Tieftöner und Boxen-Simulations-Programme
Im vorigen Kapitel haben Sie die TSP von Ihren Chassis ermittelt. Falls
Sie nur die TSP aus Datenblättern haben, können Sie trotzdem weiter
lesen.
Ein Wort zu den Qualitätsfaktoren Qes, Qms, Qts:
Elektroniker
kennen Q im Zusammenhang mit schwingfähigen Systemen wie z.B.
Quarzen. Diese sind oft klein und haben geringe
(mechanische/elektrische) Verluste. Der Q-Faktor errechnet sich aus
X/R. X ist der Teil, der die Energie des Kreises enthält. R ist
der Teil, der die Energie in Wärme umwandelt und damit dem Kreis
entzieht. Ein hohes Q = hohe Güte. Bei LIMP sehen Sie die
Resonanzkurven der Chassis, hoch und spitz = hohe Güte. Die Herren
Thiele und Small haben den Q-Faktor genau umgekehrt definiert! Ein
niedrige Zahl = hohe Güte!
In diesem Kapitel geht es um
geschlossene und Bassreflex-Boxen, das heißt, die
Luftdruckänderungen von der Membranrückseite werden nicht an
den Raum abgegeben um Auslöschung zu vermeiden (Monopol genannt).
Das eingesperrte Luftvolumen wird so berechnet, das das Qtc sich auf
etwa 0,5-0,7 verschlechtert. Dadurch steigt auch die fs der Box, fc
genannt. Ein Trick um trotzdem noch tiefere Frequenzen wiederzugeben
ist die Bassreflex-Box.
Das BR-Rohr enthält einen
Luftpfropfen, der durch seine Trägheit bei einer Frequenz (fr)
unterhalb fc eine Phasenverschiebung von 180° erzeugt. Mit der
Phasendrehung von der Membranrückseite (=180°) addiert sich
dann der Luftschall phasengleich (0°). Ein BR-Rohr kann
Geräusche erzeugen, wenn es zu dünn gewählt wird,
weil dann die Geschwindigkeit des Pfropfens Schallgeschwindigkeit
(333 m/s) erreichen kann. Der BR-Rohrdurchmesser soll etwa dr~D/pi
betragen. Konische oder schräg abgeschnittene Rohre verringern die
Gefahr ein wenig. Das BR-Rohr soll in der Nähe der Membran
herauskommen, sodass sich die Schalldrücke addieren
können.
In einer BR-Box (in Relation zur
geschlossen Box) verringert sich die Belastbarkeit auf etwa die
Hälfte, weil es (durch das Loch) keine Rückstellkräfte
mehr gibt. Da sich die Lautstärke etwa verdoppelt, ist das nicht
so schlimm. Nur Bass-Boost ist fatal, weil unterhalb fr der Membranhub
immer mehr zunimmt, sich mit dem Schall aus dem BR-Rohr jedoch
auslöscht (Phasenverschiebung <180° -> 0° +
180°).
BassCAD (Freeware) (www.selfmadehifi.de)
Mit
dem Programm BassCAD können Sie schnell eine optimale Box für
gegebene TSP berechnen (lassen). Programm laden, installieren und
starten. Menü: Eingabe TSP:
BR-Box Mivoc SW1100A-II mit 25cm SWW11 incl. Rückwandverstärker, (Foto oben, ~150€),
TSP gemessen: fs=26Hz; Qes=0,35; Qms=8,7; (Qts wird berechnet bei klick auf das '?');
VAS=53L; Re=3,8Ohm; D=21cm; Le=850uH;
BR-Box berechnen-> Rohr=dr=4cm;
Abstimmung Tip-> lr=9,4cm; Vc=35l; sehr guter Frequenzgang ab f3=30Hz,
Die Mivoc-Box auf dem Foto hat Vc=35l, jedoch ein dr=7cm; lr=15cm; simulieren Sie!
Für
einen Kauf spricht der sehr günstige Preis und der sehr gute
Frequenzgang. Dagegen spricht, dass heute ggf. kein SWW11 verbaut wird
und dass das BR-Rohr manipuliert werden muss!
BR-Box mit 30cm Raveland (rechts, gleiche TSP wie Mivoc AWM124 ~75€):
fs=32Hz; Qes=0,27; Qms=7; Vas=58; Re=3,5; D=24cm; Le=999uH;
Der große ist mehr als doppelt so laut, auch wenn er nicht so weit herunter reicht.
BR-Box mit 25cm Mivoc AWM104 (kleiner Bruder vom AWM124, ~55€, kein Foto)
TSP gemessen: fs=31Hz; Qes=0,27; Qms=7; VAS=37L; Re=3Ohm; Membran=22cm; Le=2000uH
Bassreflexbutton-> Rohrdurchmesser=dr=4cm,
Abstimmung-Rollo
Tip-> Rohrlänge=lr=13,7cm; Netto-Volumen=Vc=11,6L bei nur 12l
sieht der Frequenzgang ab 49Hz sehr gut aus.
Simulation der BR-Boxen, tiefer bedeutet auch leiser!
BR-Boxen
werden nicht mit Dämmung gestopft, ggf. die Wände mit
Dachlatten versteifen. Eine Küchenpapier-Rolle hat ca. 4cm und
eignet sich häufig als BR-Rohr. Das BR-Rohr bildet zusammen mit
dem Boxvolumen die Resonanzfrequenz fb, deshalb sollten Sie bei der
Länge nicht pfuschen.
