Diese einfache Schaltung mit einem Op
Amp LM358 produziert ein charakteristisches Geräusch, das durch einen
Lichtblitz, eine Berührung oder einen elektromagnetischen Impuls
getriggert wird. Man kann das Gerät einsetzen, um andern mitzuteilen,
dass man nicht gestört zu werden wünscht.
Als ich über die Hackaday Op Amp Challenge nachgedacht habe, sind mir
einige besondere Schaltungen eingefallen, über die ich in den
vergangenen Jahren gestolpert bin. Und die Idee ist entstanden, zwei
dieser Schaltungen zu kombinieren. Zuerst hatte ich noch keine klare
Idee, was dabei herauskommen sollte. Vielmehr muss ich gestehen, es
sollte eine Schaltung werden, die möglichst viele der üblichen
Design-Regeln bricht, und von der fast jeder sagt, das kann doch gar
nicht funktionieren! Zumindest sollte es eine Schaltung werden, der man
nicht leicht ansieht, wie sie funktioniert. Hier ist sie:
Die Funktion wird wahlweise durch einen Lichtimpuls auf die gelbe LED
(als Fotodiode), durch eine Berührung des Eingangs oder durch einen
elektromagnetischen Impuls ausgelöst. Danach gibt es erstmal eine Pause
von ca. einer halben Sekunde. Und dann entsteht ein Geräusch, das mich
zuerst an das unwillige Mauzen einer Katze erinnert hat, die nicht
gestört werden will. Man versteht es intuitiv, die Katze sagt damit:
“Lass mich in Ruhe, ich will schlafen!“
So ähnliche Geräusche machen wir auch, wenn wir uns gestört fühlen.
Jeder kennt die Situation. Man sitzt konzentriert bei der Arbeit, und
einer kommt rein, der Arbeitsfluss und die Konzentration werden
gestört. Zuerst will man nicht unhöflich sein und bleibt einen Moment
still. Aber dann steigt der innere Druck, und man sagt „Ach!“, oder
„Nein!“ oder sogar „Mist!“. Ganz egal, was man sagt, es hat immer
den gleichen vorwurfsvollen Klang mit absteigender Frequenz am Ende.
Und jeder versteht, dass darin mehr steckt als nur ein Wort,
nämlich: „Ich will hier kreativ arbeiten, und du kommst einfach rein
und störst mich! Hast denn nichts zu tun? Verschwinde einfach wieder!“
Jeder versteht es, nur dieser eine Kollege nicht, der seine Aufgabe
darin sieht, andere von der Arbeit abzuhalten, weil er selbst niemals
richtig arbeitet.
Wer jetzt versucht, dieses Verhalten im Schaltbild nachzuvollziehen,
hat vielleicht einige Schwierigkeiten. Wenn jetzt alle sagen, das kann
doch nie und nimmer funktionieren, ist mein Ziel erreicht. Ich wollte
ja eine Schaltung bauen, die schwer zu durchschauen ist. Und
gleichzeitig sollte sie mit möglichst wenigen Bauteilen eine komplexe
Funktion ausführen.
Der erste Teil der Schaltung ist ein sehr empfindlicher, getriggerter
Monostabiler Flipflop mit einer zusätzlichen langsam abfallenden
hinteren Flanke. Ich bin zufällig auf das Prinzip gestoßen, als ich mit
einem LM358 gearbeitet habe. Mit einem LM324 geht es auch. Es kommt
darauf an, dass dieser Opamp eine PNP-Eingangsstufe hat, mit der die
Eingänge bis auf den GND-Level und sogar noch etwas darunter
funktionieren. Diese Typen wurden für den Einsatz mit einfachen
Betriebsspannungen ab 3 V entwickelt.
Die beiden Eingänge haben einen Basisstrom von ca. 20 nA. Ein offener
Eingang würde hochgezogen. Damit kann ich also eine Vorspannung über
den Spannungsabfall an einem Widerstand gegen GND erzeugen, ähnlich wie
es bei machen Röhrenschaltungen gemacht wurde. Am –Eingang
verwende ich 1 MΩ, sodass hier eine Spannung von + 20 mV liegt. In
einem separaten Versuch kann man auch 220 kΩ nehmen, um die Schaltung
noch empfindlicher zu machen. Der +Eingang bekommt nur 10 kΩ und hat
daher nur 0,2 mV, liegt also fast an GND. Der –Eingang liegt also
eindeutig höher als der +Eingang, sodass der Ausgang ganz unten bleibt.
