Fledermäuse und SDR, eine unwahrscheinliche Kombination    


    von Peter Gerber, HB9BNI
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Seit einigen Jahren betreibe ich Fledermaus-Detektoren. Ein schwieriges Geschäft: man steht abends in der Dunkelheit auf der Terrasse und versucht mit einem Gerät etwas zu hören, von dem man nicht genau weiss, wie es tönt. Die Dinger haben zwei oder drei Knöpfe, die man in der Dunkelheit nicht richtig bedienen kann, eine meist am Ende ihrer Lebensdauer angelangten Batterie und Tonaufnahmen kann man kaum machen, weil schon alle Hände besetzt sind.

Ich habe schon versucht, den Audio-Output meiner Detektoren durch einen Laptop zu digitalisieren, geht natürlich, aber die Probleme bleiben: auf welcher Frequenz „sendet“ die Fledermaus und wie lockt man sie innert nützlicher Frist herbei. Immerhin hatte ich einige Digitalisate von Rauschen, unterbrochen mit Störgeräuschen.....
 
Da hatte ich mit einem anderen Zeitvertreib mehr Glück: Software defined Radio, mit einem kostengünstigen DVB-T-Dongle und der Software HDSDR. Vielleicht könnte man die beiden Gebiete kombinieren?
 
Kann man! Zumindest wenn man einen PC/Laptop hat, dessen Soundchip mit 96 kS oder noch besser mit 192 kS digitalisieren kann. Seit einigen Monaten betriebe ich Kunigunde9, die kann das,
 
Die Anlage besteht zur Zeit aus 4 Komponenten
 
-          Ein Elektret-Mikrofon mit zusätzlichem Vorverstärker
-          Ein Laptop mit einem guten Soundchip (ich vermute, bei mir werkelt ein ALC5621 von Realtek)
-          Der Software HDSDR (siehe http://www.hdsdr.de/ ). Das Programm ist Freeware. Seit einem Monat mit einer neuen Version, 2.76a.
-          Der Software Audacity (siehe https://www.audacity.de/, ebenfalls Freeware) ich benutzte noch die Version 2.1.0 (siehe https://sourceforge.net/projects/audacity/files/latest/download ), es gibt aber eine neuere Version 2.2.2.
 
Mikrofon und Vorverstärker
Im Prinzip entspreicht mein Mikrofon demjenigen, das hier beschrieben wurde: http://www.elektronik-labor.de/Elo/Ultraschall1.html
 
Allerdings sind die Koppelkondensatoren kleiner, als ersten Kondensator habe ich 270 pF verwendet, als zweiten 10 nF. Die tiefen Töne will ich gar nicht haben, deshalb der 270 pF Kondensator. Bei mir werkelt ein BC 327 - 16, wahrscheinlich geht jeder NF Transistor, das Rauschen dürfte kein grosses Problem sein, die Umgebung rauscht typischerweise deutlich mehr. Welche Elektret-Kapsel das ist, weiss ich nicht. Stammt aus der Bastelkiste. Die Energie kommt aus 2 AAA NiMH-Akkus.
 

 
Rechner
Der Rechner, Kunigunde 9 genannt, ist ein Laptop von Acer (Billigmodell) und läuft unter Windows 10.
 
Ein ernsthaftes Problem hatte ich mit den Audio-Anschlüssen des Rechners: eine vierpolige 3.5 mm Buchse, mit der ich wenig anfangen konnte. Es gibt offenbar zwei „genormte“ Beschaltungen, welche vorhanden ist, sagt das Handbuch nicht. Wikipedia meint:
 

 
aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Klinkenstecker#Stereostecker_mit_Zusatzfunktion_(vierpolig)
 
Mit einigem Pröbeln bin ich zur Ansicht gelangt: die Belegung ist egal, der Chip regelt das, unter Zuhilfenahme einer kleinen Anfrage an den User, sobald ein Stecker eingesteckt wird. Es erscheint dann bei meinem Laptop ein Popup-Fenster
 

 
Wählt man „Mikrofoneingang“, so wird die Spitze und der vordere Ring des Steckers als linkes und rechtes Mikrofon verschaltet, die Masse wählt der Chip selbständig aus, entweder der zweite Ring oder das Steckergrundmaterial (sleeve). Der interne Lautsprecher des Laptops bleibt dabei in Betrieb, das interne Mikrofon wird abgeschaltet. Die Mikrofon-Pins liefern dann auch 2 V für den Betrieb eines Elektret-Mikrofons.
 
