ELAC-Vorverstärker PV1
Zwei
alte ELAC Einbau-Plattenspieler-Vorverstärker für ein
dynamisches System wurden buchstäblich in letzter Minute vor der
Müllpresse gerettet. Bekannt war nur, dass sie ungefähr von
1955 stammen und Röhren enthalten. Ein Netzkabel war auch dran,
also wohl ein eigenes Netzteil in jedem der Verstärker. Hier ein
paar Fotos:
Jeder
Verstärker enthält eine Röhre ECC83 und einen Netztrafo
für ein Netzteil mit Einweg-Selengleichrichter. Auf dem Trafo
steht ein Datum: August 1957. Alles sieht noch aus wie neu. Nur die
Potis sind schwergängig, teilweise sitzt die Achse fest. Ein
Schaltplan der Geräte findet man im Radiomuseum:
www.radiomuseum.org/r/elac_phono_verstaerker_pv1.html
Der Plattenspieler Miracord 8M von Frank Nerstheimer
Letzte Woche habe ich in einem Konvolut mit Perpetuum Ebner
Geräten einen zum PV1 passenden Plattenspieler bekommen, den
Miracord 8M. Dieser ist in gutem Zustand, allerdings ist das originale Tonabnehmersystem MST 2 durch ein
ähnliches Perpetuum Ebner PE7000 ersetzt worden.
Am Ende des zweiten Weltkrieges gab es nur die Schellackplatte, und die
Plattenspielerkonstruktionen waren im Prinzip elektrische Grammofone.
Die elektrischen "Tondosen" funktionierten wie ein dynamisches oder
elektromagnetisches Mikrofon, aber auf sehr grobschlächtige Weise,
überwiegend mit Stahlnadeln und Auflagegewichten jenseits der 100 Gramm.
Als dann Ende der vierziger Jahre die Mikrorillenplatte aufkam, wie wir
sie bis heute haben, konnte die Grammofonkonstruktion nicht mehr
weiterverwendet werden. Es mussten laufruhigere Laufwerke und viel
sensiblere Tonabnehmer konstruiert werden. Bei den Abtastern wollte man
sich vom elektrodyamischen Prinzip verabschieden und stattdessen
Kristallsysteme verwenden, die nach dem piezoelektrischen Prinzip
funktionieren.
Beim Schneiden der Platte müssen die tiefen Frequenzen stark abgesenkt
werden, weil die Amplituden sonst zu hoch wären, um in die Rille
geschnitten werden zu können. Bei der Wiedergabe müssen die tiefen
Frequenzen dann wieder angehoben werden, um einen ausgeglichenen
Frequenzgang zu bekommen. Dieses Anheben muss idealerweise nach der
selben Kennlinie erfolgen, wie bei der Aufnahme abgesenkt worden war.
Kristallsysteme haben zwei große Vorteile - einmal haben sie eine hohe
Ausgangsspannung, man kann sie an einen normalen AUX-Eingang
anschließen. Und zum zweiten haben sie von sich aus schon die Eigenart,
tiefe Frequenzen stärker wiederzugeben als hohe. Nachteile des
Kristallsystems sind einerseits die hohen Auflagegewichte und der hohe
mechanische Verschleiß, weil die Piezo-Kristalle relativ hohe Kräfte
zum "Verbiegen" brauchen. Andererseits ist die "Entzerrkennlinie" des
Kristallsystems konstruktionsbedingt festgenagelt und passt nie genau
zu der Vorverzerrung der Platte - ein linearer Frequenzgang der
Wiedergabe ist nicht möglich.
Den Massenmarkt haben die technischen Nachteile nicht interessiert,
hier zählte der niedrige Preis, und so wurde das Kristallsystem zum
Standard, selbst in hochpreisigen Musikschränken wurden Plattenspieler
mit Kristallsystem eingebaut. Es gab aber von Anfang an Bestrebungen in
Richtung naturtreue Wiedergabe - und hier griffen die Konstrukteure
dann wieder auf das magnetische Prinzip zurück. Die Magnetsysteme der
Nachkriegszeit hatten allerdings nichts mehr mit den "Tondosen" der
Vorkriegszeit zu tun. Perpetuum Ebner war der Vorreiter in Deutschland,
und stellte 1951 einen Tonabnehmer vor, in dem zwei Spulen und ein
Permanentmagnet eine Art Hufeisen bildeten zwischen dem ein winziger
Anker aus Weicheisen von der Nadel berührungslos bewegt wurde. Vom
Start weg schaffte man mit diesem Tonabnehmer ein damals sensationell
niedriges Auflagegewicht von unter 10 Gramm, bei -3dB einen
Frequenzbereich von 30 bis 14000 Hertz, und einen Klirrfaktor von unter
einem Prozent. Da die Phono-Eingänge der Radios zu der Zeit alle für
Kristallsysteme ausgelegt waren, war ein Vorverstärker unabdingbar, und
weil dieser Vorverstärker auch die Entzerrung mit übernahm, bekam er
den Namen Entzerrer Vorverstärker, und den trägt er bis heute.
