4.1 Laden und entladen

von Andreas Thaler

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Laden


Entladen

 


 

In diesem Versuch aus der Reihe „Grundschaltungen der Elektronik“ von Burkhardt Kainka wird gezeigt, dass ein Kondensator Ladung aufnehmen und abgeben kann. Mit der aufgenommenen Ladung soll der Kondensator eine grüne LED zum Aufleuchten bringen. Dazu wird für den Versuchsaufbau auf dem Steckbrett ein metallisierter Polyester-Kondensator (10 uF, Folie, ungepolt) verwendet. Auf der Platine im Lernpaket sind keramische Vielschicht-Kondensatoren. Der Kondensator wird über einen 27-Kiloohm-Widerstand geladen. Das bedeutet, dass die Aufladung nicht im Augenblick – als Kurzschluss -, sondern zeitverzögert erfolgt. Die Entladung geschieht über eine Reihenschaltung aus LED und 2,2-Kiloohm-Widerstand. Über Schalter S1 wird der Kondensator geladen, über S2 entladen.

 


Berechnung Ladung und Entladung

 

Die Ladezeit eines Kondensators hängt von seiner Kapazität sowie von seinem vorgeschalteten Widerstand ab. Die Zeitkonstante Tau in Sekunden gibt an, wie schnell die Spannung am Kondensator ansteigt. Nach Tau = 5 (jeweils fünf gleiche Zeitintervalle) ist ein Kondensator zu nahezu 100 Prozent aufgeladen, bei Tau = 1 zu 63 Prozent. Das bedeutet, dass der Kondensator zu Beginn rasch lädt und dann zunehmend langsamer. Umgekehrt gilt dasselbe für die Entladung – schnelle Spannungsverminderung zu Beginn, dann immer langsamer. Ladung und Entladung folgen Exponentialfunktionen, die zugehörige Spannungs-/Zeit-Kurven verlaufen daher nicht linear, das erklärt das beschriebene Lade- und Entladeverhalten.

 

Berechnung der Ladekurve

Das folgende Bild zeigt die Eingabemaske zur Berechnung der Ladekurve eines Kondensators in Electronics Engineering ToolKIT PRO, eine App für Elektronik (iOS).

 

 

Eingegeben werden die Werte für Vorwiderstand (Volt), Kapazität (Farad) und Ladespannung (Volt). Daraus errechnet die App fünf Wertepaare Kondensatorspannung in Volt/Tau in Sekunden und zeigt damit an, nach welchem Zeitintervall welche Aufladung erreicht ist. Unter dem Diagramm wird die für die Berechnung zugrundeliegende Formel für die Ladung eines Kondensators angezeigt:


U = Kondensatorspannung (Volt)

U0 = Ladespannung (Volt)

e = Eulersche Zahl

t = Zeit (Sekunden)

R = Widerstand (Ohm)

C = Kapazität des Kondensators (Farad)

Aus der Formel wird ersichtlich, dass eine Handberechnung zeitaufwändig/umständlich ist und daher – ohne schlechtes Gewissen ;-) an die Software delegiert wird.

 

Entladekurve

Dieses Bild zeigt die Entladekurve, die genau entgegengesetzt zur Ladekurve verläuft. Die Tau-Zeitintervalle bleiben gleich, beziehen sich jetzt aber auf die abnehmende Kondensatorspannung.


 

 

Allerdings kann die Entladekurve der vorliegenden Schaltung nicht mit diesem Tool berechnet werden, da die Reihenschaltung für die Entladung aus einem linearen Widerstand und einer nichtlinearen LED besteht.

Ein Wert für einen Ersatzwiderstand zur Eingabe in das Tool kann aus diesen beiden Bauteilen (nach dem Ohm’schen Gesetz) nicht gebildet werden. Daher wird das Entladeverhalten im Schaltungssimulator EveryCircuit untersucht.

 

Ladung Q

Die Ladung Q eines Kondensators in Coulomb kann nach der Formel

Q = C * U

berechnet werden.

C = Kapazität des Kondensators in Farad

U = Ladespannung in Volt

 

Für die vorliegende Schaltung ergibt sich:

C = 10 uF

U = 9 V

Q = (10*10-6 F)*(9*100 V)

Q = 90*10-6 C = 90 uC (90 Mikrocoulomb, das entspricht einem Strom von 90 uA, der eine Sekunde lang fließt)

 

Dieser Strom von 90 uA fließt allerdings nicht eine Sekunde lang gleichmäßig durch die LED, sondern exponentiell abnehmend, wobei die Entladung des Kondensators zu Beginn am größten ist. Daher ist weniger mit einem Leuchten als mit einem Aufblitzen der LED zu rechnen.

 

 


 

Schaltungssimulation in EveryCircuit

 

Das folgende Bild zeigt die Ladekurve des Kondensators.

S1 ist geschlossen, S2 geöffnet. Die Kondensatorspannung steigt exponentiell bis zur Ladespannung an. Nach vollständiger Ladung leitet der Kondensator Gleichstrom nicht mehr und sperrt.

