Ein einfaches und effektives Röhrenaudion
von Klaus Leder
Audionaufbau auf einer Lochplatte mit Klemmfedern von Winkler
An einem dunklen Winterabend holte ich einen alten Radiomann-Aufbau aus
dem Schrank im Bastelkeller, um zu sehen, ob er noch funktionierte. Der
Experimentierkasten Radiomann von Kosmos, 13. Auflage, stammt aus dem
Jahr 1960. In den 1960er Jahren war er ein begehrtes
Weihnachtsgeschenk gewesen, was an dem Baustein-Konzept und der
die Jugendlichen direkt ansprechenden Anleitung von Wilhelm
Fröhlich lag.
Aufbau des Röhrenaudions mit Rückkopplung aus dem Radiomann von Kosmos 1960
Der wackelige Aufbau mit den oxidierten Klemmfedern brachte nach der
langen Zeit keinen Empfang mehr. Der letzte deutsche Mittelwellensender
wurde Ende Dezember 2015 abgeschaltet. Mit einfachen Detektorradios mit
Germaniumdioden kann man jedoch nach Eintritt der Dunkelheit noch
ausländische Sender empfangen.
Aufbau- und Schaltbild aus der Anleitung des Lehrspielzeugs Radiomann, S. 76, Kosmos 1970
In der Bastelkiste lag noch eine Röhre EF98 mit Sockel. Mit dieser
Röhre, die von der Industrie ursprünglich für Autoradios entwickelt
worden war, sollte nun ein funktionsfähiges MW-Röhrenaudion aufgebaut
werden. Dafür wählte ich eine einfache Schaltung von Heinz Richter aus,
die er 1963 in dem Anleitungsbuch zum Experimentierkasten Radio +
Elektronik D veröffentlicht hatte.
Schaltplan und Versuchsaufbau eines Röhrenaudions auf dem Chassis der Kastenserie
Radio + Elektronik. Anleitungsbuch D, S. 31, Kosmos 1963
Der Aufbau sollte nicht gelötet werden, um Änderungen erproben zu
können. Auch ein Aufbau auf einem Steckboard erschien mir nicht ratsam
zu sein, da hier nach einiger Zeit Kontaktprobleme und für
Hochfrequenzschaltungen zu große Übergangswiderstände entstehen können.
Bei feuchter Raumluft oxidieren Kupfer- und Anschlussdrähte der
Bauelemente mit der Zeit, was bei den sehr kleinen Kontaktflächen der
Breadboardfedern zu Problemen führt. Ich habe deshalb meine kleinen
Aufbauten in Plexiglasboxen für Pralinen von Ferrero gesteckt, um sie
vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen.
Röhrenaudions in Pralinenschachteln: Audion mit EF 98, Audion mit dem
RT 25 von Modul-Bus 2001, Audion mit E90CC aus dem Lernpaket
Röhrenradios selbst bauen von Franzis/Modul-Bus 2006 und Audion mit 6J1
aus dem Lernpaket Röhrentechnik von Franzis/Modul-Bus 2010
Sichere Kontakte ermöglichten früher die Klemmen von Philips/Schuco.
Ähnliche Spiralklemmen guter Qualität bietet heute die Fa. Winkler
Schulbedarf, Pocking, an. Dort kann man auch zu den Klemmen passende
kleine Lochplatten bestellen. Da ich diese Materialien noch hatte,
wurden die Klemmen an den Knotenpunkten der Schaltung in die Lochplatte
gedrückt. An den Röhrensockel, die beiden Drehkos, die Litzen der
MW-Spule und die Buchse für den Piezo-Ohrhörer wurden passende
Drahtstücke gelötet und diese mit den Federklemmen verbunden.
An der Schaltung von H. Richter nahm ich folgende Änderungen vor: An
die Stelle des Trafos für die Röhrenheizung trat ein Batteriekasten mit
drei 1,5-Volt-Alkalizellen. Die beiden Flachbatterien für die
Anodenspannung wurden durch zwei 9-Volt-Blöcke ersetzt. Anstelle des
2000-Ohm-Kopfhörers wurde ein Piezo-Ohrhörer genutzt, der allerdings
einen parallel geschalteten Widerstand von ca. 4,7 K erfordert. Eine
Zimmerantenne von ca. 8 Meter Länge wurde kapazitiv über einen
Kondensator von 18 pF anstelle von 47 pF angekoppelt.
Die beiden Drehkos wurden jeweils auf einem Stück
Hartpapier-Lochrasterplatine befestigt und diese mit Hilfe von
1x1-Lochbügeln (Fa. Traudl Riess) und 4 mm-Zylinderkopfschrauben und
Muttern auf die Lochplatte geschraubt. Anstelle der Lochplatte von
Winkler kann man auch eine Loch-Hartfaserplatte aus dem Baumarkt mit
den Klemmen bestücken. Diese muss eine Stärke von 3 mm und 5
mm-Bohrungen im Abstand von 15 mm besitzen. Hartfaserlochplatten
sind als Zuschnitt erhältlich. Zwei Quadrat-Holzleisten kann man als
Abstandshalter unter das Lochplattenstück leimen. Diese Möglichkeit für
den Bau eines Chassis ist vielleicht für Elektronik-Projekte von
Schülergruppen interessant, die natürlich mit Transistoren arbeiten.
Röhrenschaltungen sind nur etwas für die Dampfradiofraktion.
Module mit Winkler-Klemmen, festgesteckt auf einem Lochplattenstück aus einem Baumarkt
Die Audionschaltung mit der EF98 und Rückkopplung über einen
Drehkondensator ergab einen überraschend lautstarken Empfang.
Erweiterungen durch einen NF-Verstärker für Lautsprecherwiedergabe und
Kurzwellenversuche sind leicht möglich. Sie wurden von B. Kainka
beschrieben: Mittelwellenempfang mit der EF98.
Audionaufbau mit EF98, vor Staub und Feuchtigkeit geschützt
siehe auch
Geschichte der Radio- und Elektronik-Experimentierkästen
Alte Experimentierkästen in neuer Funktion