RLC-Brückenschaltungen             

auch etwas historisch gesehen                       
             
von Rudolf Drabek , aeerde.wordpress.com     
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Für RLC-Brücken ist die Zeit ihrer Anwendung, denke ich, vorbei. Es werden heutzutage direkte Messungen und keine Vergleiche vorgenommen. Der Produktzyklus der el. Messbrücken begann mit Samuel Hunter Christie 1833 und endete so in etwa um 1980. Immerhin fast 150 Jahre.

Messbrücken für el. Bauteile setzen el. Energie voraus. Wie begann eigentlich die Elektrotechnik?
Sehr subjektiv aus meiner Sicht, wenn Sie gestatten. Siehe aber auch
http://www.roro-seiten.de/physik/lk12/efeld/geschichte_der_elektrostatik.html

Otto von Guericke ist Ihnen sicher bekannt als Jener mit den Magdeburger Halbkugeln, die leergepumpt von Pferden nicht getrennt werden konnten. Er hat aber auch1663 eine erste Elektrisiermaschine aus einer Schwefelkugel vorgestellt. Er wusste aber nicht was er da vor sich hatte. Aber für mich ist es der Beginn der Elektrotechnik.
 
Galvani, der mit den Froschschenkeln

Franklin
Volta mit seiner Volta’schen Säule
Faraday
Oersted
Ampere
Ohm
Watt nur nebenbei, hatte ja nur mit Dampf zu tun
Christie s.o.
Wheatstone
 
Alle diese Herren, mit ihren Entdeckungen / Forschungen, haben die Voraussetzungen für die Brückenschaltungen bereitgestellt. http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Wheatstone
 
Letztlich hat Herr Christie 1833 die Brückenschaltung erfunden. Erst später erkannte Herr Wheatstone die Bedeutung, nannte auch Christie als Erfinder, der sie selbst als „Diamond Methode“ bezeichnete.  http://en.wikipedia.org/wiki/Samuel_Hunter_Christie
 
Aber warum brachte Herr Christie seine Erfindung mit „Diamond“ in Verbindung?
Nun, Historiker bin ich nicht, daher nur meine Vermutung:

 
 
Der Diamant kristallisiert kubisch. Sieht fast so aus wie die Brücke s.o. Könnte nicht unmöglich sein.  Wer es weiss, bitte um Rückmeldung. Die Brücke wurde 1843 als Wheatstone-Brücke bezeichnet, weil Wheatstone die Bedeutung erkannte und verbreitete.
 
Aber warum erfand man Brückenschaltungen und nicht direkte Messungen? Die Genauigkeit der Messinstrumente damals war dafür nicht geeignet. Man führte  vergleichende Messungen aus. Bei einer  abgeglichenen  Brücke  wurde  das Instrument auf 0-Ausschlag gebracht, was natürlich ein sehr genaues Abgleichergebnis ergibt. Ich denke, dass überhaupt eine Brücke angewendet wurde hat vielleicht damit zu tun, was es damals an genauen Instrumenten überhaupt gab, wie z.B. die Balkenwaage. Bei dieser führt ein  Massenvergleich zum 0-Ausschlag der Waage im Gleichgewicht. Die Analogie ist für mich deutlich. Da gibt es auch einen linken- bzw. rechten Zweig / Arm. Bei Spannungsmessungen ging man ja ähnlich vor. Man verwendete ein z.B. Weston Normalelement, das aber keinen nennenswerten Strom liefern darf, aber sonst sehr stabil war. Die Spannung war genau definiert. Der deutsche Chemiker Nernst hat da viel geleistet. Weiters einen „Rheostat“, heute z.B. Potentiometer, der übrigens von Wheatstone erfunden wurde und ein Instrument, wie bei der Brücke, das ebenfalls auf 0-Auschlag abgeglichen wurde. So konnte man genau Spannungen messen, da der Drehwinkel ein Maß für den Spannungsteiler war. Der Winkel konnte wiederum genau gemessen werden.