Bei PE wurden diese Vorverstärker zunächst ins Plattenspieler-Chassis
integriert. Die derart "getunten" Laufwerke bekamen den Namenszusatz
"Sonderklasse". PE hat diese Linie bis in die sechziger Jahre
beibehalten, von jeder großen Laufwerksgeneration auch eine oder
mehrere Sonderklasse-Versionen zu bauen.
Wenn ich mir die Daten dieses Erstlingswerkes aus den frühen Fünfzigern
ansehe, und es mit heutigen Mittelklasse HiFi-Plattenspielern
vergleiche, kann ich mir gut vorstellen, was für eine Revolution das
gewesen sein muss. Die Schallplatte hat bis heute nie wieder so einen
Innovationssprung gemacht wie mit diesen Neukonstruktionen Anfang der
fünfziger Jahre.
Leider habe ich so ein frühes System noch nie richtig hören können, ich
habe zwar sowohl Laufwerk wie auch Tonabnehmer, bin aber ( noch ) nicht
in der Lage, die Abtaster so instandzusetzen, dass sie klingen wie
früher. Was ich aber schon gehört habe, sind die Nachfolgegenerationen
von 1955/56, und die spielen zwar noch mono, aber klanglich auf
Augenhöhe mit modernen Plattenspielern, und um Welten besser als die
kratzigen Kristallsystem-Wechsler, die man aus Omas Musiktruhe kennt.
Dieses hohe Niveau, das man damals schon erreicht hat, macht für mich
die Faszination dieses Themas aus. Die HiFi- und Vinyl-Fans von heute
haben im kollektiven Gedächtnis abgespeichert, dass HiFi um 1962/63 auf
einmal da war. Ab dieser Zeit werden Geräte ernstgenommen, alles davor
war nur "Dampfradioschrott". Bestenfalls akzeptiert man aus den
Fünfzigern noch HiFi Pioniere wie Marantz oder Quad, dass aber der
"Urknall" aus dem kriegszerstörten Deutschland kam, und alles andere
nur konsequente Weiterentwicklung war, das ist kaum bekannt.
ELAC hat sich witzigerweise zuerst mit Kristallsystemen einen guten
Namen gemacht - fast alles, was PE und später Telefunken an diesen
Abtastern verbaut haben, kam aus Kiel. Erst Mitte der fünfziger Jahre
fing man mit dem MST1 an, auch Mono-Magnetsysteme nach dem Prinzip von
PE zu bauen. Der große Wurf von ELAC war das STS200, ein
Stereomagnetsystem, bei dem nicht mehr ein Eisen-Anker, sondern der
Magnet selber dreidimensional zwischen zwei Spulen bewegt wurde. Dieses
Patent ist der Ursprung aller heutigen "Moving Magnet" Systeme, jedes
Shure-, Ortofon- oder Audio Technica MM-System ist bis heute ein
Ableger davon. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte PE selber keine
Magnetsysteme mehr, sondern kaufte u.a. von ELAC zu.
Abschließend noch ein Wort zu Ihren Entzerrer-Vorverstärkern - der
einzige mir bekannte Plattenspieler von ELAC, der das Sonderklasse
Konzept von PE kopiert, ist der Miracord 8 M von 1956. Der Miracord 8
ohne "M" ist ein normaler Wechsler mit Kristallsystem, mit "M" hat er
das Magnetsystem MST2 verbaut, und es gibt ihn mit und ohne eingebauten
Vorverstärker. Der eingebaute Vorverstärker nennt sich PV2, ist
transistorisiert und nur eine Platine - auf der Ansicht von unten
müsste er zu erkennen sein. Ich war erstaunt, dass 1956 schon
Transistoren verbaut wurden, die sehen auch ganz merkwürdig aus, wie
winzige Selengleichrichter mit drei Beinen. Der PV2 war für
Koffergeräte konzipiert, und klingt grauenvoll. Der PV1 ist sehr viel
aufwändiger, mit verstellbarer Entzerrkennlinie und in Röhrentechnik
mit einer Doppeltriode. Er klingt sehr viel besser und wurde verwendet,
wenn das Laufwerk im Tisch oder einer Truhe verbaut wurde. Es gab von ELAC zwei Mono
Magnetsysteme - das MST1 und das MST2. Das MST1 hatte nur eine Nadel,
wenn man sowohl Mikrorillen wie auch Normalrillen hören wollte, brauchte
man zwei Tonköpfe, die man zur Platte passend stecken musste. Das MST2
war dann ein Wendesystem, das im Prinzip aus zwei MST1 besteht, die man
Rückseite an Rückseite zusammengebaut und mit einer Drehmechanik
versehen hat.