Tieftöner und Boxen-Simulations-Programme      

von Heinz D.
                
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Im vorigen Kapitel haben Sie die TSP von Ihren Chassis ermittelt. Falls Sie nur die TSP aus Datenblättern haben, können Sie trotzdem weiter lesen.

Ein Wort zu den Qualitätsfaktoren Qes, Qms, Qts:
Elektroniker kennen Q im Zusammenhang mit schwingfähigen Systemen wie z.B. Quarzen. Diese sind oft klein und haben geringe (mechanische/elektrische) Verluste. Der Q-Faktor errechnet sich aus X/R. X ist der Teil, der die Energie des Kreises enthält. R ist der Teil, der die Energie in Wärme umwandelt und damit dem Kreis entzieht. Ein hohes Q = hohe Güte. Bei LIMP sehen Sie die Resonanzkurven der Chassis, hoch und spitz = hohe Güte. Die Herren Thiele und Small haben den Q-Faktor genau umgekehrt definiert! Ein niedrige Zahl = hohe Güte!

In diesem Kapitel geht es um geschlossene und Bassreflex-Boxen, das heißt, die Luftdruckänderungen von der Membranrückseite werden nicht an den Raum abgegeben um Auslöschung zu vermeiden (Monopol genannt). Das eingesperrte Luftvolumen wird so berechnet, das das Qtc sich auf etwa 0,5-0,7 verschlechtert. Dadurch steigt auch die fs der Box, fc genannt. Ein Trick um trotzdem noch tiefere Frequenzen wiederzugeben ist die Bassreflex-Box.

Das BR-Rohr enthält einen Luftpfropfen, der durch seine Trägheit bei einer Frequenz (fr) unterhalb fc eine Phasenverschiebung von 180° erzeugt. Mit der Phasendrehung von der Membranrückseite (=180°) addiert sich dann der Luftschall phasengleich (0°). Ein BR-Rohr kann Geräusche erzeugen, wenn es zu dünn gewählt wird, weil dann die Geschwindigkeit des Pfropfens Schallgeschwindigkeit (333 m/s) erreichen kann. Der BR-Rohrdurchmesser soll etwa dr~D/pi betragen. Konische oder schräg abgeschnittene Rohre verringern die Gefahr ein wenig. Das BR-Rohr soll in der Nähe der Membran herauskommen, sodass sich die Schalldrücke addieren können. 

In einer BR-Box (in Relation zur geschlossen Box) verringert sich die Belastbarkeit auf etwa die Hälfte, weil es (durch das Loch) keine Rückstellkräfte mehr gibt. Da sich die Lautstärke etwa verdoppelt, ist das nicht so schlimm. Nur Bass-Boost ist fatal, weil unterhalb fr der Membranhub immer mehr zunimmt, sich mit dem Schall aus dem BR-Rohr jedoch auslöscht (Phasenverschiebung <180° -> 0° + 180°).

BassCAD (Freeware) (www.selfmadehifi.de)

Mit dem Programm BassCAD können Sie schnell eine optimale Box für gegebene TSP berechnen (lassen). Programm laden, installieren und starten. Menü: Eingabe TSP:

BR-Box Mivoc SW1100A-II mit 25cm SWW11 incl. Rückwandverstärker, (Foto oben, ~150€),
TSP gemessen: fs=26Hz; Qes=0,35; Qms=8,7; (Qts wird berechnet bei klick auf das '?');
VAS=53L; Re=3,8Ohm; D=21cm; Le=850uH;
BR-Box berechnen-> Rohr=dr=4cm;
Abstimmung Tip-> lr=9,4cm; Vc=35l; sehr guter Frequenzgang ab f3=30Hz,
Die Mivoc-Box auf dem Foto hat Vc=35l, jedoch ein dr=7cm; lr=15cm; simulieren Sie!



Für einen Kauf spricht der sehr günstige Preis und der sehr gute Frequenzgang. Dagegen spricht, dass heute ggf. kein SWW11 verbaut wird und dass das BR-Rohr manipuliert werden muss!

BR-Box mit 30cm Raveland (rechts, gleiche TSP wie Mivoc AWM124 ~75€):
fs=32Hz; Qes=0,27; Qms=7; Vas=58; Re=3,5; D=24cm; Le=999uH;
Der große ist mehr als doppelt so laut, auch wenn er nicht so weit herunter reicht.

BR-Box mit 25cm Mivoc AWM104 (kleiner Bruder vom AWM124, ~55€, kein Foto)
TSP gemessen: fs=31Hz; Qes=0,27; Qms=7; VAS=37L; Re=3Ohm; Membran=22cm; Le=2000uH
Bassreflexbutton-> Rohrdurchmesser=dr=4cm,
Abstimmung-Rollo Tip-> Rohrlänge=lr=13,7cm; Netto-Volumen=Vc=11,6L bei nur 12l sieht der Frequenzgang ab 49Hz sehr gut aus.



Simulation der BR-Boxen, tiefer bedeutet auch leiser!

BR-Boxen werden nicht mit Dämmung gestopft, ggf. die Wände mit Dachlatten versteifen. Eine Küchenpapier-Rolle hat ca. 4cm und eignet sich häufig als BR-Rohr. Das BR-Rohr bildet zusammen mit dem Boxvolumen die Resonanzfrequenz fb, deshalb sollten Sie bei der Länge nicht pfuschen.



