Kurzwellenempfänger „Coke“            

von Günther Zöppel            
  
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Mein Enkel, der unter den gegenwärtigen Corona- Krisenbedingungen keine Schule besuchen darf, brauchte ein wenig Aufmunterung, damit es ihm nicht langweilig wird. Wir beschlossen, gemeinsam ein elektronisches Projekt zu realisieren. Er fragte mich schon oft , wie es war, als es noch kein Internet und kein Handy gab. Ihn interessierte, woher wir damals unsere Informationen  bekamen. Ich habe ihm erklärt, dass das Abhören von verschiedenen Rundfunksendern wesentlich zu unserer damaligen Wissenserweiterung beitrug. Jetzt war er „heiß“ und wollte auch ein Radio haben, mit welchem man weltweit empfangen kann. Ich erinnerte mich an einen Beitrag vom Jugend & Technik-Server, in welchem ein einsteigergerechter Aufbau eines Kurzwellenempfängers beschrieben war. Diesen Empfänger wollten wir nachbauen, evtl. mit ein paar Modifikationen: https://studylibde.com/doc/8810622/kurzwellen-audion---jugend-technik-schule





Bei dieser Gelegenheit wollte ich gleich mal testen, ob der JFET vom Typ J113 für dieses Projekt geeignet ist. Das war ja auch Thema des letzten Schaltungswettbewerbs im Elektroniklabor, an welchem ich leider aufgrund der Lieferung von Fake-JFET´s aus China nicht teilnehmen konnte. Burkhard hat mir mit ein paar J112 ausgeholfen, die dem J113 (laut Datenblatt) sehr ähnlich sind, und so habe ich diesen in der Schaltung anstelle des dort angegebenen BF256 verwendet. Ich kann hier vorab schon mal bestätigen, dass dieser Typ sehr gut für diesen Zweck geeignet ist, kann also die HF-Tauglichkeit bejahen.




Die Schaltung ist nichts besonderes – ein Colpitts-Oszillator wird als Audion betrieben, mittels Poti wird der Drainstrom soweit aufgeregelt, dass gerade noch keine Schwingungen einsetzen. Das ist dann der Punkt größter Empfindlichkeit und Selektivität. Dreht man drüber weg, kann man auch SSB (Amateurfunk) demodulieren. Im Text zu obengenanntem Projekt ist der gesamte Sachverhalt didaktisch sehr gut aufbereitet, eine wahre Fundgrube für meinen Enkel. Hinzu kommt, dass der Schwingkreis gleich als Loop-Antenne ausgeführt wurde, die für ihre gute Empfangsleistung bekannt ist.




Man kann somit das Gerät ohne Außenantenne betreiben und kompakt aufbauen. Im Artikel wird dazu eine Vorlage angegeben, die man ausschneiden und auf ein Montagebrettchen kleben kann. Anhand dieser ist dann die Verdrahtung auch für Einsteiger ein Kinderspiel. Im Gegensatz zum Original haben wir keine Reißzwecken verwendet, sondern Lötösen, die wie kleine Nägel in das Holz eingeschlagen wurden.






Das ergibt einen stabilen und übersichtlichen Aufbau, der so gut funktionierte, dass wir auf eine Leiterplattenherstellung verzichteten. Nachdem mein Enkel sich als wahrer Lötkünstler herausstellte, haben wir nach Fertigstellung gleich mal getestet und ein paar Sender empfangen können. Nun wollten wir wissen, wo wir frequenzmäßig lagen und haben uns dazu ein Hilfsmittel gebaut. Das ist eine Spule, die auf einen von einem defekten Föhn übriggebliebenen Lockenwickler aufgewickelt und (entweder kapazitiv oder direkt) an meinen Frequenzgenerator angeschlossen wurde.




Da dieser modulierbar ist (AM), kann man am Empfänger den Modulationston auf der entsprechend eingestellten  Frequenz hören. Wir kamen auf einen Bereich von etwa 3,5 bis 20 MHz, der auch mit den lt. Thomson berechneten Werten gut übereinstimmt, wenn man Drehko-und Schaltkapazität sowie Spuleninduktivität kennt. Diese Zusammenhänge habe ich meinem Enkel versucht nahezubringen. Er hat jetzt die Aufgabe, die an der Frontplatte angeklebte Skala (die bewusst nicht in Frequenzen beschriftet wurde, sondern einfach von 0 – 10) mittels Abhören diverser Sender in Tabellenform aufzubereiten, evtl. die Frequenz zu ermitteln und ein Tagebuch darüber zu führen. So lässt sich eine gewisse Reproduzierbarkeit der gehörten Stationen gewährleisten.



Ein paar Modifikationen an der originalen Schaltung haben wir noch vorgenommen : Die Spannung für das Audion wurde mittels Zenerdiode ZF5,1 stabilisiert, das ergibt ein fast driftfreies Arbeiten des Audions. Ebenso wurde diese Spannung mittels Elko 470µF nochmals gepuffert. (im Schaltplan als Änderung eingezeichnet). Da das Gerät sehr kompakt ist, hat mein Enkel es gleich in sein Zimmer mitgenommen und hört auch am späten Abend noch gern in den Äther. Einen Kopfhörer  hat er auch noch dafür aus dem Bastelkram rausgesucht, damit wird niemand lautstärkemäßig gestört.




Er hat schon erkannt, dass der Empfang nach Einbruch der Dunkelheit besser wird als tagsüber. Als nächstes will er ein Solar-Ladegerät bauen, welches den eingebauten 9V-Akku nachlädt. Das Gerät gönnt sich etwa 30mA, da ist die Batterie nach ca. 10 Std. leer. Einen „Nachbrenner“ (PC-Aktivboxen) hat er auch schon probeweise drangehängt, da wird’s dann aber richtig laut. Der Aufbau ist in bewährter Weise per Sperrholz, mahagonifarben gebeizt, und Frontplattengestaltung mittels FrontDesigner realisiert worden, wobei mein Enkel sich schon recht handwerklich begabt zeigte. Hoffen wir, dass das so bleibt…




Zur Taufe haben wir uns dann den Namen „Coke“ ausgesucht, das bedeutet CoronaKrisenEmpfänger.  Sollte unter den gegenwärtigen Bedingungen mal der Strom ausfallen, mit diesem Gerät ist man immer noch in der Lage, ein paar Nachrichten abzuhören.

 

Günther Zöppel

Pockau, März 2020






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