Burkhard Kainka:
Die vorige Schaltung hatte bereits einen
mittleren Arbeitspunkt, der aber immer noch von
der Stromverstärkung des Transistors abhängig war. Bei einer solchen
Schaltung
muss man immer mit Abweichungen rechnen und beachten, wie weit das für
die
Aufgabe relevant ist.
Diese
Schaltung ist fast völlig unabhängig von den Daten des Transistors und
wird im
Bereich der Stromverstärkung von 100 bis 800 gleich gut arbeiten. Dafür
sorgt
eine Gegenkopplung, die auf dem Spannungsabfall am Emitterwiderstand
beruht. Die Spannung an der Basis wird durch einen
Spannungsteiler
festgelegt. Die Emitterspannung stellt sich dann von selbst so ein,
dass eine
Basis-Emitter-Spannung von etwa 0,6 V herrscht. In diesem Fall
kann man
eine Basis-Spannung von 2,6 V berechnen. Daraus ergeben sich eine
Emitterspannung
von 2 V und ein Kollektorstrom von 2 mA.
Durch Einsetzen des
Emitterwiderstandes R5 wird
die Reihenschaltung R1 - Basis-Emitterstrecke T1 erweitert. Da durch
den
Emitterwiderstand auch der Kollektorstrom von T1 fließt, wirken sich
Änderungen
des Kollektorstroms als Änderung des Spannungsabfalls an R5 aus.
Dadurch werden
auch die Spannungsabfälle an R1 und der Basis-Emitterstrecke T1
beeinflusst. Fließt mehr Kollektorstrom, fällt auch mehr
Spannung an R5 ab. Das wiederum verkleinert die Spannungsabfälle an R1
und der
Basis-Emitterstrecke von T1. Dadurch fließt weniger Basisstrom und die
Kollektor-Emitterstrecke von T1 weist einen höheren Widerstand auf –
der
Kollektorstrom verringert sich.
Bei weniger Kollektorstrom fällt weniger Spannung an R5 ab, dadurch erhöhen sich die Spannungsabfälle an R1 und der Basis-Emitterstrecke T1. Als Resultat fließt mehr Basisstrom und die Kollektor-Emitterstrecke von T1 verringert ihren Widerstand – der Kollektorstrom erhöht sich. Durch dieses Zusammenspiel der Bauteile und Spannungsabfälle stellt sich von selbst ein mittlerer Kollektorstrom ein.
Stabilisierung
des Kollektorstromes bei Temperaturänderungen
Diese Transistorschaltung mit
Emitterwiderstand wird zum Beispiel zur Stabilisierung des
Kollektorstroms bei
wechselnden Umgebungstemperaturen eingesetzt. Erhöht sich die
Temperatur des
Transistors, wird seine Verstärkung B größer, damit erhöht sich auch
der
Kollektorstrom. Das kann bei einer Verstärkerschaltung den
Arbeitspunkt verändern mit gegebenenfalls unerwünschten Effekten. Der
Arbeitspunkt liegt dann unter Umständen nicht mehr im Bereich der
nahezu linear
verlaufenden Basisstrom-Kennlinien im Ausgangskennlinienfeld. Damit
erfolgt die
Verstärkung des Eingangsignales nicht mehr 1 : 1, was im Bereich der
hörbaren
Frequenzen zu Verzerrungen führen kann.
Durch die Selbstregulierung des
Kollektorstromes über den Emitterwiderstand werden diese
temperaturbedingten Abweichungen
in einem bestimmten Bereich ausgeglichen.
Auf
den Spuren von R3 …
Interessant an der oben gezeigten Schaltung ist auch der dreigliedrige Basis-Spannungsteiler, gebildet aus R1, R2 und R3. Üblich sind Basis-Spannungsteiler mit zwei Widerständen. Welche Funktion hat R3? Wurde der Widerstand lediglich deshalb gewählt, um zusammen mit R2 den Wert von 11 Kiloohm zu ergeben? Oder wäre es denkbar, dass R3 eine kompensierende Wirkung hat, wie das bei auch bei R5 der Fall ist? Ein – in dieser Schaltung – eingesetzter Kohleschichtwiderstand erhöht bei steigender Temperatur seinen Widerstandswert. Wäre es möglich, dass R3 zur Kompensation eingesetzt wird? Aber wie läuft dieser Vorgang ab?
Dazu Burkhard Kainka:
Die Stabilisierung
muss man sich so vorstellen: Der Basis-Spannungsteiler ist relativ
niederohmig mit einem Querstrom von ca. 300 µA. Deshalb kann der kleine
Basisstrom von 3 µA die Spannung an der Basis kaum beeinflussen. Der
stabilisierte
Strom hängt dann vom Emitterwiderstand ab. Ie = (Ub-0,6V)/Re
Wenn nun irgendetwas
den Emitterstrom ändern will, ändert sich der Spannungsabfall an Re und
das
führt zu einer Änderung der Basis-Emitterspannung. Da führt aber jede
kleine
Änderung wegen der steilen Kennlinie schon zu einer großen Änderung des
Kollektorstroms. Das regelt die Stromänderung aus. In der Simulation
könnte man es gut sehen, wenn man den Emitterwiderstand ändert. Das
ändert dann den Kollektorstrom, aber die Basisspannung bleibt fast
gleich. Und man kann die Last am Kollektor ändern, was den Strom kaum
ändert, solange der Transistor nicht in die Sättigung geht, also noch
genügend Spannung zwischen Kollektor und Emitter steht.
R3 lag übrigens eher zufällig im Weg der Jumper-Verbindungen. Der Spannungsteiler hat jetzt 27 k zu 11k. Mit 27 k zu 10 k wäre es genauso gut gegangen, dann wäre der stabilisierte Strom geringfügig kleiner. Der Kollektorwiderstand R4 braucht man übrigens auch nicht, aber ohne die 2,2 k bekomme ich die LED auf der Jumperplatine nicht zu fassen. Wenn man ihn überbrückt, ändert sich der Kollektorstrom nicht, wie es sich für eine Stabilisierungsschaltung gehört.
Das
Thema ist tatsächlich nicht ganz einfach.