Diesmal
wurde auch die Betriebsspannung von +5V eingesetzt. Bei
steigener Spannung am Eingang des Vierpols sinkt die
Ausgangsspannung. Was wurde hier untersucht?
Dieter Drewanz schrieb:
Hier
die Lösung mit qucs simuliert. Ob genau die gleiche Kurve sich ergibt,
hängt jedoch stark von der Streuung der Bauteile, hier insbesondere der
Stromverstärkung des Transistors ab.
Ansonsten
gäbe es noch Varianten mit dem falsch herum eingebauten Transistor (CE
vertauscht) mit dem 27k 10k und dem 1k 2,2k Widerstand.
Die Lösung:Tatsächlich
war es eine Emitterstufe mit 330 k an der Basis und 1 k am
Kollektor. Weil erst deutlich über 0,5 V am Eingang überhaupt ein
Basisstrom fließt, beginnt die Kurve erst ab ca. 0,7 V. Im Bereich 1 V
bis 4 V am Eingang hat man praktisch eine Gerade. Die Ausgangsspannung
ändert sich hier zwischen 4,4 V und 1,7 V, also um 2,7 V. Die
Spannungsverstärkung ist also 2,7 V/3 V = 0,9 (rund 1). Allgemein
gilt: Spannungsverstärkung = Stromverstärkung * Kollektorwiderstand/
Basiswiderstand.
Im Kapitel 6.2 wurde ja die
Stromverstärkung eines Transistors mit 485 bestimmt. Sie schwankt aber
sehr und sollte nicht kleiner als 420 sein. Wenn die
Spannungsverstärkung mit rund 1 angenommen wird, müsste das Verhältnis
Basiswiderstand /Kollektorwiderstand also bei rund 400 liegen. Was da
am nächsten herankommt ist das Verhältnis 330 mit den Widerständen 330
k und 1 k.
Umgekehrt kann man auch mit dieser Messung die
Stromverstärkung des Transistors genauer berechnen. Stromverstärkung =
Spannungsverstärkung * Basiswiderstand / Kollektorwiderstand = 0,9*330
k/ 1 k = 297, also rund 300-fach. Das ist für einen C-Typ eigentlich
etwas zu wenig, wurde aber bei mehreren Messungen bestätigt. Zum
Vergleich: In der Simulation von Dieter Drewanz fällt die
Kollektorspannung deutlich steiler ab, vor allem, weil er einen
Kollektorwiderstand von 2,2 k verwendet hat. Die Stromverstärkung des
simulierten Transistors liegt bei etwa 210.
Übrigens ist die
Vermutung korrekt, dass es auch hätte anders sein können: Ein
invertierter Transistor hat eine sehr viel geringere Stromverstärkung,
die noch weniger genau bekannt ist. Mit einem kleineren Basiswiderstand
könnte zufällig genau dieselbe Übertragungskennlinie entstehen.
Das
nächste Elektronik-Rätsel wird noch viel schwieriger und ist überhaupt
nur zu lösen, wenn man diese Messung gut verstanden hat.
Nachtrag:
Stromabhängigkeit der Stromverstärkung von Norbert Renz
Wie
die Messung zur Aufgabe 7 zeigt, ist die Ausgangsspannung deutlich
nichtlinear. Das hängt u.A. von der starken Abhängigkeit der
Stromverstärkung des Transistors vom Kollektorstrom ab. Siehe Bild 1
mit darübergelegter Gerade.
Bei
der präsentierten Simulation zeigt sich dagegen eine fast perfekte
Linearität. Siehe Bild 2 mit Gerade als Vergleich. Das liegt daran,
dass die Modelle in einfachen Simulatoren recht einfache Modelle
hinterlegt haben. Es handelt sich hier nicht um Toleranzen in der
Stromverstärkung, sondern um innewohnende Eigenschaften des Bauteils,
die nicht korrekt modelliert ist.
Das Verhalten der Stromverstärkung eines realen Transistors ist beispielhaft an einem Kleinsignaltypen in Bild 3 gezeigt.