 

 

 

Nun wird S1 geöffnet und S2 geschlossen. Der Kondensator entlädt über die LED und den Vorwiderstand, wobei die Spannung – und damit der Strom – zu Beginn rasch kleiner wird. Die violette Kurve zeigt den Verlauf des Spannungsabfalls an der LED, die grüne Kurve den Verlauf am Vorwiderstand. Die LED leuchtet in der Simulation schwach auf. Hier wird deutlich, dass die Kennlinie einer LED ebenfalls exponentiell verläuft. Der Verlauf des Spannungsabfalls nach Absinken unter den Schwellspannungs-Punkt erfolgt zunehmend flacher, da sich der Diodenwiderstand erhöht. Ein immer kleinerer Strom fließt somit aus dem Kondensator durch die LED, deren Widerstand zunehmend größer wird, beide Phänomene „halten die Kurve flach“. Der Spannungsabfall am Vorwiderstand entspricht hingegen der Entladekurve des Kondensators, die auch in der App (siehe Bild oben) zu sehen ist. Die Spannung fällt exponentiell - und schneller als an der LED - auf 0 Volt.


 

 

Aufbau der Schaltung am Steckbrett

 

Zum Einsatz kommt wieder das Experimentier-Steckboard EXSB1 von ELV das oft benötigte Bauteile und Anschlüsse außerhalb des Steckbretts bereithält und damit Platz spart. S1 und S2 werden über die Schalter S3 und S4 unterhalb des Steckbretts realisiert. Nach Aufladen des Kondensators über S1 und Öffnen von S2 leuchtet die grüne LED kurz auf (leider nicht im Foto sichtbar).

 

 

 

 

 

 

Das Experimentier-Steckboard EXSB1 in der Gesamtsicht

Links oben der Bereich für den Spannungseingang, links darunter die Schaltung für einen Rechteckgenerator. Am unteren Rand Massepunkte, Trimmer, Schiebeschalter, Taster, rechts oben Cinch- und BNC-Buchse, LEDs zur freien Beschaltung, Klemmbrücken sowie Messpunkte.

 

 

 

 

Messungen mit dem Oszilloskop

 

Die Anzeige von Spannungsverläufen über Zeit ist die Domäne des Oszilloskops. Während das klassische Multimeter Augenblickswerte angibt, werden mit dem Oszilloskop Veränderungen im Spannungsverlauf sichtbar. Zum Einsatz kommt das kleine Digital-Oszilloskop DSO138, das mit einem Kaufpreis von unter 50 Euro zu den preisgünstigsten Modellen zählt. Nichtsdestotrotz bietet es alle für die anstehende Aufgabe benötigten Funktionen und es macht zudem Spaß, mit dem Gerät zu arbeiten. Das erste Bild zeigt den exponentiellen Spannungsverlauf bei Ladung und Entladung des Kondensators. Auf der Y-Achse (vertikal) wird die Spannung angezeigt, auf der X-Achse (horizontal) die Zeit in Sekunden. Das Oszilloskop ist so eingestellt, dass ein Kästchen des Gitters 5 Volt/2 Sekunden entspricht. Da der Polyester-Kondensator in Blockform direkt auf dem Steckbrett aufliegt, ist ein Spannungsabgriff mit Klemmfedern nicht möglich. Es wird daher die Spannung am Ausgang von R1 und an Masse abgenommen, dazwischen liegt C1, an dem die Spannung abfällt. Nach Schließen von S1 (S2 offen) lädt der Kondensator auf bis die Ladespannung von 9 Volt erreicht ist. Es fließt kein weiterer Strom mehr durch den Kondensator, die anliegende Ladespannung bleibt konstant bis S1 geöffnet wird. Nun fällt die Kurve leicht ab, da der Kondensator über das Oszilloskop mit seinem Innenwiderstand von 1 Megaohm entlädt. S2 wird geschlossen, die Entladung erfolgt exponentiell über die LED und den Vorwiderstand bis nahe 0 Volt.

 

 


 

Die Spannungsverminderung an R2 zeigt den abnehmenden LED-Strom während der Entladung (Anzeige: 0,2 Volt/0,2 Sekunden).

 

 

Grund dafür ist der nichtlineare Spannungsverlauf an der LED. Nach Unterschreitung ihres Schwellenpunktes sperrt die LED zunehmend, wodurch der Spannungsabfall an ihr nur langsam kleiner wird. Da die LED in Reihe mit dem Widerstand liegt und einen zunehmend größeren Widerstand aufweist, fällt die Restspannung mehr und mehr an ihr ab. Dadurch geht die Spannung an R2 - früher als bei der LED - auf Null.

 

 

Abnahme der Spannung an R2 mit zwei Federklemmen.

Die orangefarbene LED rechts gehört nicht zur Schaltung und zeigt an, dass Spannung am Bus des Steckbretts anliegt (freie Beschaltung).

 


Fazit

 

Auch diesmal stimmen Schaltungssimulation und Messung am Steckbrett gut miteinander überein. Es konnte gezeigt werden, dass die Ladung und Entladung des Kondensators nicht gleichförmig, sondern entlang exponentiell verlaufenden Kurven erfolgt. Der größte Strom fließt zu Beginn der Entladung, die LED blitzt auf. Das kleine Digital-Oszilloskop DSO138 hat sich bewährt und kommt insbesondere einem schmalen Hobby-Budget entgegen. Da es nur über grundlegende Funktionen verfügt, ist es ein ideales Einstiegsgerät, das zu Beginn nicht mit Funktionsvielfalt überfordert. Mit dem Kondensator als Bauteil können in einer Gleichspannungs-Schaltung periodische Spannungsänderungen erzeugt werden. Damit lassen sich, zusammen mit anderen Bauteilen, zeitabhängige Schaltungen realisieren, wie zB Dimmer-Schaltungen oder Kippstufen. Aber auch für kreative Bastler bieten sich interessante Möglichkeiten, wie die weiteren Kondensator-Schaltungen von Burkhardt Kainka zeigen, die hier noch besprochen werden.