In dieser Schaltung von
Burkhard Kainka
arbeiten erstmals in dieser Versuchsreihe zwei Transistoren
zusammen. Bei Schließen von S1 fließt Strom über die
Basis-Emitter-Strecke von T1. Der Transistor schaltet durch, sein
Kollektorstrom fließt durch die LED1 (grün), die LED leuchtet. Der
Emitterstrom von T1 erzeugt an R2 (Emitterwiderstand)
einen Spannungsabfall. Über die Emitterstrecke T1 - Basis T2 fließt
Strom, T2
schaltet durch, sein Kollektorstrom fließt durch die LED2 (rot), die
LED
leuchtet. Schließt man zusätzlich S2, so wird die
Basis-Emitterstrecke von T1 kurzgeschlossen. T1 sperrt da kein
Basisstrom mehr
fließt. Damit fließt auch kein Emitterstrom mehr durch R2, an R2 findet
kein
Spannungsabfall statt, T2 sperrt da ohne Basisstrom. Keine der LEDs
leuchtet. Würde man in dieser Schaltung den Emitterwiderstand
R2 weglassen, würde der Emitterstrom von T1 direkt nach Masse
abfließen. Die
Basis von T2 würde gemeinsam mit dem Emitter von T1 auf Massepotential
liegen, damit
liegt keine Spannung an der Basis von T2 an, T2 sperrt.
Eine Handberechnung gestaltet sich durch die
Zusammenschaltung der beiden Transistoren für den Praktiker bereits relativ anspruchsvoll,
soll aber dennoch versucht werden. Es handelt sich bei den im Anschluss
durchgeführten Berechnungen lediglich um eine Näherung, die anhand der Werte
der anschließenden Schaltungssimulation und Messung überprüft wird.
Basistrom
T1
Der Basisstrom von T1 fließt vom Pluspol
der Spannungsquelle über R1, weiter über die Basis-Emitter-Strecke von T1,
welche sich auf die Strecke Emitterwiderstand R2 – Masse sowie die Basis-Emitter-Strecke
von T2 nach Masse aufteilt. Der Spannungsabfall an R2 ist unbekannt. Somit kann
der Basisstrom von T1 (Reihenschaltung R1 – Basis-Emitterstrecke T1 nach R2 und
T2) nicht berechnet werden. Das gilt auch für den Basisstrom von T2.
Bei voller Durchschaltung fallen an der
Kollektor-Emitter-Strecke von T1 geschätzt ca. 0,1 Volt ab. Der Spannungsabfall
an der LED1 (grün) beträgt geschätzt ca. 1,7 V.
Berechnung des maximalen Kollektorstroms T1 mit der Formel für den Vorwiderstand
einer LED:
RV = (UE – UF)
/ IC T1 max
3,2 kOhm = (9,0 V – 1,7 V – 0,1 V) / IC
T1 max
IC T1 max = 7,2 V / 3,2 kOhm
IC T1 max = 2,25 mA
Berechnung des maximalen Spannungsabfalls an R2 durch Einsetzen von IC T1 max:
U = R * 1
UR2 max = R2 * ICT1 max
UR2 max = 1 kOhm * 0,00225 A
UR2 max = 2,25 V
Berechnung des Basisstroms T1:
I = U / R
IB T1= (9,0 V – 0,7 V – 2,25 V)
/ 28 kOhm
IB T1 = 6,05 V / 28 kOhm
IB T1 ~ 216 uA
Das Kennlinienfeld zum Transistor BC547C
zeigt, dass bei einer Widerstandsgeraden 2,25 mA : 9 V ein Basisstrom von ~ 200
uA den Transistor auf jeden Fall voll durchschaltet:
Für UBE
T2 ergibt sich
UR2 max = UBE T2 = 2,25 V
Bei dieser – relativ hohen - Basisspannung
sollte T2 ebenfalls voll durchschalten.
Belasteter
Spannungsteiler – neue Näherungen für IB T1 und UBE T2
Mit dieser Näherungsberechnung bleibt
jedoch der belastete Spannungsteiler, gebildet aus T1, R2 und T2
unberücksichtigt. Je mehr Strom über die Basis-Emitter-Strecke von T2 fließt,
desto weniger Spannung fällt an R2 ab. Bei UR2 max = 2,25 V und UBE
T2 = 0,7 V ist zu erwarten, dass der größere Teil von IC T1
über die Basis-Emitter-Strecke von T2 abfließen wird. Damit verringert sich der
Spannungsabfall an R2 was wiederum IB T2 senkt.
