Labortagebuch Januar 2022
24.1.22:
ESR-Schnelltest

Der ESR (Equivalent Series Resistance) eines Kondensators ist sein
Verlustwiderstand, der u.a. dafür verantwortlich ist, dass ein Elko
sich im Betrieb erwärmen kann. Ein erhöhter ESR weist darauf hin, dass
der Elko nicht mehr brauchbar ist. Für den Schnelltest verwende ich ein
Rechtecksignal mit 20 kHz, z.B. aus einem Mikrocontroller. Ein
Widerstand mit 100 Ohm bildet mit dem Kondensator im Test ein
Tiefpassfilter. Die gefilterte Spannung sehe ich mir am Oszilloskop an.
Die schrägen Verläufe der Spannung zeigen das erwartete Lade- und
Entladeverhalten des Elkos. Die Sprünge dazwischen werden durch den ESR
verursacht. Die Signalspannung am Mikrocontroller wurde mit 4 V
gemessen, weil der Port sehr niederohmig belastet wird.
Der ESR hängt auch von der Größe des Elkos ab. In diesem Fall wurden
zwei unterschiedliche Elkos mit 100 µF, aber unterschiedlicher Baugröße
untersucht. Der größere zeigte Spannungssprünge von 10 mV, also 1/400
weniger als die Signalspannung von 4 V am Mikrocontroller. Damit ist
der ESR um den Faktor 400 kleiner als der Reihenwiderstand von 100 Ohm.
Ergebnis: Der ESR beträgt 0,25 Ohm.
Das Ergebnis sieht nicht anders aus, wenn eine höhere Frequenz
eingestellt wird, hier 200 kHz. Aber der kleinere Elko zeigte in beiden
Fällen größere Spannungssprünge von 15 mV. Er hatte also einen ESR von
ca. 0,375 Ohm. Ein großer Elko von 1000 µF zeigte nur noch 2 mV, also
0,05 Ohm.
20.1.22:
Innenleben einer Webcam
Diese Webcam hatte wunderbar funktioniert, bis ich bedauerlicherweise
30 V auf den USB gelegt habe. Wo sie nun kaputt ist, will ich
wenigstens mal sehen, wie es innen aussieht. Die Kamera hat zwei
Elektret-Mikrofone. Die eigentliche Kamera-Platine ist zweiseitig
bestückt und sehr kompakt.
Mich hatte
immer schon interessiert, wie das mit der Scharfstellung funktioniert. Die aufgesetzte
Optik hat zwei Anschlüsse, die offensichtlich zu einer Spule führen. Wenn ich
hier einen Strom von ca. 20 mA durchschicke, ändert sich erkennbar die Position
der inneren Linsen und damit die Brennweite.
17.1.22:
Überspannung am USB

Manchmal geht etwas schief, und dann ärgert man
sich über die eigenen Fehler. In diesem Fall wurde eine Arduino Nano
und noch mehr durch Überspannung zerstört. Ich wollte ein Reedrelais
genauer untersuchen, insbesondere wie schnell es schalten kann und ob
ein Prellen der Kontakte beobachtet werden kann. Das Relais wurde mit
30 V vom Labornetzteil betreiben. Ein Transistor wurde mit einem
Basiswiderstand von 10 k vom Arduino angesteuert. Ein Kontakt lag mit
einem Arbeitswiderstand am Analogeingang A0, weil ich gerade ein
passendes Oszilloskop programmiert hatte.
Zuerst hat alles funktioniert, aus dem Relais konnte ich je nach
Frequenz ein Klicken oder Summen hören. Das Netzteil war auf eine
Strombegrenzung von 100 mA eingestellt. Dann habe ich die Verbindung zu
den Kontakten geändert und muss dabei wohl einen Fehler gemacht haben.
Das Netzteil ging in die Strombegrenzung. Und aus dem PC kam ein
Dingeling wie bei der Abmeldung eines USB-Geräts.
Abmeldung ist untertrieben, da war einiges
kaputtgegangen. Zunächst habe ich bemerkt, dass der USB-Hub defekt war.
Wenn ich ihn neu anstecke, kommt eine Meldung „Überspannung am USB“,
gemeint ist wohl Überstrom, d.h. der USB-Hub macht einen Kurzschluss.
Traurig, traurig. Am nächsten Tag habe ich bemerkt, dass auch meine
Webcam kaputt ist. Sie lässt sich nicht mehr am USB anmelden. Sie hing
während des Unglücks mit am USB-Hub und hat wohl auch die Überspannung
abbekommen. Die Strombegrenzung des Netzteils ist zu langsam, weil wohl
am Ausgang noch ein Kondensator liegt. Den USB-Hub habe ich inzwischen aufgeschraubt und
durchgemessen. Der USB-Controller verursacht tatsächlich einen Kurzschluss. Die
5V-Leitung vom PC ist mit einer Schottkydiode SS14 abgesichert. Deshalb wurde der PC selbst glücklicherweise
nicht beschädigt.