 
Die Skala des Rheostaten war als Verhältnis der Widerstände gezeichnet. So wurde damals sehr genau eine unbekannte Spannung ermittelt. Dieses Verfahren wird auch als Kompensationsmessverfahren bezeichnet, da das Referenzelement nicht belastet wurde. Ersetzt man das Normalelement durch einen genau bekannten und den zu messenden unbekannten Widerstand, so entsteht die eigentlich Christie-, als Wheatstonebrücke bekannte Anordnung.




Das Ergebnis ist also Referenzwiderstand R2 * Skalenwert des Rheostaten.So, die historischen prinzipiellen Betrachtungen sind damit zu Ende.
 
 
        
 
 
In einem Schrank im Hornyphon Radiolabor hatten wir dieses Philoskop GM 4144. Daneben stand noch eine 4-Kondensatorbrücke, die ich immer brauchte, wenn während der Entwicklung ein, durch Versuch ermittelter, Paddingkondensator ausgemessen wurde. Einen 2-Punkt Gleichlauf bringt man leicht zustande. Das Entwicklungsziel war aber immer ein 3-Punkt Gleichlauf um unnötige Empfindlichkeitsverluste im MW-Bereich zu vermeiden, aber zurück zu den Brücken.
 
Dem Philoskop schenkte ich wenig Aufmerksamkeit. Erst jetzt, interessieren mich RCL-Messbrücken aus, wie gesagt, historischen Gründen.
 
 
Ein kleiner Rückblick:  Am Anfang stand die Wheatstonebrücke. Siehe oben.
 
Üblicherweise wird R3-R4 als Potentiometer ausgeführt und die dazugehörige Skala gleich mit R3/R4 gezeichnet. R2 ist mit einem Bereichsschalter gekoppelt. So kann man schnell den Messwert im Kopf ausrechnen. R3-R4 kann auch als Schleifdraht ausgeführt sein. Meist sind noch Spreizwiderstände von etwa 9% des Potentiometerwertes vorgesehen. Dies ergibt ein Verhälnis vonR3/R4 von 0,1___10. Man überstreicht damit einen Bereich von 1/100. Im allgemeinen reichten dann 4 Widerstande von R2 um RX in einem Bereich von 1 Ohm bis 10 MOhm messen zu können.
 
Wird die Brücke mit Wechselspannung gespeist, so kann man natürlich auch Kondensatoren und Induktivitäten damit messen.
 
          
 
 
Im Bild  oberhalb ist das RC-Brückenprinzip dargestellt, wobei ich Rx bzw. Cx im Bild "oben" gezeichnet hatte. Rechnet man dann die Formel für den abgeglichenen Fall aus, siehe Bild, so erkennt man, dass man Cx mit Cv vertauschen muss um wieder die gleiche Skala, die ja in R3/R4 gezeichnet ist, verwenden zu können.
 
Rx ist ja 1/jwCx und R2 = 1/jwC2. Das ist der Grund dafür. Rechnen sie selbst nach!
 
Es stecken doch einige Spezialitäten in der Schaltung drin, die man im ersten Augenblick gar nicht erwarten würde. Ich bin selbst erst während der "Nachentwicklung" darauf gestoßen.
 
Darum hat das GM 4144 auch 3 Buchsen für Cx und Rx. Das Originalschaltbild ist nicht mehr aufzutreiben. Aber im Schaltbild eines gleichwertigen Gerätes ist auch gut zu sehen, dass die Bereichswiderstände "unten" und Bereichskondensatoren "oben" im Schaltbild angeordnet sind. Grund siehe einige Zeilen oberhalb.
 

Bild zitiert aus der Wochenzeitschrift  FUNK_FILM_Der-Radiopraktiker_16-2-1951.png
Auf www.praktiker.at können sie übrigens Beiträge, auch diesen, nachbestellen. Diese Seite ist sehr zu empfehlen.
 
 
Bei C-Messungen sind die Phasen in beiden Brückenzweigen ident, so ergeben sich scharfe Abgleichminima, falls die Dämpfung der Bauteile gering ist.
 