Es reicht aber eine sehr kleine negative Spannungsspitze von ca. 20 mV,
um den Ausgang hochzusteuern. In dem Fall lädt sich der Kondensator auf
und zieht den +Eingang hoch. Damit bleibt der Ausgang für längere Zeit
hoch, wie bei einem normalen Monoflop. Die Zeit ist übrigens wesentlich
länger als die Zeitkonstante 10 µF * 10 kΩ = 10 ms, weil die Spannung
unter 20 mV fallen muss, um den Impuls zu beenden.
Wenn am Ausgang eine LED angeschlossen wird, geht sie bei jedem
Trigger-Ereignis für rund eine Sekunde an. Getriggert wird z.B. mit
einem Lichtimpuls auf die linke LED, die als Fotodiode wirkt. Eine
gelbe LED hat sich hier gut bewährt. Bei vollem Licht kann sie eine
Spannung von mehr als 1,5 V erzeugen. Die Kathode liegt hier am
Eingang, sodass eine negative Spannung abgegeben wird. Tatsächlich muss
sie nur etwas mehr als 20 nA liefern, um den Eingangsstrom des OPV zu
kompensieren. Das schafft sie locker beim Lichtstrahl einer
LED-Taschenlampe, der kurz über die Sensor-LED schweift.
Parallel ist am Eingang eine Drahtantenne angeschlossen. Wenn man den
blanken Draht berührt, wird meist irgendeine Störspannung eingekoppelt.
Wenige Millivolt genügen, um die Schaltung zu triggern. Das Gleiche
passiert mit einem elektromagnetischen Impuls, wenn man z.B. einen
Lichtschalter betätigt. Oder man kann ein Piezo-Feuerzeug im Abstand 10
cm benutzen. Der elektrische Zündfunke erzeugt den nötigen Störimpuls.
Ein einfaches Feuerzeug mit Feuerstein funktioniert auch, weil der
helle Lichtblitz von der Sensor-LED erkannt wird.
Bis hierhin ist das ein ganz normalter Monoflop. Nur die
PNP-Eingangsstufe ist wichtig. Mit einen LM741 würde es nicht gehen,
weil er NPN-Transistoren am Eingang verwendet, die die Eingänge
herunterziehen. Und ein moderner Rail-to-Rail CMOS-Amp würde auch nicht
funktionieren, weil er keinen Eingangsstrom hat. Ein muss schon einer
von diesen guten alten LM358 oder LM324 sein.
Aber jetzt kommt noch eine Besonderheit. Die fallende Flanke ist nicht
steil, sondern geneigt. Man sieht einen verlangsamten, linearen Abstieg
der Spannung. Genauer gesagt beginnt es mit einem steilen Abstieg, der
erst nach einem Abfall von 0,5 V in den verlangsamten Abstieg übergeht.
Hier passiert etwas, das in den Datenblättern ausdrücklich verboten
wird, das IC jedoch nicht zerstört. Die Spannung am +Eingang sinkt um
ca. 0,5 V unter null, erlaubt sind aber höchstens -0,3 V. Wenn man ca.
-0,5 V erreicht kehrt sich die Funktion des Eingangs um! Aus dem
+Eingang wird ein invertierender Eingang, aus der Rückkopplung wird
eine Gegenkopplung. Damit wird der Kondensator Teil eines Integrators,
der für den linearen Abstieg der Ausgangsspannung sorgt.
Der Oszillator ist ebenfalls erklärungsbedürftig. Zur genaueren
Untersuchung habe ich ihn mit einem mit etwas anderer Dimensionierung
separat aufgebaut. Diesmal wurde ein CMOS-OPV MCP602 eingesetzt, der
näher an einen idealen Operationsverstärker herankommt. Auf den ersten
Blick erkennt man eigentlich nur ein Tiefpassfilter, weil der
Verstärker mit voller Gegenkopplung und Spannungsverstärkung 1 arbeitet.
