NPN-Kippschwingungen

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Viele kennen diese Schaltung eines einfachen Kippgenerators. Jeder kann es ausprobieren, es funktioniert einfach. Aber warum?? Eines der ungelösten Rätsel der Elektronik.



2 V/Skt

Am Kondensator findet man ein Sägezahnsignal mit ca. 1 kHz. Es ist stark von der Betriebsspannung abhängig.



0,5 V/Skt

Hier das Signal an der Basis. Man sieht starke Basis-Impulse. Was man über die Funktion weiß, ist dass der Transistor zwischen Basis und Emitter eine Art Zenerdiode enthält. Man kann einen NPN-Transistor sinnvoll als Z-Diode einsetzen, allerdings unterliegt die Z-Spannung gewissen Streuungen.

Teilweise erklärt das zu Verhältnisse in der Kippschaltung: Wenn nun die Z-Diode einsetzt, steigt die Basisspannung linear an. Soweit ist es klar. Dann aber setzt ab einem bestimmten Strom ein anderer Prozess ein, der wie eine starke Rückkopplung wirkt und einen steilen, hohen Impuls an der Basis erzeugt. Es sieht fast so aus, als würde der Kollektorstrom die Z-Spannung reduzieren.



Ein PNP-Transistor bildet ebenfalls eine Z-Diode. Allerdings habe ich hier etwas höhere Zenerspannungen gefunden. Der PNP-Transistor verhält sich also ähnlich wie ein NPN-Transistor, nur mit anderer Polarität. Also habe ich den BC557 auch in der Oszillatorschaltung getestet. Ergebnis: Fehlanzeige, er schwingt nicht! 




Basisschaltung

Auf der weiteren Suche nach der Funktion der Kippschaltung habe ich diese Schaltung gebaut:



Das Ergebnis ist ein Verstärker mit sehr guter Linearität und hoher Spannungsverstärkung. Das ist irgendwie erklärlich. Wegen der fast symmetrischen Bauweise eines NPN-Transistors funktioniert er auch falsch herum, also mit vertauschtem Emitter und Kollektor. Allerdings ist die Stromverstärkung geringer, so um 5-fach herum. Bei dieser Schaltung handelt es sich um einen Verstärker in Basisschaltung, die normalerweise auch nur eine Stromverstärkung von 1, dafür aber eine hohe Spannungsverstärkung hat. Da macht es nicht viel aus, dass der Transistor invers eingesetzt ist. Dreht man ihn um, kommt fast das gleiche raus. De Unterschied ist nur, dass die inverse Schaltung nur bis zur BE-Zenerspannung am Ausgang arbeitet.



Mit einer kleinen Änderung wird auch wieder ein Oszillator aus der Schaltung. Man muss etwas mit dem Arbeitspunkt (z.B. der positiven Betriebsspannung) spielen, bis es schwingt.





Na gut, der Kondensator bildet eine Rückkopplung vom Ausgang auf den Eingang der Schaltung. Aber eine normale Basisschaltung würde nicht schwingen, außer wenn man einen Schwingkreis im Kollektorkreis verwendet. Ergebnis der Versuche: Es bleibt weiter unklar, warum die Kippschwingungen entstehen.


Negativer Innenwiderstand

Wenn der Oszillator schwingen kann, muss irgendwo ein negativer Innenwiderstand auftauchen. Das sollte auch einmal statisch untersucht werden. Der Transistor wird als invers-verstärkte Z-Diode eingesetzt. Es arbeitet also die BE-Z-Diode und der inverse Transistor mit vertauschtem Emitter und Kollektor. Das ganze ergibt dann so etwas wie eine Gesamt-Zenerdiode. Die Vermutung war aber, dass die resultierende Z-Spannung bei steigendem Strom sinkt. Dann gäbe es einen negativen Innenwiderstand. Für den Versuch wurde die Betriebsspannung mit einem Labornetzteil in Stufen hochgefahren und die Z-Spannung gemessen.



Die Auswertung mit Excel zeigt tatsächlich den negativen Innenwiderstand. Der Kollektorstrom wird aus den gemessen Spannungen berechnet. Dann wird der Strom gegen die Z-Spannung aufgetragen. Ergebnis: Mehr Strom – weniger Spannung. Das ist anders als bei einer normalen Z-Diode und erklärt auch die Schwingungen.