TSPcheck.exe (www.picosound.de, www.picosound.de/D_SOFT.HTM)
Die
TSP sind gegenseitig abhängig (manche sind redundant). Mit dem
Hilfsprogramm TSPcheck.exe kann die Plausibilität geprüft
oder manche fehlenden TSP errechnet werden (grau unterlegt).
Probieren
Sie den Mivoc SWW11, spielen mit den Parametern und sehen die
Abhängigkeiten. Erst wenn Sie bei Mms 120 eingeben kommen Sie auch
mit den anderen (grauen) Werten zurecht.
fs= 26; Mms= 120; Cms= 0.31; Sd= 346; Dd= 21; Vas= 53;
Re=Rdc= 3.8; BL= 14.6; Qms= 8.7; Qes= 0.35; Rms= 2.25.
Obwohl
Sie sich um Genauigkeit bemühen sollen, werden Sie schnell merken,
dass Abweichungen im einstelligen Prozentbereich vorkommen und nicht so
schlimm sind.
Sie haben zufällig ein gutes 15"-Chassis gefunden und wollen eine BR-Box bauen.
TSP: Re=6,5Ohm; fs=34Hz; Qes=0,19; Qms=7,5; Vas=223l; dr=10cm; Tip
Simulation 15"(schwarz) gegen den Sww11 (blau)
Obwohl
hier Äpfel 10" mit Melonen 15" verglichen werden, wird Sie dieses
Chassis als BR enttäuschen, als Treiber für ein Horn/Dipol
ist es jedoch eine gute Wahl.
Im Netz gibt es geniale(?)
Vorschläge, dem 15" Tiefbass beizubringen. Simulieren Sie ihn noch
einmal mit Vorwiderstand 6Ohm (oben im Fenster eintragen). Mit
Tip-Abstimmung ergibt sich nun ein brauchbarer Frequenzgang (weil Qes
damit erheblich verschlechtert wird). Sie verbrennen nun die
Hälfte der Leistung auf dem Vorwiderstand! Die Lautstärke
sinkt auf 1/4! Und haben Sie auch Vc=230l herausbekommen? Das soll
besser sein, als ein geeignetes Chassis zu finden?
Zur
Erklärung betrachten wir nur Qes und die Resonanzkurven: Mit einem
Qes=0,1-0,3 haben Sie ein (meist teures) Chassis mit einem sehr
kräftigen Antrieb, das gegen alle (Luft-) Widerstände auch in
einem kleinen Gehäuse das Signal präzise in Luftschall
verwandelt. Die fs Kurve ist schmal und hoch. Um ein Qtc=0,5-0,7 zu
erreichen steigt fc stark an. Die fb muss knapp unter fc berechnet
werden, damit durch die Addition ein flacher Verlauf erreicht wird. Das
Ergebnis lässt keinen Tiefbass mehr zu.
Bei Chassis mit
einem Qes=0,3-0,7 ist die Resonanzkurve etwas flacher und breiter. Das
Boxenvolumen muss größer sein, weil für ein Qtc=0,5-0,7
nicht so stark gedämpft werden darf. Die fc steigt nur wenig und
fb kann tiefer berechnet werden.
Mit Qes>0,7 muss das
Volumen so groß sein, dass (fast) keine Bedämpfung mehr
eintritt. Der Verlauf der fs (~fc) -Kurve ist ohnehin schon flach und
breit. Die fb lässt sich nicht tief genug berechnen und durch die
Addition ergibt sich ein hässlicher Buckel. Wie ein
ungedämpftes Federpendel schwingt das Chassis auch ohne Signal
munter weiter!
Die folgende Tabelle benötigen Sie
nicht! Sie ist nur für diejenigen, die von Formeln nicht genug
bekommen können. Nur die gelben Felder sind Eingabefelder.
Falls
die 2. LIMP-Messung nicht durchgeführt werden kann, muss Mms mit
dem Membranvolumen bei einem Fehler 2* <-> /2 geschätzt
werden (grau). Anhand des EBP (~100) kann die Eignung für eine
BR-Box abgeschätzt werden. Ahmin braucht man für Dipole oder
Hörner. Für jede BR-Box wird zunächst immer eine
optimale geschlossene Box berechnet. Mit dem Volumen Vc kann das
erforderliche Rohr (Helmholz-Resonator) berechnet werden. Falls Sie die
Ziffern richtig, aber die Kommastelle verkehrt haben, liegt das an dem
Durcheinander mit den SI-Einheiten (g<>kg; m<>mm<>cm;
l<>m^3..). Die Formeln in Klammern sind ohne Bedeutung. Die
Thiele-Box-Berechnung wurde nur hinzugefügt, um Ihnen ein
Gefühl für eine im Frequenzgang schlechtere aber bei der
Wiedergabe präzisere Box zu geben.
Simulieren Sie alles was Sie an TSP bekommen können! Im nächsten Kapitel: die 1-Weg-Breitband-Box.
Nachtrag
In der Tabelle ganz unten haben sich 2 Ungereimtheiten
eingeschlichen: Die Formel für die Berechnung Rms ist links unten richtig, im
Formelfeld verkehrt. Rms und Ahmin werden später noch für die Hornberechnung
benötigt.
Die Formel Xm darüber berechnet die maximale Impedanz aus
Xl+Xc (wie in LIMP zu sehen). Xmax wird von den Herstellern für den maximalen
Membranhub benutzt. Um Verwechslungen zu vermeiden, benutzen Sie für die max.
Impedanz besser Zmax (nicht so wichtig).
LS2-BR-berechnen2.ods: LS2-BR-berechnen2.zip
In der neuen Tabelle wurde die effektive Lautheit = ETA
hinzugefügt (nicht wichtig).