Labortagebuch April 2015

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6.5.15: Erfindung der Vormagnetisierung



Eine Mail von Roland: Es geht um die Erfindung der HF-Vormagnetisierung bei der Magnetbandaufzeichnung durch Weber 1940. Dabei beschäftigt mich insbesondere das Problem des viel kolportierten „Zufalls“ der Erfindung, die angeblich durch einen „falsch verdrahteten Verstärker“ zustande gekommen sein soll, der dann „zufällig“ hochfrequent zu schwingen begann, bei Tests die Weber durchführte um die Aufzeichnungsqualität des damaligen Magnetophon zu verbessern (Rauschen, Dynamik, Frequenzgang ...).  Die von Weber verwendete Schaltung stellt eine Brücke dar, in deren oberen Zweig der Sprechkopf 1 in Serie mit einem zweiten Kopf 2 liegt. Die Eigenschaften des Kopfes 2, insbesondere dessen Scheinwiderstand, entsprechen dem des Sprechkopfes 1. Den zweiten Brückenzweig bilden die beiden identischen Widerstände R1 und R2. Der Nullzweig der Brücke c - d ist mit einem Verstärker verbunden, dessen Ausgang mit dem Eingang der Schaltung a - b in Verbindung steht.

Der ursprüngliche Sinn dieser Schaltung wurde von Weber bereits in der Patentschrift des ihm unter der Nummer 693 664 ab 10. 2. 1938 erteilten DRP unter Verwendung eben dieses Schaltbildes beschrieben. Kurz gefasst: Der Sprechstrom wird dem Netzwerk bei a und b zugeführt. Unabhängig von der Serienschaltung beider Köpfe und den dazu parallel liegenden Widerständen wird das am Kopf 1 vorbeilaufende Band wie üblich magnetisiert, weil der Sprechstrom auch durch die Spule des Kopfes 1 fließt. Bei Brückengleichgewicht ist an c und d kein Signal vorhanden. Dieser Fall tritt nur bei stillstehendem Band ein. Sobald sich dieses bewegt, entsteht u. a. in Folge von Band-Inhomogenitäten in dem nunmehr gleichzeitig als Hörkopf aufzufassenden Kopf 1 eine Störspannung, welche an den Punkten c und d erfassbar ist und zwar der Brücke wegen ohne einen Anteil des Aufsprechsignals. Weber verstärkte diese Störspannung und führte sie um 180° gedreht dem Eingang der Schaltung a - b zu. Es handelt sich also um eine Art von Gegenkopplung und in der Tat verminderte sich die resultierende Störspannung.

Fragen: Hätte - systematisches "Durchfahren" der Kopplungsgrade als selbstverständlich vorausgesetzt - Webers Gegenkopplungsschaltung an irgendeinem Punkt zum Schwingen kommen müssen? Sind HF-Schwingungen durch die generelle Schaltung oder auch den Aufbau / Zusammenbau der Brücke gewissermaßen vorgegeben oder erwartbar? Hätte die Frequenz der Schwingung auch im Hörbereich liegen können … oder sind nur HF-Schwingungen unter diesen Gegebenheiten zu erwarten?

Antwort: Die Schaltung wäre nach meinem Eindruck bei idealer Symmetrie und idealem Verstärker eigentlich ganz ohne Wirkung, weil die Signale vom Ausgang sich am Eingang völlig aufheben müssten. Wenn ich so eine Schaltung sehe, die eine ideale Symmetrie voraussetzt, kommen mir sofort Zweifel bezüglich der Stabilität. Man kann nicht vorhersagen, ob am Ende eine Gegenkopplung oder eine Rückkopplung entsteht. Oder sogar beides bei unterschiedlichen Frequenzen, weil der Verstärker irgendeinen komplizierten Frequenzgang und Phasenverschiebungen hat. Schwingungen könnten bei jeder Frequenz auftreten, auch im NF-Bereich. Möglich ist eben auch eine Gegenkopplung für NF und gleichzeitig HF-Schwingungen. Insofern würde ich es als Zufall ansehen. Ich vermute, wenn drei Leute die Schaltung nachbauen würden, käme jedesmal was anderes dabei raus. Und wenn ich mich nicht ganz irre, war die ursprüngliche Schaltung fehlerhaft und konnte den angezielten Zweck niemals erreichen. Dann wäre das tatsächlich ein Zufall gewesen. Ist ja auch ganz normal und schon oft passiert. Die besten Sachen findet man immer, wenn man gar nicht danach gesucht hat.

9.4.15: Digitale Fehlersuche



Man sagt ja immer, digital ist einfach, geht oder geht nicht. Aber dass es mal so halb geht und irgendwie immer anders, das kann auch vorkommen. Leander hat mir geholfen, eine Schaltung mit einem 4011-Taktgenerator und einem 4040-Zähler für ein neues Lernpaket aufzubauen. Aber der Zähler reagierte ganz anders als es im Datenblatt steht. Am Oszilloskop konnte man sehen, dass der Taktoszillator keine ganz sauberen Flanken hatte. Im Übergang zwischen 1 und 0 konnte man eine kurze Phase der Unentschlossenheit erkennen. Liegt es am Aufbau mit insgesamt zu langen Leitungen, an unzureichender Abblockung oder vielleicht am Steckboard? Schwer zu sagen, aber am Ende half ein Widerstand von 10 kOhm in der Taktleitung des 4040. Warum? Weil damit im Zusammenhang mit der Eingangskapazität des Zählers ein Tiefpassfilter entsteht, das falsche Signale hoher Frequenz unterdrückt.



Im Laufe der Versuche trat noch ein anderer seltsamer Fehler auf. Der Zähler lief jeweils völlig korrekt, bis er plötzlich stehen blieb. Nur nach einem Reset ging es weiter. Kann doch gar nicht sein, ein 4040 ist doch kein Prozessor, der irgendwie abstürzen kann. Aber mit dem Oszilloskop war das Geheimnis schnell gelüftet. Die Batterie war schon so schlapp, dass die Spannung unter Last auf 3 V abfiel. Wenn dann der Zähler an den Punkt kam, bei dem erstmalig alle LEDs an waren, ging die Spannung runter auf 2 V. Damit blieb der Taktoszillator stehen, nichts ging mehr. Mit einem Reset wurden dann alle Ausgänge abgeschaltet und damit zugleich die Batterie entlastet. Die Spannung stieg etwas, der Oszillator funktionierte wieder. Die Lösung des Problems war dann natürlich eine andere Batterie.  Sowas ist schon oft passiert. Da sucht man verzweifelt nach einem Fehler, und am Ende ist es doch nur die Stromversorgung. Aber in meinem Labor ist das Oszilloskop immer an, da kann sich so ein Fehler schlecht verstecken. Man sieht sofort, wenn die Spannungsversorgung zu weich ist und bei jedem Schalten einen Sprung macht.


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