht leicht fällt, wären bei einem Schülerbausatz ein
Radio-Modul mit angelöteten Drähten, ein Steckbrett und Drucktaster für
den Bandwechsel empfehlendswert.
Mit
einem solchen Projekt könnte auch die von den Bildungspolitikern
geforderte Stärkung der sog. MINT-Fächer durch praktische Tätigkeit der
Schülerinnen und Schüler gefördert werden.
Vielleicht wird
mit diesem Beitrag ein Anstoß dazu gegeben, dass Firmen wie z. B. der
Franzis Verlag demnächst einen Bausatz für einen digitalen
Weltempfänger mit UKW, Mittelwelle und Kurzwelle herausgeben.
Nachtrag: Drehkoabstimmung
Wie
funktioniert eigentlich die Abstimmung? Die Hülle des Moduls lässt sich
leicht abziehen. Darunter verbirgt sich ein Dreko mit wenigen Platten.
Ob es da vielleicht eine Art Master-VFO gibt?
Messungen am DSPM2 von B. Kainka
Es hat
mich sehr interessiert, wie die Abstimmung mit einem kleinen Drehko
funktioniert. Dazu habe ich ein möglichst einfaches Radio aufgebaut. Ganz ohne
eine Beschaltung der Bereichseingänge startet der Empfänger auf UKW. Eine Diode
dient nur als Verpolungsschutz. Zum Lautstärkepoti wird ein zusätzlicher
Widerstand benötigt.
Die AM- und FM-Umschaltung braucht nur eine kurze Berührung mit GND und bleibt
dann bis zu nächsten Einschalten stabil. Für die AM-Bereiche habe den breiten
unteren Kurzwellenbereich gewählt. Am Antenneneingang liegt eine HF-Drossel,
deren Drähte zugleich als Antennenstecker deinen können, damit ich meinen
Kurzwellendipol anschließen kann.
Die Messung am Drehko zeigt ein Rechtecksignal mit etwa 300 kHz, das sich über
den Abstimmbereich um weniger als 20 kHz ändert. Man erkennt deutlich die
Wirkung einer PLL. Wenn ein Sender einrastet, springt die Drehkofrequenz
deutlich vor oder zurück. Die PLL-Frequenz steht in keinem direkten Verhältnis
zur Empfangsfrequenz, sondern verhält sich eher wie eine Zwischenfrequenz.
Auf dem Signal liegt für den UKW-Bereich deutlich erkennbar die demodulierte
NF. Wenn ich den Drehko mit der 1:10 Messspitze des Oszis berühre, ist die
Verstimmung groß genug um die Synchronisierung zu verlieren. Auch eine Annäherung
mit dem Finger bis auf wenige Millimeter führt zu einer merklichen Verstimmung.
Mit dem Einbau ins Gehäuse und dem aufgesetzten Drehknopf ist die
Handempfindlichkeit nicht mehr feststellbar.
Das
Radio wird nun mit einem Li-Akku betrieben. Der Strombedarf liegt bei etwa 50
mA. Das Lautstärkepoti hat 22 k, der Serienwiderstand insgesamt 11 k. Damit
wird noch nicht die maximale Lautstärke erreicht, aber für die praktische Anwendung
ist es ideal.
Die AM-Bereiche sind tagsüber weitgehend still. Aber am Abend findet man noch
viele starke Stationen zwischen 6 MHz und 10 MHz. Die Empfangsleistung ist auch
mit einem kurzen Draht schon recht gut. Mit einer großen Außenantenne wird der
Störabstand noch besser. Eine Übersteuerung konnte nicht festgestellt
werden.