Das kleine Neuronenrätsel                           

von Christoph Haberer                                                  
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Das Thema künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Täglich gibt es neue Erfolgsmeldungen. Doch funktionieren die neuronalen Netze der Informatik so wie das menschliche Gehirn? Seit etwa dem Jahr 2016 gibt es zunehmend Erfolge bei der Verwendung von künstlichen neuronalen Netzwerken, die dem Gehirn nachempfunden sind. Die Neuronen in diesen Netzwerken haben den Namen „Spiking Neurons“ oder Pulsneuronen. Wie die Neuronen im menschlichen Gehirn haben sie viele Eingänge (Dendriden) und einen Ausgang (Axon) der einzelne Impulse erzeugt, das sogenannte „Aktionspotential“. https://de.wikipedia.org/wiki/Aktionspotential

Im folgenden soll gezeigt werden, wie man Neuronen nach diesem Vorbild in elektronische   Schaltungen verwandeln kann. Der Ausgangsimpuls am Axon eines Neurons ist in etwas 1ms lang. Wir wollen im folgenden einen Impulsgenerator bauen, der Impulse mit ähnlicher zeitlicher Dauer wie ein echtes biologisches Neuron erzeugt.



Der Pulsgenerator funktioniert dabei folgendermaßen: Der Kondensator C2 wird über die zwei Widerstände so lange aufgeladen, bis die Schwelle des 74HC14 Schmitt-Triggers überschritten ist und er über die Diode D3 und den Widerstand R3 entladen wird. Da das Signal des ersten Schmitt-Triggers invertiert ist, wird noch ein zweiter Schmitt-Trigger benötigt, um das Signal wieder richtig herum zu drehen.

Das Signal des Impulsgenerators sieht dabei folgendermaßen aus:



Der Widerstand R3 bestimmt die Dauer des Neuronenimpulses und hat einen festen Wert. Mit dem Widerstand R4 kann man die Wiederholrate der Impulse verändern.

Biologische Neuronen haben vielen Eingänge, die über die Synapsen mit den Ausgängen anderer Neuronen verbunden sind. Die Synapsen sind wesentlich am Lernvorgang der biologischen Gehirne beteiligt. Sie wachsen oder schrumpfen je nach Lernvorgang und bestimmen im die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Der Mensch hat im Durchschnitt 10.000 Synapsen pro Neuron. Die meisten Synapsen sind chemische Synapsen und haben eine Richtwirkung, d.h. können die Signale nur vom sendenden zum empfangenden Neuron laufen. Die Neuronen selbst funktionieren im wesentlichen relativ einfach: Sie bekommen Nervenimpulse von den anderen Neuronen über mehr oder weniger starke Synapsen. Mit diesen Impulsen wird das Zellpotential in der Synapse erhöht, bis das Potential einen Schwellwert erreicht und die Zelle feuert. Man kann das mit einem Luftballon vergleichen, der über Ventile mit kleinen Luftstößen gefüllt wird, bis er platzt. Im Falle der Neuronen gibt es noch hemmende Synapsen, die das Zellpotential auch erniedrigen können, oder um im Bild des Luftballons zu bleiben: Ventile in die andere Richtung, mit der Luft rausgelassen werden kann.

Damit haben wir schon alle notwendigen Eigenschaften, um ein biologisches Neuron in den wichtigsten Eigenschaften elektrisch nachbauen zu können.



Das Neuron ist fast die gleiche Schaltung wie der Impulsgenerator, nur dass es über eine Diode und einem Widerstand aufgeladen wird. Dieser Teil entspricht der Synapse: Die Diode sorgt  für die Richtwirkung und der Kehrwert des Widerstands entspricht der Synapsengröße (Synapsengewichtung).

Schließt man das Neuron an den Pulsgenerator an, ergibt sich folgendes Signalbild:



Der Pulsgenerator feuert relativ schnell und lädt den Kondensator des Neurons langsam stoßweise auf. Wenn der Wert den Schwellwert des Schmitt-Triggers erreicht, feuert das Neuron. Wie man sieht, feuert das Neuron langsamer als der Pulsgenerator. Diese Schaltungskombination wirkt als Impulsteiler: Es werden 7 Impulse des Generators benötigt, um einen Impuls des Neurons zu erzeugen.



