Alte Germaniumtransistoren      


von Günther Zöppel


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Angeregt durch die Beiträge im Elektroniklabor über historische Germaniumtransistoren habe ich meine Bastelkiste durchkramt und dabei auch noch einige DDR-Altexemplare gefunden. Eventuell interessiert sich der eine oder andere Leser dafür, deshalb möchte ich hier ein paar Fotos einstellen.

Bild 1 zeigt zwei OC 816, die ab Ende der 50er Jahre in der DDR im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder gefertigt wurden und ca. 50 mW Verlustleistung zuließen. Es waren NF-Typen mit niedriger Grenzfrequenz, die z.B. in der Gegentaktendstufe des Taschenempfängers „Sternchen“ zum Einsatz kamen. Ganz links im Bild ist der LA50 zu sehen, welcher eine Variante dieser OC-Typen für Bastlerzwecke darstellte. Offiziell hieß es dazu, dass die LA-Typen in einem oder mehreren Parametern nicht die Grenzwerte der Typenserie einhielten und daher entschloß man sich, diese relativ billig für Bastler zu verkaufen. Ich bin daher oft mit einem selbstgebauten Messgerät in den Elektronikladen meines Vertrauens gegangen und habe mir Mit Einverständnis des Verkäufers die besten Typen herausgesucht. Viele hatten einen sehr hohen Kollektor-Reststrom, oder rauschten sehr stark, diese blieben dann beim Händler – ich entschuldige mich hiermit im Nachhinein bei Bastlern, die ohne ein Messgerät dann den minderwertigen Bestand gekauft haben ;-)

 

Bild 2 zeigt die Daten eines OC816 am heutigen (ebenfalls selbstgebauten)  Transistorprüfgerät. Auffällig ist die geringe Stromverstärkung und der relativ hohe Kollektorreststrom, der bei Germaniumtypen auch noch besonders temperaturabhängig ist.

Die Kennzeichnung des Kollektors mit rotem Punkt war damals auch noch nicht üblich, man erkennt, dass der Anschluß des Emitters etwas näher zur Basis lag als der Kollektor, somit konnte man auch ohne Messung die Anschlussreihenfolge identifizieren. Datenblätter gab es ja auch dazu.

 

Bild 3 zeigt den LA50 am Tester, auffällig die noch geringere Stromverstärkung.

 

Bild 4 zeigt einen OC 880. Das war einer der ersten in der DDR gefertigten HF-Transistoren, damit habe ich u.a. meinen ersten Transistor-Einkreiser gebaut. Nicht alle dieser Typen waren in der Audionstufe beim Aufregeln der Rückkopplung bei höheren Frequenzen  im Kurzwellenbereich zum Schwingen zu bringen, da musste man schon selektieren.

 

Bild 5 zeigt links einen GC121 (NF-Transistor mit 120mW Kollektorverlustleistung) und rechts einen GF105 (HF-Transistor mit Transitfrequenz von 7MHz), wie sie in den 60er und 70 er Jahren üblich waren.

 

Bild 6 zeigt noch ein paar auch in der DDR benutzte russische Germaniumtransistoren MP20.

 




Die Bilder 7, 8, 9 und 10 zeigen noch Restbestände meiner Bastelkiste, als man schon Mitte der 70er Jahre  zur Siliziumtechnik überging.

Was soll man mit dem ganzen Bestand noch anfangen ? Zum Entsorgen zu schade, habe ich sie aus historischen Gründen behalten. Kürzlich habe ich einen Gitarrenverzerrer (neudeutsch : „Fuzz Booster“) mit Germaniumtransistoren aufgebaut, welcher einen sehr charakteristischen Klang produziert, der mit Silizium so nicht zu erreichen ist. Das liegt wohl an der Übersteuerungscharakteristik, die bei Germanium bereits bei niedrigeren Signalspannungen einsetzt. In der Musikszene sind diese damit aufgebauten Geräte nach wie vor gefragt. Wenn also ein Bastler ein paar der hier vorgestellten Exemplare benötigen sollte – Email an mich genügt (gzoeppel at yahoo.com).


Herkunft der Bezeichnung OCxxx
, von Lutz Gemerski DL4OBG

Ich habe irgendwo mal gelesen, wie es zu den Bezeichnungen der ersten Germaniumtransistoren zumindest hier im europäischen Raum gekommen ist. Ob es vollständig wahr ist, kann ich jetzt nicht sagen, zumal mir die Quelle auch entfallen ist. Vermutlich war es aber eine alte Ausgabe der CQ-DL.

Dieser Artikel wies auf, dass die Bezeichnung OCxxx auf der alten europäischen Kennzeichnung von Röhren beruht, wobei das "O" wohl ursprünglich eine "0", also Null, sein sollte. Die Null oder das O stand demnach für "keine Heizung", was auch gegenüber den üblichen Röhren eine gewisse gleiche Logik beinhaltet. Damit angefangen, ist das "C" früher Typen ebenfalls leicht erklärt, für drei Elektroden, den Röhrentrioden gleich.

Möglicherweise durch die fortschreitende Entwicklung von verbesserten und spezielleren Typen erschien dieses Schema nicht mehr sinnvoll, sodass man eine eigene neuere Klassifizierung ersann, in denen einerseits der Verwendungszweck (Frequenz, Leistung, Schaltverhalten) und mit den vermehrt aufkommenden Siliziumtypen eine bessere Unterscheidung erleichterte, die aber nur noch wenig bis nichts mit den verschiedenen Röhrentypen in Heizung und Verwendungszweck gemein hatte, zumal ja bis zur viel späteren Erfindung des DualGate Feldeffekttransistors die Anzahl der Anschlüsse generell bei typisch drei verblieb.


Transistoren in den 1960er Jahren von Werner Gliwa



Hier ein Artikel von 1963:


Ing. W. Gliwa, Ein Transistormultivibrator für Prüfzwecke, Funkamateur 7, 1963: FA_63_07_S238-239.pdf
Mit freundlicher Erlaubnis von Dr.-Ing. Werner Hegewald, DL2RD, Chefredakteur FUNKAMATEUR
(Das ganze 1960er Jahrzehnt des FA gibt es seit Kurzem als CD-ROM: https://www.box73.de/product_info.php?products_id=4302)

Herr Hegewald schrieb dazu: Das waren noch Zeiten, als man über die Zweitverwertung defekter Kleinsignaltransistoren nachdenken musste. Aus der Zeit stammt auch der Spruch:

Der beste Transistorbastler ist der, der am schnellsten abschalten kann.



Siehe auch: https://www.all-electronics.de/die-halbleiterindustrie-in-der-ddr/





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