Es
ist generell gefährlich Simulationen blind zu vertrauen. Sie dienen
lediglich der Vereinfachung der Berechnungen in komplexen Systemen. Sie
können jedoch nicht die Verantwortung des Designers übernehmen. Die
letzte Simulaton beim Mickey-Mouse Verstärker (vgl.
Labortagebuch 13.9.17:
Der Mickymaus-Abhörspion und Schaltungstechnik:
Untersuchung eines Mikrofonverstärkers) hatte bereits gezeigt, dass die Resultate mit Vorsicht zu genießen sind.
Sehr gute Artikel über Simulationen hat der leider bereits verstorbene Robert Pease hinterlassen. Hier ein lehrreicher Link:
http://www.electronicdesign.com/analog-amp-mixed-signal/what-did-bob-pease-emreallyem-think-about-spiceNachtrag von B.Kainka
Das
könnte auch erklären, warum die Stromverstärkung geringer erscheint als
sie sein sollte. Ich muss gestehen, dass ich immer dazu neige, die
Stromabhängigkeit des Verstärkungsfaktors zu vernachlässigen. Deshalb
habe ich auch die Abweichung von der Geraden im Diagramm komplett
übersehen. Die Abweichungen sind besonders gravierend bei sehr kleinen
Strömen unter 1 µA, die in der ersten Stufe einer Darlington-Schaltung
auftreten können. Dazu kommt noch, dass die Datenblätter die
Stromverstärkung immer bei einer Kollektorspannung von 10 V angeben.
Bei sehr kleinen Spannungen ist sie geringer.
Andererseits
sind solche Vereinfachungen sinnvoll, weil sie es ermöglichen, eine
Schaltung im schnellen Überblick zu betrachten. Bei einer Schaltung mit
Basis-Kollektorwiderstand zur Gegenkopplung und Einstellung des
Arbeitspunks hilft z.B. die Faustregel: Basiswiderstand =
Kollektorwiderstand * Stromverstärkungsfaktor. Passt immer so ungefähr
und meist auch ausreichend genau, obwohl eine genauere Betrachtung auch
noch die Basis-Emitterspannung, die Betriebsspannung und einiges mehr
einbeziehen müsste. Die Vereinfachung hilft auch, bestehende
Schaltungen schnell zu überblicken oder Messergebnisse über den Daumen
gepeilt zu interpretieren.
20.10.17:
Messung 8
Und was wurde diesmal gemessen? Kleiner Tipp: Beteiligt war derselbe NPN-Transisior wie bei der letzten Messung.
Simulierte Lösung von Dieter DrewanzHier
eine simulierte Lösung zum Rätsel 08. Auch hier wirken sich die
Streuungen des Verstärkungsfaktors aus, so dass die Knickstellen etwas
unterschiedlich zu Ihrer Messung liegen. Die erste Simulation
scheiterte im ersten Abschnitt und die Spannungen erscheinen zu hoch.
Der Grund für diese Abweichungen liegt an sehr kleinen Kriechströmen
durch den Transistor im gesperrten Zustand, wobei jedoch die LED
(älterer LED-Typ mit etwas niedrigeren Durchlassspannungen) einen im
Verhältnis deutlich größeren Kriechstrom aufweist. Der Widerstand
R3_Messwid gleicht dies aus und sorgt für einen genügend großen
Leckstrom, so dass der notwendige Spannungsabfall über der LED entsteht.
Ein
Messgerät mit einem Innenwiderstand von 1 bis 2 MOhm gegen Masse (hier
Minuspol) erfüllt diesen Zweck ebenfalls. Darum wurde dieser Widerstand
auch R3_Messwid genannt und wurde entsprechend in die Simulation
eingebaut. Würde man hier mit einem Messgerät die Spannung zwischen
Plusspannung und Kollektor messen um daraus die Spannung gegenüber
Masse zu berechnen, dann würde man nicht auf den Lösungsverlauf des
Diagramms kommen und vielleicht auch verzweifeln. Die Schaltung des
Rätsels 08 eignet sich daher sehr gut aufzuzeigen, wie leicht es
passieren kann, mit einer Simulation ganz schön daneben zu liegen.
