Passiver Phasenschieber für SSB
Eine praktische Anwendung dieser altbewährten Schaltung findet man hier: http://users.tpg.com.au/ldbutler/SSBModulator.htm
Der Autor sagt, man kann normale Standard-Kondensatoren verwenden, und
man könnte bis zu 60 dB Seitenbandunterdrückung erreichen. Ist das
wirklich einfacher, mit dieser Schaltung die nötige Genauigkeit zu
erreichen? Bevor ich das nachbaue, wollte ich es simulieren.
Ausgangspunkt sind zwei gegenphasige Eingangssignale. An den vier
Ausgängen kommen dann alle vier Phasen heraus, Alle Widerstände sich
gleich und haben 12 k. Jeweils vier Kondensatoren sind gleich, und es
gibt sechs verschiedene Werte aus der E12-Reihe, wobei zwei Werte aus
zwei gleichen Kondensatoren zusammengesetzt werden müssen (2 x 22nF, 2
x 10 nF).
Die Simulation zeigt, wie es funktioniert. An allen viel Ausgängen
kommen Signale mit gleicher Amplitude heraus, deren Phase mit der
Frequenz immer weiter verschoben wird. An jeder Stelle im Spektrum
beträgt die Phasendifferenz zu den anderen Kanälen fast genau 90 Grad
oder ein Vielfaches davon. Die Abweichung beträgt nur rund 0,05 Grad,
wenn alle Werte genau eingehalten werden. Interessant ist aber die
Realität. Welche Phasen- und Amplitudenfehler treten auf, wenn die
Bauteile nur begrenzt genau sind?
Zum Test habe ich zwei Kondensatoren ungenauer gemacht, einen
(33,3 nF) um 1% und einen anderen (20,5 nF) um 2,5 %. Man sieht,
dass die vier Amplitudenkurven jetzt nicht mehr genau übereinander
liegen. Mit dem Cursor kann man nun die Abweichungen an verschiedenen
Stellen untersuchen. Dabei finde ich einen Phasenfehler von ungefähr
0,2% und einen Amplitudenfehler von ca. 0,3%. Ein einzelner Fehler
wirkt sich anscheinend auf alle vier Kanäle aus, wobei der Unterscheid
zwischen den Kanälen relativ gering bleibt.
Fazit: Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass das Netzwerk auch mit
weniger genauen Bauteilen noch recht gute Ergebnisse liefert.
Veränderte Dimensionierung
Als ich dann die Kondensatoren bestellen wollte, wurde mir klar, dass
man nur noch die Werte aus der E6-Reihe leicht bekommen kann. Deshalb
habe ich die Dimensionierung etwas geändert. Alle Widerstände haben
jetzt 10 k, Und die Kondensatoren unterscheiden sich jeweils um den
Faktor 1,5.
Das Diagramm reicht diesmal von 100 Hz bis 10 kHz. Man sieht,
dass die Phasen an den Rändern deutlich abweichen. Aber zwischen 300 Hz
und 3 kHz sieht es gut aus. Eine genauere Auswertung an den Punkten 300
Hz, 600 Hz, 1 kHz, 2 kHz und 3 kHz zeigt, dass der Fehler zwischen 300
Hz und 2,3 kHz unter 0,2 Grad bleibt, bei 3 kHz aber schon 0,9 Grad
erreicht.
Noch besser geht es mit einer Stufe mehr. Ich verwende dann die komplette E6-Reihe zwischen 4,7 nF und 47 nF.
Die Auswertung ergibt, dass diesmal der Phasenfehler fast überall unter 0,1 Grad bleibt.
Der Aufbau
Inzwischen habe ich die Kondensatoren bestellt, je zehn von
einem Wert. Daraus wurden die vier am besten zusammen passenden
ausgemessen. Die Genauigkeit liegt jetzt bei ca. 1 %. Die
10-k-.Widerstände haben auch eine Toleranz von 1% und wurden nicht
ausgemessen.
Dier Aufbau ist relativ kniffelig, jedenfalls wenn es so eng zugehen soll.
Um das Filter zu testen braucht man außerdem noch einen
invertierenden Verstärker, weil die Eingangssignale mit 0 Grad und mit
180 Grad reinkommen sollen. Man beachte, das Filter hat an keiner
Stelle eine GND-Verbindung. Das GND-Potential bildet sich sozusagen aus
der Mitte zwischen beiden Eingangssignalen.
Jetzt gibt es zwei Phasenschieber auf der Platine zum Vergleich. Für
die passive Schaltung habe ich keine Möglichkeit gefunden, wie sie auch
im Empfänger eingesetzt werden könnte. Das Allpassfilter könnte dagegen
im Prinzip beide Funktionen erfüllen. Weil sie aber nun beide vorhanden
sind, könnte eines im Sender und eines im Empfänger arbeiten. Das
passive Filter hat vier Ausgänge, was gut zum Sender passt.
Die Messergebnisse bestätigen weitgehend die Simulation zwischen
300 Hz und 3000 Hz. Es fielen allerdings kleine Amplitudenfehler in der
Größenordnung 1% auf. Solche Fehler können sowohl durch Toleranzen der
Kondensatoren als auch der Widerstände entstehen.
Beide Phasenschieber wurden mit dem vorhandenen SSB-Sender getestet.
Der passive Phasenschieber bringt im Sender eine
Seitenbandunterdrückung von nur ca. 40 dB, das Allpass-Filter schaffte
bis zu 50 dB. Beim passiven Filter könnten die Amplitudenfehler das
Problem sein, die beim Allpassfilter unwahrscheinlicher sind.
Fazit: Im Gesamtvergleich macht das Allpassfilter
die bessere Figur bei gleichzeitig geringerem Aufwand. Aber da nun
beide vorhanden sind, können sie im Empfänger und im Sender eingesetzt
werden dann spare ich mir aufwendige Umschalter in einem möglichen
Transceiver.