Allerdings – es fehlt immer noch die Theorie zur Messung. Warum genau sinkt die Z-Spannung bei steigendem Kollektorstrom? Und noch etwas ist seltsam: Die gleiche Messung mit einem PNP-Transistor zeigt einen sehr kleinen positiven(!) Innenwiderstand, fast so wie bei einer sehr guten Z-Diode.


Hinweise von Frank Schacht:

Die Kippschaltung mit NPN Transistor funktioniert bei mir mit den Transistoren BC547C und BC337. Wie bei Ihnen funktioniert das mit dem BC557C nicht. Die "Z-Dioden"  konnte ich bei 9,7 und 9,9 V feststellen. Daher schwingt die Schaltung bei  mir "erst" über 12V+. Auch interessant: die hergestellte Frequenz: mit einem C von 6,8 nF (gerade vorhanden) beträgt 24,65 kHz (bei beiden  Transistoren gleich!) sie scheint also nur von der angeschlossenen Kapazität abhängig zu sein, bei C = 0,33 µF, f = 4,7 Hz (ohne C konnte ich keine Frequenz feststellen). Der beschriebene Effekt wird als Avalancheeffekt eines PN Übergangs bezeichnet. Ich entdeckte die erste Beschreibung im "Elektronischen Jahrbuch 1986 des Militärverlages der DDR". Es wird dort von einem negativen differentiellen Widerstand in der Kennlinie mancher Halbleiter gesprochen. Von dieser Anwendung mit dem BC337 habe ich schon einmal (auf einer anderen Webseite ) gelesen, aber dass der BC547C ebenfalls diese Eigenschaft aufweist, wusste ich nicht. Es soll aber auch PNP-Transistoren geben, die so funktionieren. (im Buch werden allerdings nur alte Russ. Ge-Transistoren bezeichnet).


Hinweise von Arne Rossius:

Ich fand deinen Versuch zu den NPN-Kippschwingungen sehr interessant und habe ihn mal nachgebaut. Zuerst habe ich es mit einem BC550C versucht, jedoch ohne Ergebnis -- es schwingt nicht, auch bei deutlich größerer Betriebsspannung nicht. Dann habe ich doch noch einen BC548C und einen BC547C gefunden und siehe da, mit denen klappt es, wenn auch mit nur ca. 1 Vpp. Interessant, ich dachte bislang, die Unterschiede der BC546~BC550-Serie seien minimal. In der Bastelkiste fand sich dann auch noch ein BC547B, mit dem ich auch fast den von dir gezeigten Spannungshub von gut 2V erreicht habe. Mit BC337-40 geht es auch (ich habe Typen von zwei verschiedenen Herstellern probiert, mit ähnlichen Ergebnissen), 2N9014 und SS8050 klappen ebenfalls mit 2 V bzw. 1.5 V Spannungshub. Sollte der Verstärkungsfaktor etwa etwas mit dem Spannungshub zu tun haben? Ich habe daraufhin ein paar Leistungstransistoren ausprobiert, und tatsächlich: BC140-16 und 2SC1306 bringen 1.5 V, mit einem BD137-10 schaffe ich es sogar auf fast 3 V. Andere Leistungstransistoren, insbesondere die richtig "dicken", lassen sich hingegen keine Schwingung entlocken. Ein paar Versuche mit PNP-Transistoren habe ich dann auch noch gemacht, unter anderem mit BC327-40, aber genau wie bei dir ohne Ergebnisse.


Aufbau eines LED-Blitzers


Video: https://youtu.be/s0zs9rZ_P3k

Der Entladestromstoß ist kräftig genug um eine LED  damit zu betreiben. Hier wird eine Spannung über 9 V gebraucht. Die Schaltung funktioniert sehr gut mit zwei fast völlig leeren 9-V-Batterien. Die LED blinkt noch lange und holt das letzte bisschen Saft aus den Batterien. Die Blitzfrequenz nimmt dabei weiter ab. Den Ladewiderstand habe ich aus mechanischen Gründen zwischen die Batterien gesetzt, er hilft, sie zusammenzuhalten.