Die Lösung:Dieter
Drewanz hat es richtig erkannt: Es war wieder eine Emittershaltung mit
330 k am
Eingang. Aber diesmal lag im Kollektorkreis die grüne LED mit
ihrem
Vorwiderstand von 2,2 k. Im geraden Teil der
Übertragungskennnlinie findet man eine Spannungsverstärkung mit dem
Faktor 3, die durch den höheren Arbeitswiderstand zustande kommt.
Üblicherweise
beginnt der Transistor ab etwa 0,5 V zu arbeiten, was auch die Simulation
zeigt. In der realen Messung beginnt es aber schon bei einer Basisspannung von
0,25 V. Bei den Messungen im Kap. 4.6 des Lernpakets wurde gemessen, dass
bei einer Basisspannung von 450 mV ein Kollektorstrom von 1 µA fließt. Jeweils
20 mV weniger halbieren den Kollektorstrom. Bei 250 mV kommt man daher auf
einen Kollektorstrom von etwa 1 nA. Bei diesem Strom hat die LED
offensichtlich eine Spannung von 1,5 V. Ein übliches Messgerät mit einem Innenwiderstand
von 10 MOhm würde schon einen Strom von fast einem µA verursachen. Dann würde
die Verstärkung erst bei einer Basisspannung von etwa 0,5 V beginnen, wie die
Simulation deutlich zeigt. Der Messeingang des ATtiny85 hat aber einen fast
unendlich großen Eingangswiderstand, der mit der Messfrequenz sinkt. In diesem
Fall liegt er bei rund 10 Gigaohm und belastet das Messobjekt mit unter 1 nA.
Was auffällt ist die Krümmung der Übertragungskennlinie im Bereich 0,25 V bis
0,5 V der Basisspannung. Hier ändert sich der Arbeitswiderstand sehr stark
in Abhängigkeit von der Stromstärke. Die LED ist bei 1 nA noch extrem
hochohmig, aber ihr Widerstand sinkt mit dem Strom stark ab. Die zweite
Simulation ohne Belastung durch das Messgerät zeigt eine ähnliche Krümmung in
diesem Bereich. Die exponentielle Kennlinie einer Diode erlaubt Messungen bis
in den Bereich Picoampere (vgl.
Logarithmisches Pico-Amperemeter).
3.11.17:
Messung 9Dies ist die vorerst letzte Vierpolmessung in dieser Versuchsreihe. Wer löst das Rätsel?
Simulierte Lösung von Dieter DrewanzDie
Steigung mit den simulierten Transistoren ließ anfangs etwas zu
wünschen übrig. Um dies zu verbessern musste ich die Schrittweite etwas
kleiner wählen. Etwas mit den Widerständen musste ich experimentieren
um den Beginn der Steigung ungefähr zu erreichen. Nebenbei war dabei zu
berücksichtigen, dass einige Bauteile bereits verbunden sind.
Die Auflösung:Die
etwas angehobene Eingangsschwelle wurde durch den großen Widerstand von
330 k erreicht. Ein Vergleich mit der Messung 8 zeigt: Bei 1,25 V am
Eingang lag gerade 0,5 V am Kollektor. Das entspricht der Basisschwelle
der zweiten Stufe. Die simulierte Lösung von Dieter Drewanz zeigt
den üblichen Weg mit einem Eingangs-Spannungsteiler, wenn man die
Eingangsschwelle angeben will. So kann man die gleiche
Übertragungskennlinie erreichen, wie die Simulation anschaulich zeigt.
Ich
danke allen, die sich an diesen Elektronik-Rätzeln abgearbeitet haben.
Und ich hoffe, dass die gesammelten Erfahrungen bei künftigen
Gelegenheiten helfen werden, sei es bei der Fehlersuche, bei der
Analyse unbekannter Geräte und Schaltungen oder bei der Entwicklung
eigener Projekte.