Wählt man „Kopfhörer“, so sind Spitze und erster Ring zwei Audio-Ausgänge, jeweils gegen Masse, also je nach Beschaltung gegen den zweiten Ring oder gegen sleeve. Der interne Lautsprecher wird abgeschaltet.
 
Wählt man „Headset“, so sind Spitze und erster Ring jeweils ein Kopfhörerausgang gegen die selbst eruierte Masse, der zweite Ring (oder sleeve) ist ein Mono-Mikrofoneingang. Sowohl Lautsprecher wie Mikrofon des Laptops werden abgeschaltet.
 
Zudem hat der Chip eine zugehörige Software namens HD Audio Manager, die die Verstärkungen einstellen lassen. Wichtig ist das vor allem für die Grundverstärkung der Mikrofoneingänge, die von der nachgelagerten Software nicht verändert werden kann. Ich verwende die grösste mögliche Grundverstärkung von 30 dB.
 
 
 
Die angebotenen „Mikrofoneffekte“ habe ich abgeschaltet.
 
Dieser Treiber ist aber transparent, man kann Lautsärken, Verstärkungen und die Digitalisierungsrate auch von den auf den Treiber bzw auf dessen Hardware zugreifenden Programmen aus einstellen.
 
HDSDR
Wie gesagt ist dies eigentlich ein SDR-Empfänger, der hier zweckentfremdet wird. Das Programm installiert sich problemlos, will man einen DVB-T-Dongle anschliessen, braucht es einen zusätzlichen Treiber und eine zusätzliche DLL, Anleitungen sind leicht zu finden. Für die Verwendung als Fledermausdetektor braucht es das nicht. Es erscheint dann allerdings beim Programmstart ein Warnfenster
 

 
Das man bestätigen muss. Dann erscheint das Fenster so, wie das Programm zuletzt verlassen wurde. Für die weitere Beschreibung habe ich einige Bereiche farblich markiert:
 



 
Ohne DVB-T-Dongle wählt das Programm die Soundkarte (und damit das eingebaute Mikrofon) als Quelle, den eingebauten Lautsprecher als Ziel seiner Arbeit. Je nach Einstellung läuft das Programm ab Start oder man muss es links mit Klick auf „Start“ in Betrieb nehmen.
 
Die beiden ganz oben liegenden, das ganze Fensterbreite umfassenden Displays (rot umrandet) sind ein „Wasserfalldisplay“ (eher das Gegenteil, das Bild läuft nach oben) und ein Spektrum des Eingangssignals. Darunter liegen auf der rechten Bildhälfte zwei Reihen von Schieberegler (ebenfalls rot umrandet), die die Darstellung, nicht aber die Funktion der darüberliegenden Displays beeinflussen. Das Bild der obigen beiden ganzbreitigen Bänder wird sich ändern, blauer oder gelber werden, schneller oder langsamer laufen, an der Funktion ändert sich nichts, nur an der Darstellung.
 
An der linken Rand sind einige Bedienelemente (gelb umrandet) angeordnet, die die Funktion der Software steuern. Mit Klick auf „Soundcard“ kann man Eingabekanal und Ausgabekanal wählen, für die Fledermaus also Mikrofon und Lautsprecher. Ist ein externes Mikrofon angesteckt, so wird dieses verwendet, das interne Mikrofon wird abgeschaltet.
 

 
Darunter ist die Klickfläche „Bandwith“, hier wählt man unter Input die maximale Digitalisierungsrate der Soundkarte (bei mir 192'000, weniger macht kaum Sinn) und unter „Output“ die Digitalisierungsrate des Audiosignals (hier 16000). Es sei daran erinnert, dass die Digitalisierungsrate doppelt so hoch ist, wie die maximal verarbeitete Frequenz (https://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem), mit der oben angegebenen Einstellung digitalisiere ich also das Eingangssignal derart, dass Frequenzen bis 96 kHz verarbeitet und Ton bis zu einer Frequenz von 8 kHz ausgegeben wird. Jugendliche mit besseren Ohren als ich können also bei Output auch 32000 eingeben, es werden dann Frequenzen bis 16 kHz ausgegeben.
 

 
Unter „Options“ kann man einerseits eine andere Eingabequelle wählen. Man kann auch bereits aufgenommene und abgespeicherte WAV-Files erneut verarbeiten.
 

