Der Philbrick Phasenschieber und Oszillator  
Experimente mit dem Philbrick-Netzwerk  

von Peter Gerber, HB9BNI

Elektronik-Labor  Bastelecke  Projekte  Notizen

Bode-Plot

Ich habe auch den Phasenschieber alleine gewobbelt. Eingangsspannung 5V, Dimensionierung wie oben: 3 x 1nF, 3 x 1MOhm.

Blau = Eingang, 5.0 V. Die grün gepunktete Phase des Ausgangssignal schneidet die (schlecht etwas unter der durchgezogenen blauen Amplitude sichtbaren) blau gepunktete Linie (Phasenreferenz des Eingangs, rechte Skala bei 0 Grad) etwas oberhalb von 380 Hz. Man sieht gut auch die Spannungsüberhöhung, die bei ca 120 Hz maximal 0.54 V, also mehr als 10% der Eingangsspannung beträgt und bei der Schwingfrequenz noch 0.15 V = 3%.

Die obige Wobbelkurve lässt in meinem Gehirn allerdings auch deutlich „dunkelgelbe“ Warnlampen aufleuchten. Ab etwa 140 Hz entspricht der Amplitudenverlauf einem Tiefpass: die Amplitude fällt mit zunehmender Frequenz. Bei einem einfachen RC-Tiefpass ist das verbunden mit einer negativen Phasenverschiebung. Hier ist die Phasenverschiebung aber positiv (maximal 13 Grad), nimmt aber, wie bei einem RC-Tiefpass weiter ab, um bei gut 380 Hz NULL zu erreichen. Irgendwo muss in diesem Netzwerk auch ein Hochpass vorhanden sein, der ja prinzipiell eine positive Phasenverschiebung hat. Das Vorhandensein sowol eines Hoch- wie Tiefpasses macht natürlich Sinn. Philbrick will sowohl die hochfrequente Oszillation wie auch die tieffrequenten Teile des horizontalen Verlaufs des Spannungssprungs übertragen. Den Hochpass (bzw die Hochpasse) sehe ich natürlich, die C’s in Serie mit einem R nach Masse. Aber wo ist in diesem Netzwerk der Tiefpass?

 

Sprungantwort und Spannungsüberhöhung

Die Antwort des Phasenschiebers auf einen Sprung der Eingangsspannung (also auf einen Heaviside step, das Thema des Patentes von Philbrick) sieht ebenfalls interessant aus: (Dimensionierung wie oben, 3 x 1 MOhm, 3 x 1 nF)

Blau: Eingangsspannung, ein 10 Millisekunden langer Spannungssprung von 0 auf 5 V. Grün das Ausgangssignal. Man sieht, dass das grüne Signal nicht direkt zu fallen beginnt, sondern eine kurze Zeit „oben“ bleibt. Das ist der Effekt, den Philbrick patentiert hatte.

Aber man sieht auch, wie die Spannungsüberhöhung bei einem relativ kurzen Rechtecksignal zustande kommt: nach dem Abschalten des Spannungssprungs fällt die Ausgangsspannung auf negative Werte, und das obwohl keine negative Gleichspannungsquelle vorhanden ist. Die Amplitude des grünen Ausgangssignals beträgt etwa 9Vss, obwohl das Eingangssignal nur 5 V ss hat.

Gross ist der Effekt bei der Dimensionierung 3 x 1 MOhm, 3 x 1 nF allerdings nicht. Ich habe auch das 3-stufinge Netzwerk aus dem Patentantrag mit der Dimensionierung 10 nF, 20 nF, 50 nF und 3.3 MOhm, 1 MOhm, 500 kOhm gemessen und erhalte (Einganssignal von 5 V weggelassen, da es das Ausgangssignal überdeckt, Pulsdauer jetzt 100 ms!)

Verglichen mit einem einstufigen RC-Hochpass (20 nF, 1 MOhm, müsste eine 3 dB Grenzfrequenz von 8 Hz ergeben) ist aber ein Unterschied in der Kurvenform schon zu sehen. Philbricks Eingangsnetzwerk für einen KO zeigt eine deutlich „natürlichere“ Nachbildung des relativ langen Rechteckimpulses als der übliche Hochpass.

Intuitiv denke ich, dass bei einem mehrstufigen Netzwerk wie beim Philbrick-Netzwerk die Spannungsüberhöhung am besten funktioniert, wenn die Spannungsquelle einen möglichst geringen Innenwiderstand hat und am Eingang des Netzwerkes möglichst grosse Kondensatoren und möglichst kleine Widerstände liegen, damit möglichst rasch möglichst viel Energie ins Netzwerk gelangen. Am Ausgang sollten dann möglichst kleine Kondensatoren und möglichst grosse Widerstände liegen, was natürlich die Ausgangsimpedanz erhöht und einen hohen Eingangswiderstand des nachfolgenden Verstärkers erfordert, wenn man damit einen Oszillator bauen möchte.

Das kann man testen. Philbrick hat ja in seinem Patent empfohlen, für seine Zwecke (also für die möglichst naturgetreue Übertragung einer Sprungfunktion mit überlagerter höherfrequenter Schwingung) den Eingang des Netzwerkes mit hohen Widerständen und kleinen Kondensatoren auszustatten, den Ausgang umgekehrt, also gerade nicht wie die obige Intuition vermutet (die natürlich ein anderes Ziel hat, nämlich möglichst grosse Spannungsüberhöhung).

Grün ist die periodische Sprungantwort (100 ms on/100 ms off, blau) auf Philbrick’s Patentrezept

Spannung des Ausgangs 5.47 Vss bei Eingang 5 Vss. Der Ausgang hat natürlich nach genügend langem Vorlauf keinen Gleichspannungsanteil mehr. (Die gepunkteten weissen Linien sind die beiden Cursor, die an der gürnen Ausgangskurve die beiden Messtellen markieren)

Wenn ich die Reihenfolge der 3 Stufen umkehre, also zuerst kleine Widerstände und grosse Kondensatoren verwende (meine Intuition für grosse Spannungsüberhöhung), sieht die Sache so aus

Spannung des Ausgangs 7.14 Vss bei Eingang 5Vss. Die Spannungsüberhöhung ist also tatsächlich grösser, wenn am Eingang grosse Kondensatoren und kleine Widerstände liegen!

 

 CC BY-NC-ND

Teil 1: Philbrick Phasenschieber und Oszillator
Teil 2: Philbrick-Netzwerk als Phasenschieber
Teil 3: Experimente mit dem Philbrick-Netzwerk


Elektronik-Labor  Bastelecke  Projekte  Notizen