Einkreiser-Einfachradio
Letztens
kam mein Bruder mit einem Billigradio/Kassettenplayer an. Eine Kassette
abspielen funktionierte sehr gut, aber das Radio ging nicht besonders
gut, genauer gesagt so grottenschlecht, dass man es nicht gebrauchen
konnte. Das hat mich brennend interessiert, denn diese Tendenz
beobachte ich seit längerem mit Interesse: Der Preiskampf tobt so
heftig, dass die Hersteller zu immer neuen Höchstleistungen in
Sachen Bauteilesparen getrieben werden. Dabei kommen dann Sachen
heraus, die zwar nicht von guter Qualität sind, dafür aber
kreativ, lehrreich und hochinteressant für neue Bastelideen.
Da
Radio zeigt auf AM und FM mangelnde Trennschärfe und
Empfindlichkeit. Ich hatte gleich den Eindruck, dass es zumindest auf
Mittelwelle ein Einkreiser sein musste. Das ist natürlich
interessant. Eigentlich ist das Gerät schön gemacht. Ich
hatte daher zuerst Hemmungen, es auseinanderzubauen. Jetzt ist
aber ein Plastikteil für den Umschalter AM/FM/Tape abgebrochen,
sodass ich es nicht mehr ausschalten konnte. Damit war es reif für
die Obduktion. Das war nicht ganz einfach, denn bei der Montage hatte
man nicht vorgesehen, dass es jemals geöffnet werden könnte.
Wie bekommt man nur die Drehknöpfe ab? Beim Lautstärkeregler
habe ich es mit roher Gewalt versucht und dabei das Poti zerstört.
Aber dann war klar, dass die Knöpfe ein Unterteil mit Schraube und
ein Oberteil mit Bedruckung haben. Beides ist mit Pattex verklebt. Wenn
man es weiß, kriegt man es auf.
So,
jetzt liegt die Platine offen vor mir. Was sofort ins Auge springt, ist
der Drehko mit nur zwei Sektionen. Eine für AM und eine für
FM? Das ist eine erste Bestätigung für die Vermutung, dass es
ein Einkreiser sein muss. Aber auch auf UKW? Irgendwo muss noch ein IC
versteckt sein, vielleicht auf der Unterseite. Die ICs auf der linken
Seite sind bekannt. Der 2822 ist der NF-Verstärker, das andere kleine IC ist für den Kassettenteil zuständig.
Auf
der Rückseite ist kein IC zu finden. Also bilden die Teile rund um
den Drehko das ganze AM/FM-Radio. Etwas Wachs entfernt und mit der Lupe
nachgesehen, da arbeitet tatsächlich ein TA7642 im AM-Teil, genau
wie im Franzis-Retroradio.
Der wesentliche Unterschied ist, dass der Eingang direkt am
Schwingkreis und nicht an einer Anzapfung liegt. Der Kreis wird mit
geringerer Güte betrieben, deshalb wird nicht das Optimum an
Empfindlichkeit und Trennschärfe herausgeholt.
Und was ist mit FM? Irgendwie sieht das nach einem Pendelaudion
aus. Mit dem Oszi wurde das bestätigt, das Pendelsignal mit
ca. 60 kHz ist klar zu sehen. Die Antenne ist ohne Trennverstärker
direkt an die Audionstufe gekoppelt. Ob damit wohl die
Störstrahlungsgrenzwerte eingehalten werden können? Das ist
schon erstaunlich, dass der Pendelempfänger in kommerziellen
Produkten wieder aufersteht.