Mir war überhaupt nicht klar, welchen Fehler ich eigentlich gemacht
habe. Aber eine Untersuchung des defekten Arduino Nano brachte
Klarheit. Seltsamerweise lässt er sich noch am USB anmelden und
funktioniert sogar noch. Nur der analoge Eingang A0 misst immer nur
noch 0 V. Mit dem Ohmmeter kann man hier einen Schluss gegen GND
messen. Also hatte ich wohl ein Kabel oder einen Kontakt verwechselt
und die 30 V auf A0 gegeben. Über die interne Begrenzerdiode wurde
damit VCC auf fast 30 V angehoben. Und diese Spannung wurde rückwärts
in den Hub und die Kamera gelassen.
Jetzt fallen mir natürlich tausend Dinge ein, die
ich anders hätte machen können. Ein einfacher Serienwiderstand in der
Messleitung an A0 hätte schon geholfen. Und so eine schnelle
Verdrahtung mit Krokokabeln sollte ich mit verkneifen, wenn ein
Netzteil beteiligt ist. Aber was soll’s, alle paar Jahre muss so etwas
passieren, damit man wieder vorsichtiger wird.
14.1.22: Reed-Relais
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich diese Bauteile
von IBM zuerst überhaupt nicht als Relais erkannt habe. Zwei Spulen, das muss ein Trafo
sein. Deshalb habe ich zuerst einen Tongenerator angeschlossen. Der Trafo funktioniert
und hat eine Resonanz bei 60 kHz. Innen hatte ich einen Ferritkern vermutet. Mit
einem Kondensator konnte ich die Resonanz tiefer legen, aber anders als gehofft
kam keine große Güte dabei heraus.
Ob man mit der Spule wenigstens magnetische Felder erkennen
kann? Bei der Annäherung mit einem Magneten gab es seltsame Impulse, und ich
konnte klickende Geräusche hören. Erst da wurde mir klar, dass sich im Inneren
Reed-Kontakte befinden. Man sieht auch deutlich die Anschlüsse der sechs
Reed-Kontakte, eigentlich kaum zu übersehen. Und das ganze Relais ist so
ausgeführt, dass es auf passende Kontakte gesteckt werden kann. Stecken statt
Löten, das passt gut zu einer Rechenmaschine mit Relais. Da gab es bestimmt
öfter mal Ausfälle. Mit nur einer Spule kann man das Relais bei 24 V betreiben.
Beide Spulen parallel funktionieren mit 12 V, in Reihe braucht man weniger
Strom. Dann habe ich die anderen Relais untersucht. Einige haben nur eine
Spule, aber fast alle sind sehr hochohmig mit ca. 2 k. Ein Relais war ganz
hochohmig, aber da konnte ich etwas nachlöten. Der Onkel hat offensichtlich nur
die ausgemusterten Bauteile mitgehen lassen.

