Elektronik-Baukasten 1:70 von Quelle-Universum aus den 1970er Jahren  

von Klaus Leder                
Elektronik-Labor  Literatur  Projekte  Lernpakete  



 
Bei einer Auktion wurde ein Elektronik-Baukasten aus den 1970ger Jahren des Versandhauses Quelle angeboten. Über den „Elektronik-Baukasten 1:70 Universum“ findet man im Internet nur wenige Informationen. Im Schaltpult sind ein Schiebeschalter, eine Glühlampe, Drehko, Potentiometer, Messinstrument (300 µA), Lautsprecher und 4 Anschlussklemmen eingebaut. Als Experimentierfeld dient eine transparente Aufbauplatte mit 82 Klemmfedern und fest eingebauten Bauelementen, unter die man Verdrahtungspläne für 70 Versuche legen kann.

 

 
Die Bauelemente werden von den Klemmfedern eingeklemmt. Um Verbindungen herzustellen, werden die Federkontakte etwas zur Seite gedrückt und die verzinnten Litzenenden zwischen die Federwindungen eingeschoben.  Auf der Aufbauplatte sind die Transistoren 2SA52 und 2SB56, eine Ferritantenne, 2 Trafos, 1 Relais, eine Drossel, eine Germaniumdiode, 8 Widerstände, 7 Kondensatoren sowie 2 Batteriehalterungen übersichtlich angebracht. Verzinnte dünne Litzen unterschiedlicher Länge, ein Morsetaster und ein Kristallohrhörer gehören zur Ausstattung. Die Handhabung bei diesem Experimentier-System interessierte mich.

Das Paket wurde sehr sorgfältig verpackt zugesandt. Alle Verdrahtungspläne und eine 24seitige Anleitung waren vorhanden.


 
Bei der ersten Sichtung gab es eine Enttäuschung: Sämtliche Klemmfedern waren stark korrodiert, die Metalloxidschicht machte Kontakte unmöglich.


 
Da ich noch Klemmfedern der Fa. K. Winkler (Pocking) in der Bastelkiste hatte, wurden alle Zugfedern durch Druckfedern mit Haarnadelöse ersetzt, an die die Bauelemente auf der Rückseite der Aufbauplatte angelötet wurden.

 


 
Die Verdrahtung nach den Aufbauplänen erwies sich als wenig praxistauglich, da die eingezeichneten Verbindungen durch die darüber montierten Bauelemente und Litzen teilweise verdeckt werden. 
 


Das System hat einen geringen Lerneffekt, da weder der Aufbauplan noch die Anleitung Schaltpläne enthalten. In der Anleitung werden nur kurze Informationen zur Schaltung vermittelt. Notwendig wäre es gewesen, in der kurzen Anleitung einen Schaltplan abzudrucken und die Knotenpunkte auf den Aufbauplänen durchzunummerieren, um eine korrekte und rasche Versuchsdurchführung sicherzustellen.

Mit Hilfe des Schaltplans und des Aufbauplans aus einem anderen Experimentierkasten („150 in 1 Electronic Project Kit von Science Fair“) baute ich die Schaltung des Versuchs 117 mit dem Quelle-Universum-Baukasten auf.
 



 
Diese erprobte und effektive Schaltung funktionierte jedoch zunächst nicht. Bei der Fehlersuche konnte ich einen defekten HF-Germaniumtransistor 2SA52 als Ursache identifizieren. Nach dem Ersatz durch einen anderen antiken 2SA52 von Toshiba konnten abends bei angeschlossener Drahtantenne und Erde mehrere Mittelwellensender in Zimmerlautstärke gut empfangen werden.
 


Es ist erstaunlich, wie leistungsfähig die Schaltungen mit nur zwei Germaniumtransistoren und Übertragern aus den 1970er Jahren waren. Die in der Herstellung aufwendigen Schaltpulte aus Kunststoff sind japanischer Herkunft und wurden meist in Taiwan für den amerikanischen und europäischen Markt produziert. Die Experimentierkästen rechneten sich nur bei einem weltweiten Absatz. Ein Preisschild auf dem Kastendeckel zeigt einen damaligen Preis von 69,00 DM an.

Die zahlreichen Baukästen aus Asien mit fixierten Bauelementen und nummerierten Kontaktklemmen ermöglichten einen raschen Aufbau; die Schaltungen blieben aber aufgrund der Kreuz-und-quer-Verdrahtung und des dabei entstehenden „Drahtverhaus“ sehr unübersichtlich. 

Die Elektronik-Experimentierkästen der 1970er und 1980er Jahre unterschieden sich in ihren Verbindungssystemen, die einerseits sicher und schnell handhabbar sein, andererseits aber auch einen Überblick über die Schaltung ermöglichen sollten. Die Baukästen von Philips/Schuco waren mit ähnlichen Klemmfedern ausgestattet wie die heutigen Winkler-Klemmen. Mit originalen Industriebauelementen konnten Schaltungen meist schaltplangetreu verwirklicht werden. Ein gewichtiger Nachteil bestand jedoch in dem dafür benötigten Zeitaufwand. Kosmos ermöglichte mit seinem „Kosmotronik-System“ dagegen einen raschen, übersichtlichen Aufbau, auch, wenn oft viele Drahtbrücken notwendig waren. Die Fa. Busch hatte Baukästen entwickelt, bei denen die Bauelemente als Bausteine auf einer Lochplatte angeordnet und mit Litzen verbunden werden konnten. Dieses System ermöglichte einen guten Überblick über die Schaltungen. Kritisiert wurden die Verbindungen der Litzen mit Ösen und Kunststoffstöpseln, doch diese Technik stellte sichere und wenig korrosionsanfällige Kontakte her.

Heute sind die praktischen Breadboards für einfache Elektronikversuche die Methode der Wahl. Aufgrund der Kleinheit der Kontaktschienen und der inzwischen immer dünner gewordenen Anschlussdrähte der Bauelemente entstehen aber auch hier bei Bastlern Anfangsschwierigkeiten.
Der Rückblick auf einen 50 Jahre alten Elektronik-Experimentierkasten zeigt die Veränderungen der Versuchsmaterialien, der Versuchsthemen und der Lebenswelt der damaligen Schülerinnen und Schüler auf. Die mit Smartphones ausgerüsteten Enkel werden darüber staunen, dass damals die bastelnden Jugendlichen etwas hatten, was ihnen heute abhandengekommen ist – Zeit.

s. a.
90 Jahre Radio-und Elektronikbaukästen – vom Kristalldetektor zum DSP-Empfänger

Alte Experimentierkästen in neuer Funktion



Elektronik-Labor  Literatur  Projekte  Lernpakete