Bei einem - aufgrund dieser Überlegung - neu geschätzten UR2 neu = 1 V ergibt
sich als neue Näherung
für IB T1:
I = U / R
IB T1 neu = (9,0 V – 0,7 V – 1,0
V) / 28 kOhm
IB T1 neu = 7,3 V / 28 kOhm
IB T1 neu ~ 261 uA
IB T1 neu ist demnach also um 45
uA höher als das vorherige IB T1. Das macht bez. Durchschalten des
Transistors keinen Unterschied, s. Kennlinienfeld. Bei beiden Basisströmen
schaltet T1 voll durch.
Für UBE
T2 ergibt sich neu:
UR2 max neu = UBE T2 neu = 1,0 V
Auch bei dieser Basis-Emitterspannung ist
davon auszugehen, dass T2 voll durchschaltet.
Berechnung
maximaler Kollektorstrom T2
Bei voller Durchschaltung fallen an der
Kollektor-Emitter-Strecke von T2 geschätzt ca. 0,1 Volt ab. Der Spannungabfall
an LED2 (rot) wird mit 1,6 V angenommen.
RV = (UE – UF)
/ ILED
2,2 kOhm = (9,0 V - 1,6 V – 0,1 V) / IC
T2 max
IC T2 max = 7,3 V / 2,2 kOhm
IC T2 max ~ 3,32 mA
2 x Transistor BC547C
Für die Simulation angenommen: B = 500
Schalter 1 = geschlossen
Schalter 2 = offen
2 x Transistor BC547C
Für die Simulation angenommen: B = 500
Schalter 1 = geschlossen
Schalter 2 = geschlossen
Durch das Kurzschließen der
Basis-Emitter-Strecke T1 schalten beide Transistoren nicht durch, keine der
beiden LEDs leuchtet. Die Eingangsspannung fällt vollständig an R1 ab.
Schalter 1 = geschlossen
Schalter 2 = offen
Schalter 1 = geschlossen
Schalter 2 = geschlossen
Spannungen
|
Berechnung/ |
Simulation (V) |
Messung (V) |
UCE T1 |
0,10 |
0,07 |
0,03 |
UCE T2 |
0,10 |
0,04 |
0,01 |
UBE T1 |
0,70 |
0,75 |
0,69 |
UBE T2 |
1,00 |
0,78 |
0,76 |
ULED1 |
1,70 |
1,80 |
1,94 |
ULED2 |
1,60 |
1,63 |
1,88 |
UR2 |
1,00 |
0,78 |
0,76 |
UR3 |
- |
6,35 |
6,18 |
UR4 |
- |
7,33 |
7,02 |
Ströme
|
Berechnung (mA) |
Simulation (mA) |
Messung (mA) |
IC T1 max |
2,25 |
2,89 |
2,81* |
IC T2 max |
3,32 |
3,33 |
3,19+ |
IB T1 |
0,26 |
0,28 |
- |
IB T2 |
- |
2,38 |
2,32 |
Messung Basisstrom Transistor T2
Für die Handberechnung/Schätzung der Werte
dieser Schaltung war schon einiger Denk- und Rechenaufwand nötig. Die Ergebnisse
von Berechnung/Schätzung, Simulation und Messung stimmen insgesamt gut überein.
Allerdings bestanden Unsicherheiten bei der Schätzung der Auswirkung des
belasteten Spannungsteilers. Da ich es leider verabsäumt hatte, den
Spannungsabfall an R1 zu messen, konnte ich den Basisstrom für T1 auf Basis
dieser Messung nicht errechnen (I = U/R).
Dennoch stellt sich die Frage, ob man angesichts
des Aufwands die Handberechnung bzw. Schätzung nicht auslassen kann und besser
gleich den Schaltungssimulator startet.
