Reparatur eines Oszilloskops       

von Ulli Kainka           

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Dieter suchte jemanden, der die Reparatur seines Oszilloskops versuchen wollte. Ich war bereit es zu versuchen und bekam das alte HP Oszi und eine sehr gute Dokumentation.



Ansiht von hinten. Der Blechdeckel verbirgt die Anschlüsse der Bildröhre

Das Oszi ist geschätzt von 1980, damals ein edles Teil. Ich habe immer Spaß an gut gemachter Technik. Also habe ich mir das Gerät angesehen. Erst mal anschalten - es passiere fast nichts. Eine LED leuchtete, aber es war noch nicht mal die Power Anzeige. Der Rest war tot. Kein Mucks von der Bildröhre. Mit etwas Glück kann das ein gutes Zeichen sein, dachte ich mir. Z. B. wenn etwas mit der Spannungsversorgung nicht stimmt.

Ich fing an, indem ich mich in die wirklich gute Dokumentation vertiefte. Wenn man sich mit der Logik der Bezeichnungen vertraut gemacht hat, ist sie wirklich sehr nützlich. Mir sind auch die vielen Warnungen vor dem Hochspannungsteil aufgefallen. Also niemals allein sein, wenn man das Gerät öffnet! Und die zweite Person sollte fit sein in Erste Hilfe bei Stromunfällen! Nein danke. Selbst wenn man berücksichtigt, dass bei Produkten aus den USA die kuriosesten Warnungen mitgeliefert werden, dies hier war für mich kein Spaß. Mir war klar dass ich an diesen Teil nicht ran gehen werde. Es gibt 3 kV und 13 kV. Zu viel für meine Erfahrung und ich kann es mit meinen Möglichkeiten nicht einmal messen.

Jetzt das Oszi aufschrauben, Gehäuse extra und dauerhaft erden, und mal die Netzteilplatine ansehen. Es gibt 6 verschiedene Ausgänge:

+120 V
+47 V
+15 V unstabilisiert - die versorgen den Hochspannungsteil und die Röhrenheizung
+15 V
-15 V
+5 V




Gehäuseabdeckung entfernt, Ansicht von unten




Gehäuseabdeckung entfernt, Ansicht von oben

Die Netzteilplatine ist irgendwie alte Technik aber hochwertig, passend zum Oszilloskop. Es gibt Spannungsregler- ICs, aber die haben noch allerhand externe Bauteile, auch die Leistungstransistoren sind extern (sogar mit Steckkontakten!). Zuerst habe ich gemessen ob der Transformator in Ordnung ist und ob die Spannungen hinter den Gleichrichtern passen. Das war der Fall. Dann habe ich die geregelten Ausgangsspannungen gemessen. Die -15V und die +5V fehlten, Null Volt an beiden Ausgängen. Im Schaltbild war zu sehen, dass die -15V für das Regler IC die + 5V als Betriebsspannung benötigen. Es könnte also ein Folgefehler sein. Beide Schaltungen haben einen ca. 1 Ohm Widerstand im Ausgang über den die ICs den Strom begrenzen sobald der Spannungsabfall 0,6 bis 0,7 V beträgt. Bei dem -15V Teil war der Spannungsabfall an diesem Widerstand 0V, also kein Strom. Aber bei dem 5V Teil war an diesem Widerstand ein Spannungsabfall von 0,6V - also war wohl irgendwo ein Kurzschluss am Ausgang. Dann habe ich etwas gemacht, dass im nachhinein betrachtet eine richig gute Idee war: ich habe die Netzteilplatine von einem Großteil der Verbraucher getrennt. Das ging ziemlich einfach. Ich brauchte nur eine bestimmte Platine zu ziehen. Diese Platine hat nur eine Verteiler- Aufgabe. Also eine Platine nur mit Steckverbindern und ohne sonstige Bauteile. Siehe da, der Fehler war noch immer da nachdem ich diese Platine ausgebaut hatte! Also nicht auf einer der vielen Platinen, die ich gerade vom Netzteil getrennt hatte. Die Anzahl der möglichen Fehlerursachen war auf einen Schlag immens gesunken. Es blieb sogar nur noch ein Verdächtiger: ein Elko im Ausgang der +5V Schaltung. Schnell ein Bein durchgekniffen und den Widerstand gemessen - da hatte ich ihn, den Null Ohm Elko! Jetzt war ich richtig in Fahrt. Ab in den Keller und einen passenden Ersatz suchen. Möglichst einen der nicht selber schon ganz alt ist- ich habe fast nur alte Bauteile. Aber da war ein Kandidat, nicht zu alt und ansonsten überdimensioniert (100 µF statt 25 und eine höhere erlaubte Spannung). Diesen habe ich eingelötet. Aus Faulheit an die Drahtenden des alten Elkos, die noch da standen wie Baumstümpfe.



Netzteilplatine mit dem neuen Elko 100 µF, 63 V


Ich war voller Optimismus und habe das Oszilloskop direkt wieder richig zugeschraubt. Anschalten - und es war wieder ein Strahl da! Endlich wieder ein Bild! Dieter und ich haben uns sehr über dieses Ergebnis gefreut. Es gab eine Übergabe des Gerätes und einen Testlauf. Für Dieter gibt es auch noch was zu tun. Einige Schalter brauchen etwas Liebe damit sie wieder zuverlässig arbeiten. Und es muss auch noch einiges justiert werden. Als Dank bekam ich die gewünschte Kiste Bier.




Nachbetrachtung:
Im nachhinein habe ich noch versucht zu verstehen, wie der Fehler mit dem anfänglichen Befund zusammen hängt, dass die Power- LED und die Röhre tot waren. Für mich sieht es nach weiterem Lesen in der Dokumentation so aus: die Power LED hängt an der + 5 V Versorgung. Es ist also klar, dass sie nicht funktionierte. Die Bildröhre tat aus folgendem Grund nichts: Der Spannungswandler für Hochspannung und Heizung wird angehalten, sobald etwas mit der Niederspannung nicht stimmt. Dies war hier wohl der Fall da sowohl die + 5 V als auch die – 15 V fehlten. Zweck des Ganzen ist, dass die Bildröhre vor Einbrennen eines stehenden Strahls geschützt wird.



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