Getriggerter Sound-Generator          


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Siehe auch: https://hackaday.io/project/190653-triggered-sound-generator
Video: https://www.youtube.com/live/zT5I2p1sQ_E

Diese einfache Schaltung mit einem Op Amp LM358 produziert ein charakteristisches Geräusch, das durch einen Lichtblitz, eine Berührung oder einen elektromagnetischen Impuls getriggert wird. Man kann das Gerät einsetzen, um andern mitzuteilen, dass man nicht gestört zu werden wünscht.

Als ich über die Hackaday Op Amp Challenge nachgedacht habe, sind mir einige besondere Schaltungen eingefallen, über die ich in den vergangenen Jahren gestolpert bin. Und die Idee ist entstanden, zwei dieser Schaltungen zu kombinieren. Zuerst hatte ich noch keine klare Idee, was dabei herauskommen sollte. Vielmehr muss ich gestehen, es sollte eine Schaltung werden, die möglichst viele der üblichen Design-Regeln bricht, und von der fast jeder sagt, das kann doch gar nicht funktionieren! Zumindest sollte es eine Schaltung werden, der man nicht leicht ansieht, wie sie funktioniert. Hier ist sie:


 
Die Funktion wird wahlweise durch einen Lichtimpuls auf die gelbe LED (als Fotodiode), durch eine Berührung des Eingangs oder durch einen elektromagnetischen Impuls ausgelöst. Danach gibt es erstmal eine Pause von ca. einer halben Sekunde. Und dann entsteht ein Geräusch, das mich zuerst an das unwillige Mauzen einer Katze erinnert hat, die nicht gestört werden will. Man versteht es intuitiv, die Katze sagt damit: “Lass mich in Ruhe, ich will schlafen!“

So ähnliche Geräusche machen wir auch, wenn wir uns gestört fühlen. Jeder kennt die Situation. Man sitzt konzentriert bei der Arbeit, und einer kommt rein, der Arbeitsfluss und die Konzentration werden gestört. Zuerst will man nicht unhöflich sein und bleibt einen Moment still. Aber dann steigt der innere Druck, und man sagt „Ach!“, oder „Nein!“ oder  sogar „Mist!“. Ganz egal, was man sagt, es hat immer den gleichen vorwurfsvollen Klang mit absteigender Frequenz am Ende. Und jeder versteht,  dass darin mehr steckt als nur ein Wort, nämlich: „Ich will hier kreativ arbeiten, und du kommst einfach rein und störst mich! Hast denn nichts zu tun? Verschwinde einfach wieder!“ Jeder versteht es, nur dieser eine Kollege nicht, der seine Aufgabe darin sieht, andere von der Arbeit abzuhalten, weil er selbst niemals richtig arbeitet.

Wer jetzt versucht, dieses Verhalten im Schaltbild nachzuvollziehen, hat vielleicht einige Schwierigkeiten. Wenn jetzt alle sagen, das kann doch nie und nimmer funktionieren, ist mein Ziel erreicht. Ich wollte ja eine Schaltung bauen, die schwer zu durchschauen ist. Und gleichzeitig sollte sie mit möglichst wenigen Bauteilen eine komplexe Funktion ausführen.

Der erste Teil der Schaltung ist ein sehr empfindlicher, getriggerter Monostabiler Flipflop mit einer zusätzlichen langsam abfallenden hinteren Flanke. Ich bin zufällig auf das Prinzip gestoßen, als ich mit einem LM358 gearbeitet habe. Mit einem LM324 geht es auch. Es kommt darauf an, dass dieser Opamp eine PNP-Eingangsstufe hat, mit der die Eingänge bis auf den GND-Level und sogar noch etwas darunter funktionieren. Diese Typen wurden für den Einsatz mit einfachen Betriebsspannungen ab 3 V entwickelt.