Vereinfachter Kipposzillator mit nur zwei Bauteilen, von Leander Hackmann



Leider hatte ich nicht die richtigen Bauteile in meiner Sammlung. Deshalb habe ich die selbe Schaltung mit einem BC547C ausprobiert. Leider hat das Ganze dann nicht funktioniert, weshalb ich etwas rumprobiert habe. Ich habe den 100 uF Kondensator und den 27 k Widerstand weggelassen. Die LED blinkt jetzt ca. alle 5 Sekunden und lädt sich dann wieder langsam auf, bis sie umkippt (1 s aufblitzt), dann ausgeht und das ganze sich wiederholt.

Versuch einer Erklärung: Die Batterien müssen schon fast leer gewesen sein. Sie haben dann einen großen Innenwiderstand und verhalten sich zusätzlich ähnlich wie Kondensatoren. Nach jedem Zünden sinkt die Batteriespannung ab und steigt dann langsam wieder an. Mit frischen Batterien würde es nicht gehen.

Leander: Stimmt, mit zwei neuen Batterien gab es eine Rauchwolke, und der Transistor war kaputt, die LED kurze Zeit später auch.

Nachtrag: Versuch einer Erklärung

Der Transistor hat bei inversem Betrieb zwischen Emitter und Kollektor eine negative Kennlinie. Das ist bewiesen. Aber warum ist das so?

Es könnte so funktionieren: Die BE-Diode zeigt bei ca. 9 V den bekannten Avalanche-Effekt. Dabei werden Ladungsträger in der Sperrschicht so schnell, dass sie weitere Ladungsträger aus dem Kristallgitter befreien können. Die Anzahl der Ladungsträger steigt lawinenartig an, und damit der Strom. Dieser Effekt entspricht genau dem in einer 9-V-Z-Diode. Der Innenwiderwiderstand dieser Diode ist aber noch positiv.

Jetzt kommt zusätzlich der inverse Transistor dazu. Emitter und Kollektor tauschen zwar die Rollen, aber wegen des prinzipiell symmetrischen Aufbaus funktioniert der Transistor auch so herum. Man kann eine geringe Stromverstärkung von 3 bis 10 messen. Die Funktion des Transistors ist aber, dass Ladungsträger durch die dünne Basis hindurch in die Sperrschicht gelangen. Und jetzt kommt’s: Genau diese Sperrschicht ist dieselbe, in der auch der Lawineneffekt auftritt. Also noch mehr Ladungsträger, die noch weitere Ladungsträger aus dem Gitter befreien, sozusagen eine Lawine im Quadrat. Wenn diese Lawine einmal rollt, reicht auch eine kleinere Spannung, um sie aufrechtzuerhalten. Der Kollektorstrom verstärkt also den Lawineneffekt und sorgt für die negative Steigung der Kennlinie.
 
Eine weitere Anwendung: Der Multi-Blitzer
Video: https://youtu.be/lqr-YTf3b9U


Tests mit weiteren Transistoren, von Rudolf Drabek



BC547

Dieser Effekt hat mich sehr interessiert und ich habe die Absicht einen kleinen Beitrag dazu schreiben. 19 Transistoren habe ich nachgemessen npn und pnp. Der BFR96 bricht schon bei ca. 4V durch. Er ist so schnell, dass man einen LC-Osz. bis ca. 2 MHz zum schwingen bringen kann. Mit NF Transistoren gehen nur Kippschwingungen.

Meine Erklärung für den Effekt ist folgende:
Man hat ein Dreischichtelement z.B. npn die EB-Diode ist in Sperrrichtung betrieben. Die BC-Diode in Durchlassrichtung. Tritt nun ein Lawinendurchbruch der EB-Diode auf, so würde der Zenerstrom über die Basis abfließen. Kann er nicht, also fließt er über die in Durchlassrichtung gepolte CB-Diode ab. Damit ist dies aber ein Basisstrom für eine normale Transistorstufe mit geringerer Stromverstärkung als mit Emitter an minus. Das ändert bei vielen Transistortypen, aber nicht allen, die Zenerspannung. Interessant ist, dass Professor ESAKI diesen Effekt bei Sony schon 1957 untersucht hat und vielleicht das die Ursache für die Entwicklung der Tunneldiode war.

