6.2 Arbeitspunkt-Stabilisierung

von Andreas Thaler

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Beschreibung der Schaltung

 

Burkhard Kainka:

Die vorige Schaltung hatte bereits einen mittleren Arbeitspunkt, der aber immer noch von der Stromverstärkung des Transistors abhängig war. Bei einer solchen Schaltung muss man immer mit Abweichungen rechnen und beachten, wie weit das für die Aufgabe relevant ist.

Diese Schaltung ist fast völlig unabhängig von den Daten des Transistors und wird im Bereich der Stromverstärkung von 100 bis 800 gleich gut arbeiten. Dafür sorgt eine Gegenkopplung, die auf dem Spannungsabfall am Emitterwiderstand beruht.  Die Spannung an der Basis wird durch einen Spannungsteiler festgelegt. Die Emitterspannung stellt sich dann von selbst so ein, dass eine Basis-Emitter-Spannung von etwa 0,6 V herrscht. In diesem Fall kann man eine Basis-Spannung von 2,6 V berechnen. Daraus ergeben sich eine Emitterspannung von 2 V und ein Kollektorstrom von 2 mA.

 

 

Schaltungssimulation mit EveryCircuit

 


Durch Einsetzen des Emitterwiderstandes R5 wird die Reihenschaltung R1 - Basis-Emitterstrecke T1 erweitert. Da durch den Emitterwiderstand auch der Kollektorstrom von T1 fließt, wirken sich Änderungen des Kollektorstroms als Änderung des Spannungsabfalls an R5 aus. Dadurch werden auch die Spannungsabfälle an R1 und der Basis-Emitterstrecke T1 beeinflusst. Fließt mehr Kollektorstrom, fällt auch mehr Spannung an R5 ab. Das wiederum verkleinert die Spannungsabfälle an R1 und der Basis-Emitterstrecke von T1. Dadurch fließt weniger Basisstrom und die Kollektor-Emitterstrecke von T1 weist einen höheren Widerstand auf – der Kollektorstrom verringert sich.

Bei weniger Kollektorstrom fällt weniger Spannung an R5 ab, dadurch erhöhen sich die Spannungsabfälle an R1 und der Basis-Emitterstrecke T1. Als Resultat fließt mehr Basisstrom und die Kollektor-Emitterstrecke von T1 verringert ihren Widerstand – der Kollektorstrom erhöht sich. Durch dieses Zusammenspiel der Bauteile und Spannungsabfälle stellt sich von selbst ein mittlerer Kollektorstrom ein.


Stabilisierung des Kollektorstromes bei Temperaturänderungen

Diese Transistorschaltung mit Emitterwiderstand wird zum Beispiel zur Stabilisierung des Kollektorstroms bei wechselnden Umgebungstemperaturen eingesetzt. Erhöht sich die Temperatur des Transistors, wird seine Verstärkung B größer, damit erhöht sich auch der Kollektorstrom. Das kann bei einer Verstärkerschaltung den Arbeitspunkt verändern mit gegebenenfalls unerwünschten Effekten. Der Arbeitspunkt liegt dann unter Umständen nicht mehr im Bereich der nahezu linear verlaufenden Basisstrom-Kennlinien im Ausgangskennlinienfeld. Damit erfolgt die Verstärkung des Eingangsignales nicht mehr 1 : 1, was im Bereich der hörbaren Frequenzen zu Verzerrungen führen kann.

Durch die Selbstregulierung des Kollektorstromes über den Emitterwiderstand werden diese temperaturbedingten Abweichungen in einem bestimmten Bereich ausgeglichen.

 

Auf den Spuren von R3 …

Interessant an der oben gezeigten Schaltung ist auch der dreigliedrige Basis-Spannungsteiler, gebildet aus R1, R2 und R3. Üblich sind Basis-Spannungsteiler mit zwei Widerständen. Welche Funktion hat R3? Wurde der Widerstand lediglich deshalb gewählt, um zusammen mit R2 den Wert von 11 Kiloohm zu ergeben? Oder wäre es denkbar, dass R3 eine kompensierende Wirkung hat, wie das bei auch bei R5 der Fall ist? Ein – in dieser Schaltung – eingesetzter Kohleschichtwiderstand erhöht bei steigender Temperatur seinen Widerstandswert. Wäre es möglich, dass R3 zur Kompensation eingesetzt wird? Aber wie läuft dieser Vorgang ab?


Dazu Burkhard Kainka:

Die Stabilisierung muss man sich so vorstellen: Der Basis-Spannungsteiler ist relativ niederohmig mit einem Querstrom von ca. 300 µA. Deshalb kann der kleine Basisstrom von 3 µA die Spannung an der Basis kaum beeinflussen. Der stabilisierte Strom hängt dann vom Emitterwiderstand ab. Ie = (Ub-0,6V)/Re

Wenn nun irgendetwas den Emitterstrom ändern will, ändert sich der Spannungsabfall an Re und das führt zu einer Änderung der Basis-Emitterspannung. Da führt aber jede kleine Änderung wegen der steilen Kennlinie schon zu einer großen Änderung des Kollektorstroms. Das regelt die Stromänderung aus. In der Simulation könnte man es gut sehen, wenn man den Emitterwiderstand ändert. Das ändert dann den Kollektorstrom, aber die Basisspannung bleibt fast gleich. Und man kann die Last am Kollektor ändern, was den Strom kaum ändert, solange der Transistor nicht in die Sättigung geht, also noch genügend Spannung zwischen Kollektor und Emitter steht.

R3 lag übrigens eher zufällig im Weg der Jumper-Verbindungen. Der Spannungsteiler hat jetzt 27 k zu 11k. Mit 27 k zu 10 k wäre es genauso gut gegangen, dann wäre der stabilisierte Strom geringfügig kleiner. Der Kollektorwiderstand R4 braucht man übrigens auch nicht, aber ohne die 2,2 k bekomme ich die LED auf der Jumperplatine nicht zu fassen. Wenn man ihn überbrückt, ändert sich der Kollektorstrom nicht, wie es sich für eine Stabilisierungsschaltung gehört.

Das Thema ist tatsächlich nicht ganz einfach.