Zuerst
habe ich mich gefragt, wie denn wohl die Reed-Kontakte eingebaut wurden.
Dann ist mir aufgefallen, dass eine Seite des Relais ein Innenteil hat,
das nachträglich eingeschoben werden konnte. Und man kann es auch
relativ leicht wieder herausnehmen.
Bei einigen Relais hatte ich den Eindruck, dass einige Kontakte
kleben. Kräftiges Klopfen brachte keine Besserung. Bei einem
Relais waren alle Kontakte im Ruhezustand geschlossen. Da kam mir ein
Verdacht. Und tatsächlich, sie können mit Strom durch die Spule
geöffnet werden. Auch ein Magnet konnte sie öffnen, aber nur in der
richtigen Polung.
Eines der kleineren Relais mit vier Kontakten habe ich dann
geöffnet. Und da wurde klar, wie das mit den Öffner-Kontakten gemacht
wird. Zwischen zwei Reed-Kontakten sitzt ein kleiner Ferritmagnet mit
seitlichen angepassten Rundungen. Diese beiden Kontakte sind also im
Ruhezustand geschlossen. Die Spule muss ein Gegenmagnetfeld aufbauen,
um sie zu öffnen. In diesem Fall hatte das Relais zwei Öffner und zwei
Schließer.
An einem Relais wollte ich untersuchen, wie schnell man damit schalten
kann. Ein Arduino sollte einen Transistor steuern, der die Spule mit 30
V schaltet. Der Arduino selbst sollte dann auch die Schaltspiele
messen. Leider ist bei dem Versuch etwas schief gegangen und hat den
Arduino und mehr zerstört. Aber das ist eine andere Geschichte.
Inzwischen habe ich noch etwas mehr gemessen und rausgefunden, dass
einige Relais dabei sind, deren Wicklung sehr viel niederohmiger sind,
und die schon mit kleineren Spannungen funktionieren.
Jürgen Heisig schrieb dazu:
Solche Reed-Relais wurden auch in der Fernmeldetechnik eingesetzt -
allerdings habe ich auch noch keines mit 6 Kontakten gesehen ... Als
kleine Ergänzung: neben den "Öffnern", bei denen ein Dauermagnet den
Ruhezustand erzwingt, gibt es noch eine weitere Variante mit Magnet.
Der Magnet ist dann so gwählt oder angeordnet, dass der Reedkontakt
gerade noch nicht schließt. Durch einen (kleinen) Impuls richtiger
Polarität wird dann der Kontakt geschlossen und so bleibt es auch (also
eine Art "Haftrelais", in diesem Zustand stromlos) - bis ein etwas
größerer Impuls mit gegenläufiger Polarität ihn abfallen lässt, also
wieder öffnet.
10.1.22:
Die IBM-Röhre und ihre Relais
Ludger hat mir eine
Schachtel mit Bauteilen mitgebracht, die er im Haus seines verstorbenen Onkels
gefunden hat. Er hat wohl mal für IBM gearbeitet, aber zu einer Zeit, in der
die Büromaschinen noch ganz anders aussahen. Eine Röhre von IBM? Kaum zu glauben.
Die 5696 ist ein Thyratron, also eine gasgefüllte Schaltröhre, die laut
Datenblatt auch für Rechenanlagen eingesetzt wurde. Keine Ahnung, wann das war, und wie diese
Maschinen aussahen.
Die Röhre wollte ich gleich mal in Aktion sehen. 6,3 V
Heizung, Heizstrom 150 mA, passt genau und glüht wie erwartet. Ca. 300 V an die Anode, Kathode und Gitter 2 an Minus, Gitter
1 offen gelassen: Die Röhre zündet. Man sieht ein blau-violettes Gasleuchten,
vermutlich Argon. Die Stromquelle ist sehr hochohmig, Der alte Widerstand liegt
nur aus Gründen der historischen Kontinuität mit an der Anode. Und ich konnte
den Spannungsabfall messen. Der Anodenstrom war 11 mA, die Anodenspannung 10 V.
Mit in der Schachtel
waren besondere Reed-Relais, die ich zuerst gar nicht als solche erkannt hatte.
Es ist vorstellbar, dass das Thyratron solche Relais schalten konnte. Ich will sie
noch genauer untersuchen.

Ein weiteres Bauteil ist zwar weniger ungewöhnlich, hat aber
einen historisch spannenden Begleitzettel von IBM Deutschland. Es ist ein
Widerstand mit 1,5 k und 10 W. Mit darauf ist eine Jahreszahl, aber leider
nicht das Jahrzehnt. Könnte das 1964 oder 1974 gewesen sein?
Hinweis von R. Wukasch
Ich denke, der Beipackzettel ist
von 1964, denn um 1960 war die große Zeit der Thyratrons. Danach wurden
die schnell von Transistoren abgelöst, zunächst noch Ge, später Si. Noch
später von Dünnschicht- und TTL-IC.
Selbst im Robotron-Rechner R300 von 1963 waren ausschließlich
Ge-Transistoren verbaut.
Im Radiomuseum.org wird übrigens als Applikation der 5696 ein
Dämmerungsschalter gezeigt. Die DDR-Dämmerungsschalter der 60-er waren
ähnlich aufgebaut.
https://www.radiomuseum.org/tubes/tube_5696.html