Anbei einige der 19 Fotos. Der 2N3906 z.B. zeigt den Effekt nicht. Der 2N2369 scheint schon im Kennlinienschreiber zu schwingen. Der LEDflasher mit BC547 geht sehr gut. Aus den Diagrammen ist auch der mögliche Spannungshub gut zu erkennen. Einstellung: 1V bzw 1 mA Skalenteilung.



2N3906



2N2369





BFR96


Anwendung in einer PWM-Steuerung von Bernhard Stiehle




Vergleicht man die Sägezahnspannung mit einer konstanten Spannung über einen Komparator, so ergibt sich ein PWM-Signal am Ausgang. Genau das habe ich aufgebaut. Am Ausgang der Schaltung liegt nun ein PWM-Signal an, dessen Tastverhältnis man über das Poti R3 einstellen kann, also ideal für z.B. einen einfachen Dimmer.

R1, C1 und T1 bilden hier die npn-Kippschaltung, R1 habe ich hochohmiger gewählt. Mit den Bauteilwerten beträgt die Kippfrequenz etwa 250 Hz. An R3 wird das Tastverhältnis des PWM-Signals eingestellt; R2 und R4 sorgen dafür, dass der Einstellbereich des Potis besser ausgenutzt wird. Man könnte natürlich auch zusätzlich noch die Grundfrequenz des PWM einstellbar machen, indem man R1 durch eine Reihenschaltung von Widerstand und Poti ersetzt.

Als Operationsverstärker habe ich einen LM358 verwendet. Da hier zwei OpAmps in einem Gehäuse untergebracht sind, habe ich den zweiten noch zur Invertierung des Signals verwendet (optional, vielleicht nützlich für bestimmte Anwendungsgebiete?). Der Ausgangsstrom des Operationsverstärkers reicht aus, um damit einen Bipolartransistor oder FET zu steuern. Die Schaltung könnte man dann z.B. für einen einfachen Dimmer an 12 V verwenden. Der Vorteil gegenüber bekannten PWM-Schaltungen (z.B. mit NE555) ist hier, dass auch wirklich ein Tastverhältnis von 0% bzw. 100% erreichbar ist, der Ausgang lässt sich also auch komplett ein- und ausschalten. Bei geeigneter Dimensionierung ist auch bestimmt ein Servotester realisierbar (PWM: 50 Hz, 1-2 ms High, 5 V Ausgang).    


Ein 12-V-Blitzer von Gerd Sinning

Diese Schaltung braucht 12 V, ist also gut für das Auto geeignet, da kann sie dann eine Alarmanlage simulieren. Mit den Werten für R1 C1 blitzt es etwa alle 3 Sekunden und wenn man R2 verkleinert, dann blitzt es heller. Für Q1 wollte ich auch einen BC558 nehmen, das ging aber nicht, der wirkt wie eine Zenerdiode bei ca 10 V.





Kippschwingungen und Sinus von Günther Zivny



Der Transistor hat in einem bestimmten Spannungsbereich eine negative Kennlinie, also einen negativen (differentiellen) Widerstand. Dadurch kann der (positive) Verlustwiderstand kompensiert werden. Mit einem LC-Schwingkreis lassen sich auch Sinusschwingungen erzeugen. Die genaue theoretische Erklärung ist ja nach wie vor etwas unklar.


Nach meinen Versuchen entstehen bei niederer Betriebsspannung (ab etwa 8 V) „verformte“ Kippschwingungen, die sich mit steigender Spannung Sinusschwingungen annähern. Es gibt dann aber bei einer bestimmten Spannung (ca. 12 V) eine Diskontinuität und der Oszillator erzeugt plötzlich saubere Sinusschwingungen, wie die Bilder zeigen.

Die Frequenz lässt sich mit der Formel

berechnen (im Beispiel: 3,75 kHz).


Die Schaltung kann selbstverständlich nicht simuliert werden, weil die mathematischen Modelle in den Simulationsprogrammen diese Verwendung des Transistors nicht abdecken.

 

Oszilloskopeinstellungen:1 V/div, 50 µs/div


 

Niedere Versorgungsspannung

 


Höhere Versorgungsspannung, kurz vor dem Umschlagen

 


Hohe Versorgungsspannung



Siehe auch
Der Avalanche-Transistor
https://www.dos4ever.com/ring/ring.html#amazing





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