Stereo-Power, MOSFET Klasse A


Kann man auch ohne Röhren Verstärker bauen, die genauso gut klingen wie ein altes Röhrenradio? Lange Versuche haben gezeigt, es geht! Und zwar mit Power-FETs in Klasse-A-Betrieb und zwei Röhrenradios als Lautsprecherboxen. Der hier gezeigte Verstärker wird ordentlich heiß, obwohl er auf einem großen Pentium-Kühlkörper aufgebaut wurde. Aber der Klang ist so gut, dass sogar eine Wasserkühlung gerechtfertigt wäre.

Was macht eigentlich das Besondere am Klang eines Röhrenradios aus? Da ist zunächst einmal das große Gehäuse, das hinten viele kleine Lüftungslöcher hat. Der große Lautsprecher bildet zusammen mit dem Ausgangsübertrager und dem Gehäuse ein wohl abgestimmtes Gesamtsystem. Man kann davon ausgehen, dass sich die Hersteller bei der Entwicklung viel Mühe gegeben haben. Das Gesamtsystem hat wohl keinen extrem glatten Frequenzgang, aber insgesamt eben einen sehr abgerundeten Klang.

Ein zweiter und ganz entscheidender Punkt ist, dass der Röhrenverstärker den Lautsprecher hochohmig ansteuert. Es wird also ein Strom gesteuert, während moderne Gegentakt-HiFi-Verstärker eine Spannung ausgeben und selbst einen sehr geringen Innenwiderstand haben. Dies erreicht man durch eine starke Gegenkopplung. Der alte Röhrenverstärker arbeitet dagegen ohne Gegenkopplung. Das bedeutet, dass Eigenresonanzen des Lautsprechersystems nicht elektrisch gedämpft werden. Im Ergebnis ist der Frequenzgang zwar messtechnisch weniger ideal, der Klang aber deutlich wärmer. Aber braucht man dafür eine Röhre? Nicht unbedingt, ein FET kann das genauso. Daher kam die Idee, einen einfachen Klasse-A-Verstärker mit einem Power-FET direkt am Ausgang anzuschließen. Entsprechend dem Übertrager-Wicklungsverhältnis braucht man sekundär weniger Betriebsspannung, dafür aber mehr Strom. Der größte Teil des Drainstroms fließt durch den Trafo, sodass der Lautsprecher kaum mit Gleichstrom belastet wird. Dass an der Primärseite des Trafos eine größere NF-Spannung erscheint, spielt hier keine Rolle, solange die Kathode der EL84 kalt bleibt. Das bedeutet, man dann das Radio ohne zusätzliche Umschaltung entweder als Röhrenradio oder als Lautsprecherbox betreiben.

Die Schaltung zeigt die beiden Trimmer zur Einstellung der Gate-Vorspannung. Für jeden Transistor getrennt wird der gewünschte Drainstrom eingestellt. Ein Elko sorgt für ein weiches Hochfahren der Gatespannung, sodass wie bei einem Röhrenverstärker kein Einschaltknack zu hören ist. Wichtig sind auch die Serienwiderstände am Eingang, weil der Verstärker sonst zu wilden HF-Schwingungen neigt. Für die ersten Versuche standen leider keine gleichen Transistoren zur Verfügung, es wurden daher unterschiedliche Transistoren (BUZ71 und IRF244) verwendet, was zu ungleicher Verstärkung führte. Der Klang war aber trotzdem schon sehr ermutigend. Dann ging zufällig eine Energiesparlampe kaputt. Natürlich musste ich sie routinemäßig zerlegen (was sonst!) und fand zu meiner großen Freude zwei Leistungs-FETs des mir unbekannten Typs K2N52. Es muss sich um spannungsfeste FETs bis ca. 600 V handeln, wobei der Strom eher bescheiden sein darf. Tatsächlich wurde ein ON-Widerstand um 5 Ohm und ein maximaler Strom von ca. 1 A gemessen. Die Steilheit ist geringer als bei einem BUZ10 oder BUZ71, aber mit einem Ruhestrom von 400 mA ergab sich ein guter Kompromiss zwischen maximaler Lautstärke und Wärmeentwicklung.

Ohne Schrott im Haus
kommt der Erfinder nicht aus.
(Dietrich Drahtlos)

Weil ich kein Röhrenradio wegwerfen kann, stehen sowieso überall welche rum, manche funktionieren gut, manche warten noch auf ihre Restaurierung und andere sind derzeit völlig still. Aber als Lautsprecherbox funktioniert ein Radio auch dann noch, wenn röhrentechnisch gesehen schon alles zu spät ist. Übrigens müssen die Radios beider Kanäle nicht unbedingt vom selben Typ sein. Bei mir ist der linke Kanal ein Siemens-Super H64, der rechte ein Grundig-Zauberklang 2065.

Der Klang ist nach meinem subjektiven Eindruck nicht nur ebenso gut wie bei Röhrenradios, sondern sogar noch etwas besser. Wie das sein kann? Der leicht gekrümmten Kennlinie einer Pentode sagt man nach, dass sie mit ihren unvermeidlichen Verzerrungen eine Anreicherung an ungeraden Harmonischen bewirkt, die vom Hörer als besonders angenehm empfunden werden. Vergleicht man die Röhrenkennlinie mit der eines Power-FET, dann fällt sofort die große Ähnlichkeit auf. Allerdings muss man bei größeren Transistoren das Gebiet relativ kleiner Ströme genauer betrachten. Dort ist die Krümmung stärker, die Kennlinie ähnelt hier eher einer Triode als eine Pentode. Das bedeutet, dass man bereits bei kleinerer Lautstärke in den Genuss des vollen Röhrenklangs kommt.