 
Wichtig ist noch die Einstellung des Inputs bei „Input Channel Mode for RX“ als „Mono“. Der linke Kanal wird an der Spitze des 3.5 mm Steckers erwartet.
 

 
Nun muss man noch die Frequenzangaben einstellen. Die sind im pink markierten Bereich. Klicken sowohl auf LO wie auf Tune öffnet jeweils ein Fenster
 

 
LO (Local Oscillator) ist auf NULL Hz zu stellen, Tune auf irgendwas, nur nicht Null, sonst gibt es Rückkoppelungen.
 
Auch im pink markierten Bereich ist als Betrriebsart „USB“ zu wählen. Wieso ich nur einen Output am Lautsprecher habe, wenn ich die AGC (im gelb markierten Bereich) nicht ausgeschaltet habe, konnte ich noch nicht eruieren. Man kann mittels Klicken von Aus über Fast, Medium and Slow wählen.
 
Nun kann man die Software laufen lassen
 

 
Das in diesem Falle interne Mikrofon nimmt den Ton auf, digitalisiert ihn mit 192kS/sec und stellt das Spektrum als Laufband und als Kurve dar. Die weissen, gelben und orangen Flächen am linken oberen Bildrand sind die Umgebungsgeräusche (im obigen Bild unter anderem Autos und Amseln). Die senkrechten Streifen sind irgendwelche Störungen wahrscheinlich elektromagnetischer Art, an meinem Zweitstandort fehlen diese fast vollständig.
 
Der linke Ausschnitt des als Kurve dargestellten Spektrums
 

 
zeigt einen hellblau gefärbten Bereich, der von 2 bis 10 reicht (das sind 2 bis 10 kHz), der also 8 kHz breit ist. Bei der Einstellung „USB“ als Betriebsart werden diese 8 kHz vom Bereich 2-10 kHz in den Bereich 0-8 kHz „verschoben“. Genau das macht auch ein Fledermausdetektor, nur dass er einen Bereich zum Beispiel von 50 bis 58 kHz in den hörbaren Teil von 0 – 8 kHz verschiebt. Kein Problem, ein Klick in das schmale Band des Kurvensprektrums bei 50 kHz verschiebt den zu „verschiebenden“ Bereich genau dorthin
 

 
Und jetzt werden die Frequenzen von 50 bis 58 kHz in den hörbaren Bereich von 0 bis 8 kHz verschoben. Natürlich ist da nur Rauschen, es ist ja kein US-Mikrofon angeschlossen. Noch nicht.
 
Die beiden Bereiche rechts unten (grün markiert) stellen nun das Spektrum genau dieses Ausschnittes dar, so wie er an die Lautsprecher abgegeben wird, also von 0 bis 8 kHz. Im Moment ist da nur eine Störung, aber die wird auch dargestellt, ich habe das helle Fenster um etwa 4 kHz nach rechts verschoben
 

 
und sehe nun die Störung als grüne und rötliche Bereiche.
 

 
Das gut sichtbare Signal ist im Lautsprecher kaum zu hören, der Tonunterschied des Rauschens ist praktisch Null, ob die Störung im Fenster ist oder nicht. Es mssen ja Töne mit Frequenzen von 4500 bis 7000 Hz zusammen mit dem Rauschen ausgegeben werde. Das geschieht auch, allerdings ist die Darstellung i farbigen Display viel deutlicher als das was das Gehör aufnimmt.
 
Nun will man natürlich auch schauen, ob die Anlage wirklich Ultraschall „sieht“. Das US-Mikrofon mit Vorverstärker wird angesteckt und der oft dafür bemühte Schlüsselbund muss ran
 

 
Die Anlage sieht Signale bis etwa 85 kHz, zumindest solange wie der Schlüsselbund geschüttelt wird!
 

 
Auch das Signal eines Entfernungsmesser mit Ultraschall ist bei 40 kHz gut sichtbar. Das Messgerät darf allerdings kein Echo empfangen, sonst arbeitet es nur ganz kurz. Also im Freien versuchen und ins Leere zielen.
 

 
Neben den Störungen sieht man hier das Signal einer Quartzuhr mit 32 kHz Quarz in etwa 30 cm Entfernung zum Mikrofon. Der senkrechte Strich endet, weil ich die Uhr entfernt habe.
 