TSPcheck.exe (www.picosound.dewww.picosound.de/D_SOFT.HTM)
Die TSP sind gegenseitig abhängig (manche sind redundant). Mit dem Hilfsprogramm TSPcheck.exe kann die Plausibilität geprüft oder manche fehlenden TSP errechnet werden (grau unterlegt).

Probieren Sie den Mivoc SWW11, spielen mit den Parametern und sehen die Abhängigkeiten. Erst wenn Sie bei Mms 120 eingeben kommen Sie auch mit den anderen (grauen) Werten zurecht.

fs= 26; Mms= 120; Cms= 0.31; Sd= 346; Dd= 21; Vas= 53;
Re=Rdc= 3.8; BL= 14.6; Qms= 8.7; Qes= 0.35; Rms= 2.25.


 
Obwohl Sie sich um Genauigkeit bemühen sollen, werden Sie schnell merken, dass Abweichungen im einstelligen Prozentbereich vorkommen und nicht so schlimm sind.


Sie haben zufällig ein gutes 15"-Chassis gefunden und wollen eine BR-Box bauen.
TSP: Re=6,5Ohm; fs=34Hz; Qes=0,19; Qms=7,5; Vas=223l; dr=10cm; Tip



Simulation 15"(schwarz) gegen den Sww11 (blau)

Obwohl hier Äpfel 10" mit Melonen 15" verglichen werden, wird Sie dieses Chassis als BR enttäuschen, als Treiber für ein Horn/Dipol ist es jedoch eine gute Wahl.

Im Netz gibt es geniale(?) Vorschläge, dem 15" Tiefbass beizubringen. Simulieren Sie ihn noch einmal mit Vorwiderstand 6Ohm (oben im Fenster eintragen). Mit Tip-Abstimmung ergibt sich nun ein brauchbarer Frequenzgang (weil Qes damit erheblich verschlechtert wird). Sie verbrennen nun die Hälfte der Leistung auf dem Vorwiderstand! Die Lautstärke sinkt auf 1/4! Und haben Sie auch Vc=230l herausbekommen? Das soll besser sein, als ein geeignetes Chassis zu finden?

Zur Erklärung betrachten wir nur Qes und die Resonanzkurven: Mit einem Qes=0,1-0,3 haben Sie ein (meist teures) Chassis mit einem sehr kräftigen Antrieb, das gegen alle (Luft-) Widerstände auch in einem kleinen Gehäuse das Signal präzise in Luftschall verwandelt. Die fs Kurve ist schmal und hoch. Um ein Qtc=0,5-0,7 zu erreichen steigt fc stark an. Die fb muss knapp unter fc berechnet werden, damit durch die Addition ein flacher Verlauf erreicht wird. Das Ergebnis lässt keinen Tiefbass mehr zu.

Bei Chassis mit einem Qes=0,3-0,7 ist die Resonanzkurve etwas flacher und breiter. Das Boxenvolumen muss größer sein, weil für ein Qtc=0,5-0,7 nicht so stark gedämpft werden darf. Die fc steigt nur wenig und fb kann tiefer berechnet werden.

Mit Qes>0,7 muss das Volumen so groß sein, dass (fast) keine Bedämpfung mehr eintritt. Der Verlauf der fs (~fc) -Kurve ist ohnehin schon flach und breit. Die fb lässt sich nicht tief genug berechnen und durch die Addition ergibt sich ein hässlicher Buckel. Wie ein ungedämpftes Federpendel schwingt das Chassis auch ohne Signal munter weiter!



Die folgende Tabelle benötigen Sie nicht! Sie ist nur für diejenigen, die von Formeln nicht genug bekommen können. Nur die gelben Felder sind Eingabefelder.



LS2-BR-berechnen.ods: LS2-BR-berechnen.zip

Falls die 2. LIMP-Messung nicht durchgeführt werden kann, muss Mms mit dem Membranvolumen bei einem Fehler 2* <-> /2 geschätzt werden (grau). Anhand des EBP (~100) kann die Eignung für eine BR-Box abgeschätzt werden. Ahmin braucht man für Dipole oder Hörner. Für jede BR-Box wird zunächst immer eine optimale geschlossene Box berechnet. Mit dem Volumen Vc kann das erforderliche Rohr (Helmholz-Resonator) berechnet werden. Falls Sie die Ziffern richtig, aber die Kommastelle verkehrt haben, liegt das an dem Durcheinander mit den SI-Einheiten (g<>kg; m<>mm<>cm; l<>m^3..). Die Formeln in Klammern sind ohne Bedeutung. Die Thiele-Box-Berechnung wurde nur hinzugefügt, um Ihnen ein Gefühl für eine im Frequenzgang schlechtere aber bei der Wiedergabe präzisere Box zu geben.

Simulieren Sie alles was Sie an TSP bekommen können! Im nächsten Kapitel: die 1-Weg-Breitband-Box.

 


Nachtrag
 
In der Tabelle ganz unten haben sich 2 Ungereimtheiten eingeschlichen: Die Formel für die Berechnung Rms ist links unten richtig, im Formelfeld verkehrt. Rms und Ahmin werden später noch für die Hornberechnung benötigt.
 
Die Formel Xm darüber berechnet die maximale Impedanz aus Xl+Xc (wie in LIMP zu sehen). Xmax wird von den Herstellern für den maximalen Membranhub benutzt. Um Verwechslungen zu vermeiden, benutzen Sie für die max. Impedanz besser Zmax (nicht so wichtig).
 
LS2-BR-berechnen2.ods: LS2-BR-berechnen2.zip
 
In der neuen Tabelle wurde die effektive Lautheit = ETA hinzugefügt (nicht wichtig).



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