Das würde für eine bereits fertig dimensionierte
Schaltung wie die vorliegende sicher mehr Sinn machen. Steht man aber vor der
Aufgabe, eine Schaltung neu zu entwickeln und ihre Bauteile zu dimensionieren,
braucht man für den Schaltungssimulator sinnvolle Startwerte. Ansonsten müsste
man jedes simulierte Bauteil auf gut Glück einstellen und die Schaltung dann
über Änderungen der Werte hintrimmen. Das kann nicht Sinn der Sache sein, und
so lohnt es sich, eine Handberechnung -oder zumindest eine Schätzung der Werte -
für jede Schaltung durchzuführen, die man aufbauen möchte oder für die man sich
interessiert. Das kommt auch der eigenen Erfahrung zugute und man entwickelt
ein Gefühl dafür, ob man noch „im grünen oder bereits weniger grünen Bereich“
der Realität liegt. Was natürlich erst durch eine endgültige Messung der
Schaltung am Steckbrett festgestellt werden kann.
Schaltungssimulation –
Literaturempfehlung
Ich bin bei dieser Gelegenheit auch der
Frage nachgegangen, wie Schaltungssimulatoren arbeiten. Kurz gesagt: unter der
Anwendung der Gesetze von Kirchhoff, Ohm und numerischer Verfahren zur
Berechnung nichtlinearer Schaltungen (für die das Ohm’sche Gesetz nicht gilt).
Das ist das Gebiet der fortgeschrittenen Mathematik mit Gleichungen, Funktionen
und Ableitungen, das im Verbund mit der hohen Rechenleistung aktueller Computer
(PC, Mac, Smartphones) die Simulation auch komplexer Schaltungen in nahezu
Echtzeit ermöglicht. Damit wird die Analyse auch umfangreicher Schaltungen
möglich.
Eine sehr gute
Übersicht und Einführung zu diesem Thema – auch für interessierte Laien
verständlich - bietet das Buch „Analyse linearer und nichtlinearer elektrischer Schaltungen: Ein
Kompendium“ von Prof. Andreas
Gräßer.
Der Autor beschreibt,
nach einer Einführung in die Grundlagen der Schaltungsanalyse, die Unterschiede
zwischen linearen und nichtlinearen Schaltungen und erläutert die verschiedenen
Methoden zur Berechnung für Gleich- und Wechselspannungen. Gezeigt wird unter
anderem, wie mit der Schnittpunktmethode - auch ohne Schaltungssimulator – die
Werte einer einfachen nichtlinearen Schaltung (zB LED mit Vorwiderständen)
grafisch ermittelt werden können. Ein „Crash course“ stellt PSpice, einen der
bekanntesten Schaltungssimulatoren, anhand praktischer Beispiele vor.
Das Buch ist sehr
übersichtlich gestaltet und eignet sich, auch aufgrund seiner klaren Sprache
und bildhaften Veranschaulichung komplizierter Sachverhalte, hervorragend für
das Selbststudium. Auch wenn man nicht (mehr) über fortgeschrittene Mathematikkenntnisse
verfügt, erhält man damit zumindest einen Eindruck, wie Schaltungssimulatoren
arbeiten und was alles an Rechenarbeit „dahintersteckt“. Das hilft nicht
zuletzt beim Einordnen und Bewerten der Ergebnisse einer Schaltungssimulation.
_____
* IC T1
max = UR3 / R3 = 6,18 V / 2,2 kOhm ~ 2,81 mA
+ IC T2
max = UR4 / R4 = 7,02 V / 2,2 kOhm ~ 3,19 mA
(Kommentar B.K: In der Praxis wird oft mehr
geschätzt als gerechnet. Die Überschlagsrechnung zeigt, dass beide Transistoren
ganz oder gar nicht schalten: Verhältnis der Widerstände an T1 ist 27 k zu ca.
2,2 k, ca. Faktor 10, also viel kleiner als die Strombestärkung, damit schaltet der
Transistor voll durch. Die Basis von T2 begrenzt die Emitterspannung von T1 auf
0,7 V, durch den Emitterwiderstand fließt der kleinere Strom, 0,7 mA. T2
ist auf jeden Fall voll durchgeschaltet, weil fast der volle Kollektorstrom von
T1 durch die Basis fließt. Das bedeutet, dass eine genauere Rechnung nicht mehr
nötig ist. Änderungen der Widerstände zwischen -80% und +100% würden sich kaum
auswirken.
Dass die CE-Restspannung bei T2 kleiner ist
als bei T1, hätte ich auch geschätzt. Aber die genau gemessenen Werte sind sehr
interessant. Und interessant ist auch, dass die Simulation in dem Punkt relativ
stark daneben liegt. Dafür gibt es nämlich keine richtige Formel, und jeder
Transistor ist etwas anders.)