 
Das ist das Spektrum eines Tongenerators (Jahrgang 1976, ICL 8038/ LM 741, Rechteckoutput) der von 90 bis 17 kHz durchgestimmt wurde (10-Gang-Poti, deshalb die Stufen). Als „Lautsprecher“ diente ein 40 kHz US Transducer. Es wird nicht nur die Grundwelle, sondern auch die erste und vor allem die zweite Oberwelle abgestrahlt. Diese Dinger sind weder als Mikrofon noch als Lautsprecher zu gebrauchen, ausser in unmittelbarer Umgebung von 40 kHz.
 

 
Hier wurde der gleiche Tongenerator mit einem kleinen „Piezo-Wandler“ (Durchmesser der Scheibe 1.5 cm) als Lautsprecher betrieben. Auch der strahlt Oberwellen ab, allerdings viel weniger als der US-Transducer. Dieser Versuch wurde in der Nähe einiger Schaltnetzteile und des ADSL-Routers durchgeführt, ich vermute, die gut sichtbaren Störungen ab 55 kHz kommen von einem dieser Geräte.
 
Und wo ist nun die Fledermaus?
Grundsätzlich hat sich ja mit dieser Anlage nichts verbessert, im Gegenteil. Die Geräte sind schwerer geworden, brauchen noch mehr Strom und die Fledermäuse kommen immer noch nicht auf Abruf.
 
Aber: HDSDR kann auch aufnehmen. Und zwar nicht nur Tonsignale, sondern den ganzen digitalisierten Input, also die ganze Bandbreite von 0 bis (hier) 96 kHz. Die Aufnahme wird als .WAV-File abgespeichert, kann wieder in HDSDR eingespielt und erneut analysiert werden. Und, natürlich, der umgestzte, hörbare Ton kann auch wieder abgespeichert werden. Aufnahme und Wiedergabe werden über die Clickfelder im hellblau markierten Bereich gesteuert.
 
Die Software HDSDR hat auch einen „Scheduler“, der eine vorprogrammierte Aufzeichnung macht. Erreichbar unter Options /Recording Settings Scheduler
 
 
 
Die obere Hälfte dient zur Einstellung von „Sofort-Aufnahmen“ beim Anklicken des roten Aufnahmeknopfes im gelb markierten Bereich unter den Frequenzeinstellungen. Man kann hier anhäkeln, ob das ganze Spektrum (RF, dann wird von 0 bis 96 kHz abgespeichert) oder die Audio (AF) abgespeichert werden soll, natürlich geht auch beides, wenn man i der oberen Hälfte des Schedulers diese beiden Häcken setzt. In der unteren Hälfte kann an die Aufnahme programmieren, da lohnt sich eigentlich nur die Aufnahe des ganzen Spektrums, also RF. Eine halbe Stunde Aufnahme von 96 kHz braucht etwa 1.3 GB Speicherplatz.
 
Es gibt aber auch hier ein Problem: HDSDR kann nur das ganze File abspielen, man kann zwar Pausieren, aber nicht etwas zurückspulen oder an eine bestimmte Stelle vorspulen. Sieht man also das Fledermaussignal, hat aber den falschen Frequenzbereich ausgewählt, so muss man von vorne beginnen. Und da kommt Audacity ins Spiel. Dieses Programm kann Ausschnitte aus dem WAV-File abspeichern, so dass man kürzere Stücke für die Aufarbeitung hat.
 
In Audicity sieht man „verdächtige“ Stellen, Stellen in denen die Amplitude etwas grösser ist
 

 
Der markierte Bereich war allerdings nur ein „komischer Vogel“ im hörbaren Bereich
 
Aber eben manchmal auch eine Fledermaus
 

 
kaum zu sehen, aber „Vladi der Flatterer“ war da
 

 
Die drei senkrecht verlaufenden hellen Streifen (zeitlich vor, also oberhalb des Fledermaussignals) sind Störungen, die vermutlich von einem in der Nähe sendenden digitalen Bündelfunksender kommen. Wahrscheinlich strahlt dieser Sender direkt in den Rechner, ich sehe diese Störungen nämlich auch dann, wenn ich den DVB-T-Dongel betreibe.
 
Sound-Beispiel:
SDRFledermaus-Dateien/Fledermaus.mp3

Ultraschall-Wav-Dateien zum Abspielen mit HDSDR:
SDRFledermaus-Dateien/24%20b%2037.wav
Zwei unterschiedliche Fledermäuse.wav


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