 
Die beiden Eingänge haben einen Basisstrom von ca. 20 nA. Ein offener Eingang würde hochgezogen. Damit kann ich also eine Vorspannung über den Spannungsabfall an einem Widerstand gegen GND erzeugen, ähnlich wie es bei machen Röhrenschaltungen gemacht wurde.  Am –Eingang verwende ich 1 MΩ, sodass hier eine Spannung von + 20 mV liegt. In einem separaten Versuch kann man auch 220 kΩ nehmen, um die Schaltung noch empfindlicher zu machen. Der +Eingang bekommt nur 10 kΩ und hat daher nur 0,2 mV, liegt also fast an GND. Der –Eingang liegt also eindeutig höher als der +Eingang, sodass der Ausgang ganz unten bleibt. Es reicht aber eine sehr kleine negative Spannungsspitze von ca. 20 mV, um den Ausgang hochzusteuern. In dem Fall lädt sich der Kondensator auf und zieht den +Eingang hoch. Damit bleibt der Ausgang für längere Zeit hoch, wie bei einem normalen Monoflop. Die Zeit ist übrigens wesentlich länger als die Zeitkonstante 10 µF * 10 kΩ = 10 ms, weil die Spannung unter 20 mV fallen muss, um den Impuls zu beenden.

Wenn am Ausgang eine LED angeschlossen wird, geht sie bei jedem Trigger-Ereignis für rund eine Sekunde an. Getriggert wird z.B. mit einem Lichtimpuls auf die linke LED, die als Fotodiode wirkt. Eine gelbe LED hat sich hier gut bewährt. Bei vollem Licht kann sie eine Spannung von mehr als 1,5 V erzeugen.  Die Kathode liegt hier am Eingang, sodass eine negative Spannung abgegeben wird. Tatsächlich muss sie nur etwas mehr als 20 nA liefern, um den Eingangsstrom des OPV zu kompensieren. Das schafft sie locker beim Lichtstrahl einer LED-Taschenlampe, der kurz über die Sensor-LED schweift.

Parallel ist am Eingang eine Drahtantenne angeschlossen. Wenn man den blanken Draht berührt, wird meist irgendeine Störspannung eingekoppelt. Wenige Millivolt genügen, um die Schaltung zu triggern. Das Gleiche passiert mit einem elektromagnetischen Impuls, wenn man z.B. einen Lichtschalter betätigt. Oder man kann ein Piezo-Feuerzeug im Abstand 10 cm benutzen. Der elektrische Zündfunke erzeugt den nötigen Störimpuls. Ein einfaches Feuerzeug mit Feuerstein funktioniert auch, weil der helle Lichtblitz von der Sensor-LED erkannt wird.
Bis hierhin ist das ein ganz normalter Monoflop. Nur die PNP-Eingangsstufe ist wichtig. Mit einen LM741 würde es nicht gehen, weil er NPN-Transistoren am Eingang verwendet, die die Eingänge herunterziehen. Und ein moderner Rail-to-Rail CMOS-Amp würde auch nicht funktionieren, weil er keinen Eingangsstrom hat. Ein muss schon einer von diesen guten alten LM358 oder LM324 sein.


 
Aber jetzt kommt noch eine Besonderheit. Die fallende Flanke ist nicht steil, sondern geneigt. Man sieht einen verlangsamten, linearen Abstieg der Spannung. Genauer gesagt beginnt es mit einem steilen Abstieg, der erst nach einem Abfall von 0,5 V in den verlangsamten Abstieg übergeht. Hier passiert etwas, das in den Datenblättern ausdrücklich verboten wird, das IC jedoch nicht zerstört. Die Spannung am +Eingang sinkt um ca. 0,5 V unter null, erlaubt sind aber höchstens -0,3 V. Wenn man ca. -0,5 V erreicht kehrt sich die Funktion des Eingangs um! Aus dem +Eingang wird ein invertierender Eingang, aus der Rückkopplung wird eine Gegenkopplung. Damit wird der Kondensator Teil eines Integrators, der für den linearen Abstieg der Ausgangsspannung sorgt.

Der Oszillator ist ebenfalls erklärungsbedürftig. Zur genaueren Untersuchung habe ich ihn mit einem mit etwas anderer Dimensionierung separat aufgebaut. Diesmal wurde ein CMOS-OPV MCP602 eingesetzt, der näher an einen idealen Operationsverstärker herankommt. Auf den ersten Blick erkennt man eigentlich nur ein Tiefpassfilter, weil der Verstärker mit voller Gegenkopplung und Spannungsverstärkung 1 arbeitet.
 