Das war in Kürze die Beschreibung für das Philoskop GM 4144.
 
Brückenschaltungen die auch Induktivitäten und Kondensatoren messen können heissen natürlich nicht mehr Wheatstone- sondern z.B. Wien-Maxwellbrücke.
 
Es folgt eine Beschreibung für das PM 6302, wo es noch mehr Feinheiten gibt. Das PM 6302 war das letzte Gerät vpn Philips (Fluke) mit Brückenprinzip.
Im Gegensatz zur GM 4144 Brücke sind die beiden Brückenzweige beim PM 6302 komplex, d.h. mit Wirk- und Blindwiderständen aufgebaut. Das hat sofort 3 große Unterschiede zur Folge.
 
1. Der Messbereich von 1:100 wird auf etwa 1:10 eingeengt, sodass man 8 Bereiche braucht im Gegensatz zu nur 4 Bereichen beim GM 4144. Dies könnte als Nachteil aufgefasst werden. Der Referenzzweig der Brücke besteht ja nicht mehr nur aus einem Potentiometer, sondern aus Potentiometer und Kondensator.
2. Die Skala hat eine lineare Teilung, ein Vorteil denke ich.
3. Der Brückenabgleich findet damit in der komplexen Ebene statt
 
Nebenbei gibt er nur noch 2 Buchsen für den Bauteil, egal welcher Natur und nicht 3 wie beim GM 4144 für R's und C's getrennt. Beim GM 4144 konnten Induktivitäten nur verglichen werden, was nun beim PM 6302 Bestandteil der Spezifikation ist. In weiterer Folge gehe ich nicht auf die Messung von Wirkwiderständen ein, was ident mit  einer Wheatstonebrücke ist.
 
Die Prinzipschaltbilder:
 
              
 
               C-Messung                                                                          L-Messung
 
 
     
       C-Messung verlustbehafteter Kondensator       PM 6302 vereinfacht dargestellt
 
Ehe ich nun das Vektordiagramm für die abgeglichene Wechselstrombrücke mit komplexen Zweigen, d.h. Real- und Blindwiderstände, zeichne und erkläre, ein kurzer Ausflug in die Wechselstromgrundlagen:
  1. Man setzt zeitlich gleichbleibende Spannungen und Ströme voraus. Man sagt auch eingeschwungener Zustand dazu. Einschaltzustände sind was anderes!
  2. Ein Vektor ist eine Größe, die sowohl einen Betrag und eine Richtung hat.
Man stellt Spannungen, Ströme und Widerstände auf diese Weise als Pfeil dar.
  1. Bei z.B. 50 Hz dreht sich der Vektor 50x in der Sekunde. Man stellt aber, anders geht es ja nicht, einen stillstehenden Vektor dar, zu dem andere Vektoren einen anderen Betrag als auch Winkel einschließen. Im Kopf dreht sich sozusagen alles. Hoffentlich nicht bei Ihnen.
  2. Ohm’sche Widerstände sind Real- oder Wirkwiderstände. Spulen und Kondensatoren sind Blindwiderstände.
 
Warum eilt der Strom der Spannung vor / nach bei Kapazitäten / Induktivitäten?
Es hat mit Ursache und nachfolgender Wirkung zu tun. Sie kennen diese Gleichungen:
 
    C  * U = I * t         und       L * I =  U * t
 
Einen Kondensator kann man mit Strom aufladen. Die Wirkung ist dann eine bestimmte Spannung am Kondensator je nach Ladedauer. Bei 50 Hz Wechselstrom geschieht das 50x in der Sekunde. Die jeweilige Spannung ist aber immer die Folge der Ursache, des Stromes nämlich.
Also eilt die Spannung dem Strom nach, oder da sich ja alles dauernd wiederholt, siehe 1., kann man auch sagen: Der Strom eilt der Spannung vor.
 
Bei der Induktivität ist die Spannung die Ursache, die zu einem Stromanstieg in der Spule führt. Ein Beispiel kennen sie alle, nämlich die Zündspule im Auto. Also analog zum Kondensator: Der Strom eilt der Spannung nach.
 
