Sinusoszillator-Optimierungen
Jürgen Heisig schrieb mit als Reaktion auf den Hochpass-Sinusoszillator
von Peter Krüger: Schön, dass jetzt auch mein "Lieblings
Phasenschieber" (Hochpass) behandelt wird. Wenn man sich das Spektrum
der Simulation ansieht liegt die erste Oberwelle ca. 25 dB unter dem
Träger. Das lässt sich noch erheblich verbessern (ca. 10 dB), wenn man
die Werte etwas anpasst und eine Gegenkopplung ins Spiel bringt.
Ich hatte erst nicht verstanden, warum der Emitter eine R und
C-Gegenkopplung hat und sie zum Test herausgenommen. Dann musste ich
aber den Basiswiderstand vorsichtig verkleinern, bis der Oszillator
nicht mehr in die Begrenzung ging. Auf Nachfrage schrieb Jürgen mir:
Das mit dem '”krummen” Basiswiderstand umgehe ich ja mit dem
Emitterwiderstand. Hier muss dann der C5 so gewählt werden, dass es
gerade schwingt.
Ich muss zugeben, dass ich ein Vorurteil gegen den
Hochpass-Phasenschieberoszillator hatte. Meine Vorstellung war, dass
ein Tiefpass besser abschneiden muss, weil er von sich aus die
Oberwellen dämpft. Um zu verstehen, warum die Hochpassvariante zu gut
funktioniert, habe ich mir die Schwingungen in der Simulation genauer
angesehen. Die obere Schwingung liegt am Kollektor, die kleinste an der
Basis. In den drei ersten RC-Tiefpässen wird die Amplitude nur wenig
kleiner, und auch die Phase wird nur wenig gedreht. Der vierte
Kondensator mit 4,7 nF bewirkt die Kopplung auf die Basis. Hier sieht
man eine größere Phasenverschiebung und eine sehr viel größere Abnahme
der Amplitude. Das liegt an dem recht kleinen differentiellen
Eingangswiderstand des Transistors. Zugleich bedeutet das, dass der
kleine Koppelkondensator eine Stromkopplung bewirkt, sodass die krumme
Transistorkennlinie das Signal nicht beeinflussen kann. Im Gegensatz
dazu steuert bei der Spannungskopplung in meiner Tiefpass-Variante ein
relativ sauberer Sinus an der Basis einen verzerrten Kollektorstrom.
Jürgen hat inzwischen auch weiter experimentiert und mir geschrieben:
Wenn man in meiner Schaltung den Emitterwiderstand (100 Ohm) durch eine
BAT41 ersetzt, kommt der Oszillator auf einen Abstand zur 1. Oberwelle
von fast unglaublichen 43 dB. Jetzt bereue ich, das ich keinen
Spektrumanalysator besitze. Wenn sich das real bewahrheiten würde, wäre
das ein sehr brauchbarer Oszillator für Audiozwecke. Also die Sache ist
erheblich komplexer, als man es in gängiger Literatur findet. Wenn ich
mir die Phasenlagen anschaue: da stimmt gar nichts mit der Theorie
überein. Eher scheint es so zu sein, dass sich der Oszi eben auf der
Frequenz einschwingt, an der die Phasendifferenz Ein/Aus 0 Grad
ist. Die Verschiebung erfolgt aber nicht "60/60/60/180", sondern
abgestuft an verschiedenen Stellen der Schaltung. Eigentlich auch
logisch, da die RC-Glieder sich gegenseitig beeinflussen.
Jürgen: Um meine Theorie über die Phasenverschiebung zu prüfen, habe
ich einmal die RC-Filter aktiviert (E-Folger). Der Verstärker ist so
dimensioniert, dass er bei der Zielfrequenz sicher 180° bringt, die
RC-Filter sind auf 60° getrimmt. Und siehe da: es geht, und man kann
jetzt auch in LTSpice die Phasenlagen gut sehen und das Prinzip
verstehen. ABER: Das Ausgangssignal ist deutlich schlechter, auch wenn
man den Pegel Ausgang Filter/ Eingang Verstärker fein abstimmt. Das ist
also eher eine "akademische" Betrachtung - in der Praxis lohnt sich
dieser Aufwand nicht.
Mein Fazit: Was ich aus der Diskussion und den Versuchen gelernt habe
ist, dass man so einen Oszillator gut einstellen muss, damit die
Verstärkung genau stimmt und keine Verzerrungen durch Übersteuerung
entstehen. Zur Ehrenrettung des Tiefpass-Oszillators habe ich nun
versucht, dies auf meinen FET-Phasenschieber zu übertragen. Im
Source-Anschluss liegt jetzt ein genau abgeglichener Widerstand mit 42
Ohm. Da müsste also in der Realität ein Trimmer rein. Mit dieser
Gegenkopplung wird das Signal wesentlich sauberer und erreicht eine
Dämpfung von 34 dB für die erste Oberwelle. In dem Lernpaket
Elektronische Schaltungen wollte ich einen Abgleich allerdings
vermeiden. Für die einfachen Untersuchungen realer
Verstärkerschaltungen reichte die Qualität auch ohne Abgleich aus.
Noch eine interessante Möglichkeit von LTspice habe ich in dieser
Diskussion erfahren. Man kann aus seinen Simulationen ein Audio-File im
wav-Format erzeugen:
Jürgen schrieb mir dazu: Die Ausgabe in eine WAV-Datei ist eine feine
Sache. Bei der Ausgabe muss man beachten, dass das auszugebende Signal
DC-frei ist und sich im Bereich von ± 1V bewegt. Wenn du das noch nicht
kanntest, kennst du vermutlich auch die Eingabe nicht? Mit
Ctrl-Rechtsclick auf eine Spannungsquelle kann man unter "Value" eine
WAV-Datei angeben, die in der Simu dann als Eingangssignal benutzt
werden kann. Die WAV-Befehle können 65535 Kanäle verwalten - Stereo ist
Channel 0 und Channel 1. Ich wüsste allerdings nicht, wie man
WAV-Dateien mit mehr als 2 Kanälen erzeugt - außer eben mit der
Simulation. Die WAV-Befehle kann man sehr gut gebrauchen, z.B. für
Filter, zuletzt habe ich es bei der LED-Lichtorgel verwendet.