Tatsächlich handelt es sich um einen Philbrick-Oszillator, der mit gestapelten Hochpassfiltern arbeitet. Zur Verdeutlichung habe ich das RC-Netzwerk einzeln mit LTspice simuliert. Darin erkennt man, dass es einen Frequenzbereich gibt, in dem das passive Netzwerk eine Verstärkung > 1 hat. Die Phasenverschiebung nähert sich immer weiter an 0 an. Man kann erkennen, dass damit die Schwingungsbedingung erfüllt ist. Der Oszillator schwingt also, obwohl der Verstärker nicht verstärkt. Eine besonders große Spannungsüberhöhung erhält man, wenn ein hochohmiges Hochpassfilter auf ein niederohmiges Hochpassfilter aufgesetzt wird, wie es hier getan wurde.


 
Eigentlich hatte ich ein Sinussignal erwartet. Aber der Oszillator ist schon so weit ausgesteuert, dass das Signal geclippt wird. In der Testschaltung gibt es ein Poti, mit dem ich die mittlere Spannung vorgeben kann. Ganz an den Rändern wird das Signal kleiner. Bei einer mittleren Spannung erhält man die größte Amplitude mit einem symmetrischen Signal.


Eingangsspannung fast 5 V
 

Eingangsspannung 2,5 V
 

Eingangsspannung fast 0 V

Die Messungen zeigen auch, dass die Frequenz am oberen und  am unteren Ende der Eingangsspannung deutlich kleiner wird. Das ist der Grund für die abfallende Tonhöhe des Tonsignals. Ich muss gestehen, das hat mich überrascht. Eigentlich hatte ich ein Sinussignal erwartet, das nur seine Amplitude verändert. Was aber am Ende dabei herausgekommen ist, ist noch komplexer als gedacht.

Nochmal zurück zur endgültigen Schaltung. Hier wurden die Impedanzen im Philbrick-Oszillator anders dimensioniert. Es ging vor allem darum, eine Rückwirkung des Oszillators auf den Monoflop zu vermeiden. Deshalb werde der erste Widerstand mit 100 kΩ sehr groß gewählt, der zweite viel kleiner. Außerdem wurden zwei gleiche Kondensatoren verwendet. Die Spannungsüberhöhung fällt damit viel kleiner aus, reicht aber immer noch für ein sicheres Anschwingen aus. Mit vertauschten Widerständen hatte ich das Problem, dass der Oszillator immer wieder die erste Stufe neu triggern konnte. Das ist mit der endgültigen Dimensionierung ausgeschlossen.


 
Wenn man genau hinhört, gibt es einen leisen Ton gleich zu Anfang des Monoflop-Impulses. Er entsteht, weil die Schaltung von der ersten Stufe aus gesehen tatsächlich eher ein Tiefpassfilter ist. Es dauert also einen kurzen Moment, bis die mittlere Gleichspannung so weit angestiegen ist, bis der Oszillator seine Arbeit ganz einstellt. Am Ende des Monoflop-Impulses sinkt die Spannung abrupt um 0,5 V. Der Oszillator kommt damit sofort in einen Bereich großer Lautstärke und mittlerer Frequenz. Die Frequenzänderung wird also vor allem am Ende wahrnehmbar. So entsteht der charakteristische Klang eines schwer genervten Ausrufs.



Untersuchung des Tonverlaufs mit seinen Obertönen in SDR#. Der Elko wurde dazu auf 100 µF vergrößert, damit der Vorgang langsamer abläuft.

Die Antenne ist nur etwa 10 cm lang. Man kann sie aber versuchsweise verlängern und auch die Position des Geräts verändern. Wenn die Antenne zu lang wird, kann das Geräusch schon durch die in geschlossenen Räumen immer vorhandenen Wechselfelder der Netzleitungen ausgelöst werden. Wenn man aber die richtige Länge findet und die Antenne nahe an der Tür platziert wird, reagiert sie schon auf eintretende Personen und die sie umgebenden statischen elektrischen Felder. Irgendwann haben dann vielleicht alle verstanden, dass man gerne ungestört arbeiten möchte.


Gelöteter Aufbau, von Jürgen Pintaske



Das hörte sich so lustig an, ich musste es nachbauen. Nur den LM358 hatte ich nicht – also bestellen. Es funktioniert und macht dasselbe Geräusch.  MIAU …

 


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