Bei Blindwiderständen, die keine Wirkleistung = Wärme produzieren ist der Strom der Spannung 90° voreilend oder 90° nacheilend. Bei Wirkwiderständen ist Strom und Spannung in Phase, d.h. gleiche Richtung der Strom und Spannungsvektoren. Nach dieser theor. Einführung ein Blick auf das Prinzipschaltbild der Brücke des PM 6302 RLC-Messgerätes:
 
 
gewähltes Beispiel für ein mögliches Vektordiagramm, Werte für Bauteile siehe Bild.
Für besseres Verständnis ist R2 = R4 gewählt (es ist dann kein Faktor k im Bild nötig)
 
                    
 
Im linken Brückenzweig ist der Strom i für alle Bauteile, incl. dem Verlustwiderstand des Kondensators, gleich. Wie einfach zu erkennen ist kann man den Punkt A', weil intern im Kondensator nicht erreichen, sondern nur die vektorielle Summe aus Cx und Verlustwiderstand Rvx. Deshalb liegt, wie im Bild oberhalb zu sehen, der erreichbare Punkt A nicht mehr am Thaleskreis1. Schon Thales von Milet hat ja ca. 600 BC erkannt, dass alle Dreiecke im Halbkreis rechtwinkelig sind. Der Beweis ist übrigens höchst einfach.
 
Für Brückenabgleich muss also der Punkt B im rechten Brückenzweig im Vektordiagramm ident mit Punkt A werden. Das wird mittels des abstimmbaren Widerstandes Rd bewerkstelligt und ergibt die Güte, bzw. Dämpfung des Bauteiles Cx.
 
Ein sehr interessantes Detail: Den rechten Brückenzweig kann man umzeichnen wie im Bild oberhalb gezeigt und man erhält dann den Thaleskreis2, wo der Parallelwiderstand aus Rd und R2 wieder am Thaleskreis2 liegt. Die Brückenspeisung hat dann einen anderen Wert. Dies kann, wie im Bild zu sehen, durch Konstruktion ermittelt werden, was das bemerkenswerte daran ist.
 
Wählte man im rechten Brückenzweig auch einen Serienverlustwiderstand Rd, dann ist für den gezeichneten Fall Cx = C3. Dies ist im PM 6302 übrigens aus diesem Grund wählbar!
 
Konklusion: Selbst bei einer Brücke muss man darauf sorgfältig achten inwieweit die Ergebnisse bei hohen Dämpfungen der Bauteile noch richtig sind.  Ab einer  Dämpfung  von  < 0,1... 0,05, was meist der Fall ist, darf man das vernachlässigen. Dies ist übrigens leicht verständlich auch dem Vektordiagramm zu entnehmen:
 
Der Winkel zwischen 1/wCx und Zx wird dann ja sehr klein und hat gleiche fast Länge der Vektoren zur Folge.
 
Ich habe immer die Zusammenhänge zeigende Bilder lieber als Formeln. Ableiten kann man alles, aber das Verständnis wird, so glaube ich, einfacher, da übersichtlicher.
 
Dieser Artikel ist ein Ausflug in die Frühzeit der Messtechnik und also historisch zu sehen.
Aber ohne die Grundlagen zu kennen, ist man fehleranfällig. Das ist, modern ausgedrückt, die Message dieses Beitrages.
Die Schaltung des PM 6302 können sie z.B: im Internet hier herunterladen.
 
http://bama.edebris.com/manuals/philips/pm6302/
Auf Seite 58 finden Sie das Schaltbild.
 
Na ja. Brücken sind, für el. Bauteile,  nicht mehr "state of the art". Sie sind, die Grundlagen beachtend, höchst genau. Das Messprinzip von PM 6304 und folgend, ist die direkte Messung des Real- und Imaginärteils des Bauteiles mit einem Synchrondemodulator für die = 0°und 90° Phasenlage.  Ein 0-Ableich ist nicht mehr nötig. Natürlich übernimmt ein Mikrocontroller die automatisierte Messung.  
 


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