Das kleine Neuronenrätsel

Diese Grundlagen reichen für ein kleines Schaltungsrätsel. Es kann gerne in den kommenden, langen Winterabenden gelöst werden. Das Ziel ist ein neuronales Lauflicht, welches drei LEDs nacheinander aufblitzen lässt. Es besteht aus einem Impulsgenerator, dessen Rate über ein Poti eingestellt werden kann und ein paar Neuronen, die die LEDs nacheinander ansteuern. Damit diese Funktion erreicht werden kann, müssen die Neuronen über ihre unterschiedlich gewichteten Synapsen verbunden werden. Hinweis: Ein Neuron kann mehrere Synapsen, sowohl verstärkende als auch hemmende Synapsen haben. Als LEDs kann man ultrahelle, grüne LEDs empfehlen, da damit auch die 1ms Pulse gut sichtbar sind.

Vorgehensweise:
1. Man kann einige Neuronen als Schaltung aufbauen. Die Synapsen kann man mit Potis versehen. Man kann die Neuronen dann über Kabel unterschiedlich verbinden und mit den Synapsengewichten die Funktion beeinflussen.
2. Man kann die Schaltung mit LtSpice simulieren und danach aufbauen.
Die Könner unter Ihnen werden es schaffen, das ganze neuronale Lauflicht mit einem einzigen 74HC14 Baustein zu realisieren.

Wer Hinweise zur Lösung des Rätsels benötigt oder mehr über die Pulsneuronen und weitere Schaltungen wissen möchte, kann mein Buch „SNN-Pulsneuronen“ lesen:
https://www.epubli.de/preview/92362

( ISBN: 9783750252141 )

Wer sehen möchte, was die Pulsneuronenchips von Intel heute können, kann sich dieses Video ansehen:
https://www.youtube.com/watch?v=cDKnt9ldXv0



Neuronale Interferenzen von G. Heinz

Im Gegensatz zu elektrischen Netzwerken leiten Nervennetze die Pulse extrem langsam - mit Mikrometer pro Sekunde bis Zentimeter pro Sekunde. Maximum sind 120 Meter pro Sekunde. Will man Nervennetze verstehen, dann muß man sich mit diesen extrem langsamen Leitgeschwindigkeiten beschäftigen, diese verändern alles! Wir kommen zu den Interferenznetzwerken. Was hier noch fehlt, wäre ein Hinweis darauf, dass synaptische Gewichte nur ein Teil nervlicher Verarbeitung sind. Mit synaptischer Gewichtung allein kommen wir bei den Artificial Neural Networks (ANN) an, diese haben mit der Verarbeitung in unserem Kopf aber nichts gemein. Im Gegenteil: Sie zeigen ein völlig anderes Verhalten als Nervennetze.

Um es kurz zu machen: Im Titel meiner Homepage findet man eine Andeutung: "Neurobiologen halten es für möglich, die Klingelanlage in einem Hochhaus durch viele zusätzliche Drähte kurzschließen zu können. Neuroforscher (ANN) halten für real, dass Informationen im Cortex zentral getaktet weitergeleitet werden. Beide Annahmen sind unhaltbar. Interferenznetze zeigen, dass ein milliardenfach kurzgeschlossenes Netzwerk, welches nicht zentral getaktet ist, nur spiegelbildlich in Bildern oder Zeichen kommunizieren kann. Und dass es bei extrem langsam laufenden Pulsen nur holografisch abbilden kann."  An anderer Stelle heißt es: "Delays dominate over weights" - Verzögerungen dominieren über Gewichte. Anders ausgedrückt (Beispiel): Wenn zwei Pulse nicht gleichzeitig ankommen, wird ein Neuron nicht feuern.
 
Siehe dazu http://www.gheinz.de/index.html#interference
Praktikable Beispiele für kleine Interferenznetze finden sich z.B. hier: http://www.gheinz.de/publications/animations/animationen.ppt
Und schon 1993 gab es Untersuchungen zu Details in diesem Buch:  http://www.gheinz.de/publications/NI/index.htm
 
 



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