Das Mittelwellenband 630 m
Ich war mir eigentlich schon sicher, Amateurfunk auf
Mittelwelle im 630m-Band ist mit vertretbarem Aufwand nicht machbar,
denn einen Lambda-Viertel-Strahler müsste da schon 150 m hoch sein.
Richtig gut wäre ein Halbwellendipol mit 300 m Länge und 300 m Höhe.
Ich habe aber leider nur eine etwa 12 m hohe Behelfsantenne. Die dürfte
einen Strahlungswiderstand unter einem Ohm haben, vielleicht nur 0,3
Ohm oder noch weniger. Die ganze Antenne hat daher einen extrem
schlechten Wirkungsrad unter einem Prozent.
Aber mit WSPR
wollte ich aber doch einmal einen Test machen, denn auf 160 m hat es ja
auch schon gegen alle Erwartungen geklappt. Eine Endstufe ist für diese
geringe Frequenz leicht zu bauen. Und als Anpassung für eine stark
verkürzte Antenne kann ein Resonanz-Übertrager dienen.
Die
Endstufe mit einem Power-FET IRF510 bringt etwa 2,5 W bei einer
Betriebsspannung von 12 V und der Arbeitsfrequenz 475 kHz. Den IRF510
habe ich kürzlich für eine Kurzwellen-PA besorgt, weil er die
geringsten Kapazitäten hat. Es ist einer der ersten Power-FETs aus
dieser Serie, und danach ging die Entwicklung immer nur noch in
Richtung mehr Strom und weniger On-Widerstand, damit also zu mehr
Gate-Kapazität. Mit dem IRF510 erreicht man also auch höhere
Frequenzen. Auf Mittelwelle gab es allerdings gerade deshalb Probleme
mit der Stabilität. Ein zusätzlicher Lastwiderstand von 47 Ohm brachte
die nötige Ruhe.
Ein Ferritstab mit Mittelwellenspule und
isolierter Koppelwicklung war gerade richtig für die verwendete
Antenne. Am Ausgang konnte eine HF-Spannung von 70 V gemessen werden.
Die Antenne hat außerdem eine erhebliche Eigenkapazität von rund 200
pF, die mit dem Drehko abgeglichen werden muss. Zum Vergleich wurde ein
Lastwiderstand mit 2 kOhm angeschlossen. Es ergab sich dieselbe
HF-Spannung von 70 V. Damit war klar, dass der Realteil des
Fußpunktwiderstands der Antenne etwa 2 kOhm beträgt. Und die
Sendeleistung konnte mit 2,5 W bestimmt werden.
Der
Antennenstrom liegt irgendwo bei 50 mA, maximal 100 mA. Bei dem
geschätzten Strahlungswiderstand im Bereich 0,3 Ohm bis 1 Ohm ergibt
sich eine abgestrahlte Leistung (ERP) im Bereich 1 mW bis 10 mW. Für
Funkamateure ist die effektiv abgestrahlte Leistung in diesem Band auf
maximal 1 Watt beschränkt. Bei den angegebenen Leistungen in WSPR
scheint es eine Unsicherheit zu geben, ob da ERP oder die
Sender-Ausgangsleistung eingetragen werden soll. Man findet Leistungen
zwischen 2 mW und 10 W. Ich habe mal 1 W eingetragen. Dazu musste die
Betriebsspannung auf 10 V reduziert werden. Die abgestrahlte Leistung
könnte unter 1 mW liegen. Aber wenigstens bin ich dann sicher, keine
EMV-Störungen zu verursachen. Und für einen Reichweiteversuch könnte
das sogar noch ausreichen.
Mit
diesem Versuch wurde eine Reichweite von 35 km erzielt. Immerhin, denn
bei dieser großen Wellenlänge hat man es nicht leicht. Am Tage scheint
kaum mehr möglich zu sein. Aber nach Sonnenuntergang erreichen viele
Stationen mehrere 100 km, auch wenn ihre effektiv abgestrahlte Leistung
nur bei 5 mW liegt. Mit meinem einen Watt ging es aber auch am
Abend nicht weiter. Die Antenne ist vermutlich noch schlechter als
gedacht. So ist das eben. Auf 10 MHz konnte mein Signal mit 10 mW in
1000 km Entfernung empfangen werden, auf 475 kHz geht es mit hundertmal
mehr Leistung nur 35 km weit.
Also
muss wohl doch mehr Leistung verwendet werden. Ein kurzer Versuch kann
ja nicht schaden. Mit dem verwendeten Sendeverstärker musste nur die
Betriebsspannung erhöht werden, um bis zu 10 W rauszuholen. Aber damit
zeigten sich auch einige Schwächen. Der Belastungswiderstand von 47 Ohm
wurde zu heiß. Es ging aber auch ohne, solange der Kondensator von 22
nF zusätzlich am Ausgang lag. Dann wurde die Antennenspule zu heiß. in
der Bastelkiste fand sich noch eine bessere Spule mit
Ferrit-Schraubkern und dickerer HF-Litze aus einem alten Fernseher, die
ebenfalls in Resonanz zu bringen war. Aber dann wurde etwas anderes
noch heißer und begann bedenklich zu riechen. Das war der keramische
Bypass-Kondensator mit 100 nF. Etwa 1 A HF-Strom ist zu viel für diesen
Typ. Mit zwei Folienkondensatoren ging es besser.
Jetzt werden
tatsächlich etwa 10 W ausgekoppelt. An der Antenne liegt eine
HF-Spannung von rund 150 V. Die Antennenspule wird merklich warm, und
am Antennenanschluss kann man sich die Finger verbrennen, also alles so
wie es sich für einen ordentlichen Sender gehört. Die Empfangsdaten
verschiedener Stationen zeigen tatsächlich etwa 10 dB bessere
Ergebnisse.
Aber leider - die Reichweite ist bisher noch nicht
gestiegen. Ich glaube, ich muss bei der Kurzwelle bleiben, da ist alles
viel einfacher. Ein Dipol mit einer halben Wellenlänge hat einen
Wirkungsgrad von fast 100%. Aber bei einer stark verkürzten Antenne
wird oft nur ein verschwindend kleiner Teil der Leistung abgestrahlt.
Mit
den Empfangsversuchen in diesem Band sieht es übrigens auch nicht
besser aus. Mit einem Ferritstab konnte ich natürlich mein eigenes
Signal sehr gut empfangen, aber sonst nur Rauschen. Da müsste ebenfalls
ein sehr viel größerer Aufwand getrieben werden.