Fluch und Segen der Open Source Software   


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Im nächsten Leben werde ich Programmierer. Dann wäre vieles einfacher, denke ich manchmal. Jetzt bin ich oft auf Hilfe angewiesen. Beispiel PLL SI5351, die ich im Elektor SDR-Shield verwendet habe. Ich bin Adafruit sehr dankbar für den Start mit einer fertigen Platine und dem Arduino-Treiber für diesen Chip. Wenn ich nämlich genauer reinschaue und dann noch das Datenblatt durchforste, erkenne ich, wieviel Arbeit darin steckt. Ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte, dieses IC sauber anzusteuern. Danke, Lady Ada!

So ist das eben mit Open-Source-Software. Man muss nicht jedesmal das Rad neu erfinden, sondern kann auf vorhandenes zurückgreifen. Nur ist das manchmal leichter gesagt als getan.  Zurzeit arbeite ich mit einem OLED-Display und mit NFC-Hardware. Auch da hat Adafruit entscheidendes geleistet. Die ersten Versuche gelingen recht gut, auch wenn ich noch nicht voll durchblicke. Aber wenn ich tiefer einsteigen will, wird der Segen zum Fluch. Ich muss nämlich mit Libraries arbeiten, die ich nicht durchschaue. Oft sind da Vorentscheidungen getroffen, die für mein Projekt nicht passen. Und dann muss ich doch noch ganz tief in Datenblätter und Spezifikationen eintauchen. Und weil ich die Software nicht selbst geschrieben habe, kommt es sehr schnell zu der Situation, dass ich mich im Kreis drehe und nicht mehr vorwärts komme.

Ich vermute, das geht nicht nur mir so. Alles rund um den Arduino hat einerseits dazu geführt, dass sich viele Leute an Themen heranwagen, die vorher unerreichbar waren. Die Zahl der Bastler ist dadurch enorm angestiegen, ein großes Plus dank Arduino. Aber andererseits arbeitet man immer mehr mit Hard- und Software, die man nicht mehr richtig versteht. Alles ist so einfach und so billig geworden. Ein Klick reicht, und schon ist das nächste Shield bestellt. Und dann wird ein erstes Beispiel ausprobiert, aber weiter kommt man nicht. Eine ganze Industrie lebt davon: Kaufen, ausprobieren, in die Ecke legen.

Wenn ich mit meinem Sohn darüber diskutiere, fällt mir ein Unterscheid der Generationen auf. Die Jüngeren haben sich daran gewöhnt, Dinge zu verwenden ohne sie in der ganzen Tiefe zu verstehen. Geht ja auch vielleicht gar nicht anders, sonst wäre der rapide Fortschritt nicht mehr zu bewältigen. Wir Älteren dagegen wollen genau wissen, wie etwas funktioniert. Und wir machen uns Sorgen, dass Grundlagen verloren gehen, die auch heute noch gebraucht werden. Daher kommt vielleicht die Vorliebe für minimalistische Lösungen. Analoge Elektronik,  Diskrete Halbleiter, kleine Mikrocontroller, hardwarenahe Programmierung, das sind die Dinge, die man noch durchschauen kann.

Wahrscheinlich braucht man beides: Lösungen in fertigen Hard- und Software-Modulen, aber auch Grundlagen bis hin zu analogen Schaltungen. Mein derzeit intensivstes Hobbyprojekt ist ein Beispiel dafür. Ich will das vorhandene Elektor SDR-Shield zu einem kleinen QRP-CW-Transceiver ausbauen. Ein zweiter Ausgang beim PLL-Chip liefert das TX-Signal. Dazu musste ich eine andere Bibliothek einsetzen, die genau meine Anforderungen erfüllt. Für die halbautomatische Morsetaste habe ich ein fertiges Programm von Ralf Beesner leicht angepasst. Und die noch erforderlichen analogen Baugruppen habe ich selbst gebaut. Da muss noch einiges verbessert werden, bis alles zufriedenstellend läuft. Aber ohne die fertigen Teile der Software stände ich jetzt noch ganz am Anfang. Mal sehen, wann alles fertig wird.

Ihr Burkhard Kainka



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