Der Chaos-Oszillator

von B. Kainka
ELO 2009 
Elektronik-Labor  Labortagebuch  ELO  

Dieser Versuch wurde durch das Doppelpendel inspiriert, das Richard Zierl in seinem Lernpaket Experimente für Kinder beschrieben hat. Unter einem Pendel hängt noch ein kleineres Pendel. Es entstehen chaotische Schwingungen. Es handelt sich nicht nur um zwei gekoppelte Pendel, sondern es treten auch nichtlineare Effekte auf. Ein Fadenpendel ist nämlich nur für kleine Auslenkungen in erster Näherung ein lineares System (Erinnerungen an den Physik-Kurs Klasse 11?). Es entstehen chaotische Schwingungen. Die kleinste Änderung in den Anfangsbedingungen führt zu einem völlig anderen Verlauf.

 

 

Der elektronische Chaos-Oszillator sollte möglichst das gleiche Verhalten zeigen wie das Doppelpendel. Der chaotische Aufbau auf dem Blechdeckel einer Kaffeedose ist schon mal ein guter Anfang, aber das allein reicht noch nicht. Um das Doppelpendel selbst nachzubilden gehe ich zunächst einmal von zwei Schwingkreisen aus. Ein Parallelschwingkreis mit tiefer Resonanzfrequenz ist direkt mit einem Serienschwingkreis mit höherer Resonanz verbunden. Dieses System ist in der Funktechnik bekannt. Es hat zwei Resonanzen, die weit auseinander liegen. Allerdings ist diese Schaltung ein streng lineares System, d.h. es verhält sich bei kleinen Amplituden exakt wie bei großen.

 


Damit es noch etwas chaotischer wird, ersetze ich die Schwingkreis-Kondensatoren durch 500-pF-Kapazitätsdioden 1SV149 . Weil die Spannung und damit die Kapazität sich im Verlauf jeder Schwingung ändert, wird das System nichtlinear. Das hat man früher zur Frequenzvervielfachung eingesetzt (Stichwort Varactor). Zugleich können nun beide Kreise unabhängig voneinander abgestimmt werden. Dazu kommt eine Oszillatorschaltung mit zwei PNP-Transistoren.

 

 

Wenn ich nun an beiden Potis abstimme, entsteht an den meisten Stellen nur eine Schwingung, wahlweise mit hoher oder niedriger Frequenz im Mittelwellenbereich. Bei ganz bestimmten Einstellungen aber beginnt das Chaos!

 

5

 

Ist das Chaos schon vollständig? Oder doch nur ein Oszillator mit zwei Frequenzen? Gegen das vollständige Chaos spricht, dass man noch ein so schönes Foto davon machen kann. Auch ein Retro-Radio auf Mittelwelle zeigt kein breites Rauschen sondern mehrere einzelne Signale, zwei kräftige bei ca. 550 kHz und 1600 kHz und dazu noch mindestens sechs schwächere Signale dazwischen. Möglicherweise treffen sich irgendwelche Oberwellen bei einer gemeinsamen Frequenz nach dem Muster x * f1 = y * f2. Das ergibt dann doch wieder ein periodisches Signal, aber es liegt schon nahe am echten Chaos!

 
 


Elektronik-Labor  Labortagebuch  ELO