Tatsächlich handelt es sich um einen
Philbrick-Oszillator,
der mit gestapelten Hochpassfiltern arbeitet. Zur Verdeutlichung habe
ich das RC-Netzwerk einzeln mit LTspice simuliert. Darin erkennt man,
dass es einen Frequenzbereich gibt, in dem das passive Netzwerk eine
Verstärkung > 1 hat. Die Phasenverschiebung nähert sich immer weiter
an 0 an. Man kann erkennen, dass damit die Schwingungsbedingung erfüllt
ist. Der Oszillator schwingt also, obwohl der Verstärker nicht
verstärkt. Eine besonders große Spannungsüberhöhung erhält man, wenn
ein hochohmiges Hochpassfilter auf ein niederohmiges Hochpassfilter
aufgesetzt wird, wie es hier getan wurde.
Eigentlich hatte ich ein Sinussignal erwartet. Aber der Oszillator ist
schon so weit ausgesteuert, dass das Signal geclippt wird. In der
Testschaltung gibt es ein Poti, mit dem ich die mittlere Spannung
vorgeben kann. Ganz an den Rändern wird das Signal kleiner. Bei einer
mittleren Spannung erhält man die größte Amplitude mit einem
symmetrischen Signal.
Eingangsspannung fast 5 V

Eingangsspannung 2,5 V

Eingangsspannung fast 0 V
Die Messungen zeigen auch, dass die Frequenz am oberen und am
unteren Ende der Eingangsspannung deutlich kleiner wird. Das ist der
Grund für die abfallende Tonhöhe des Tonsignals. Ich muss gestehen, das
hat mich überrascht. Eigentlich hatte ich Sinussignal erwartet, das nur
seine Amplitude verändert. Was aber am Ende dabei herausgekommen ist,
ist noch komplexer als gedacht.
Nochmal zurück zur endgültigen Schaltung. Hier wurden die Impedanzen im
Philbrick-Oszillator anders dimensioniert. Es ging vor allem darum,
eine Rückwirkung des Oszillators auf den Monoflop zu vermeiden. Deshalb
werde der erste Widerstand mit 100 kΩ sehr groß gewählt, der zweite
viel kleiner. Außerdem wurden zwei gleiche Kondensatoren verwendet. Die
Spannungsüberhöhung fällt damit viel kleiner aus, reicht aber immer
noch für ein sicheres Anschwingen aus. Mit vertauschten Widerständen
hatte ich das Problem, dass der Oszillator immer wieder die erste Stufe
neu triggern konnte. Das ist mit der endgültigen Dimensionierung
ausgeschlossen.
Wenn man genau hinhört, gibt es einen leisen Ton gleich zu Anfang des
Monoflop-Impulses. Er entsteht, weil die Schaltung von der ersten Stufe
aus gesehen tatsächlich eher ein Tiefpassfilter ist. Es dauert also
einen kurzen Moment, bis die mittlere Gleichspannung so weit
angestiegen ist, bis der Oszillator seine Arbeit ganz einstellt. Am
Ende des Monoflop-Impulses sinkt die Spannung abrupt um 0,5 V. Der
Oszillator kommt damit sofort in einen Bereich großer Lautstärke und
mittlerer Frequenz. Die Frequenzänderung wird also vor allem am Ende
wahrnehmbar. So entsteht der charakteristische Klang eines schwer
genervten Ausrufs.
Untersuchung des Tonverlaufs mit seinen Obertönen in SDR#. Der Elko
wurde dazu auf 100 µF vergrößert, damit der Vorgang langsamer abläuft.
Die Antenne ist nur etwa 10 cm lang. Man kann sie aber versuchsweise
verlängern und auch die Position des Geräts verändern. Wenn die Antenne
zu lang wird, kann das Geräusch schon durch die in geschlossenen Räumen
immer vorhandenen Wechselfelder der Netzleitungen ausgelöst werden.
Wenn man aber die richtige Länge findet und die Antenne nahe an der Tür
platziert wird, reagiert sie schon auf eintretende Personen und die sie
umgebenden statischen elektrischen Felder. Irgendwann haben dann
vielleicht alle verstanden, dass man gerne ungestört arbeiten möchte.