Elektropionier-Experimentierkästen von Mehano 1959 - 2020
Elektro-Experimentierkästen im Wandel der Zeit (5)
von Klaus Leder
Abb. 1: Experimentierkasten „Der kleine Elektrotechniker“ von Mehano aus dem Jahr 1966
Der Baukasten „Elektropionier“ wurde von der Firma Mehano in Izola,
Slowenien, 1959 erstmalig hergestellt und erschien 1966 in einer
zweiten, erweiterten Auflage in sieben Sprachen. Die Autoren Z. und V.
Kunst schreiben in der Einleitung: „Der Baukasten ist für Kinder
beiderlei Geschlechts im Alter von 10 bis 15 Jahren bestimmt und eignet
sich sowohl für Einzel- als auch Gruppenarbeit. Er kann in
allgemeinbildenden Schulen mit Erfolg verwendet werden, obwohl er
vorzugsweise zur Beschäftigung der Kinder außerhalb des offiziellen
Unterrichts bestimmt ist. Alle beschriebenen Versuche sind ohne Gefahr
durchführbar außer jenen, wozu Schwefelsäure und Kupfervitriol
verwendet werden. Deshalb sind in die Anleitungen zu diesen
Experimenten warnende Hinweise für Lehrer, Eltern und Kinder
eingearbeitet worden.“
Im Vergleich zu dem „Elektromann“ von Kosmos, der 1959 in der 19.
Auflage erschienen war, wirkt die Materialausstattung des
„Elektropioniers“ modern. Anstelle von Grundbrettern aus Buchenholz
gibt es eine Kunststoffplatte mit einem Lochraster. Der Motoranker muss
nicht mehr selbst gewickelt und zusammengesetzt werden, sondern ist wie
das Bürstenpaar schon fertiggestellt. Auch das Galvanoskop, das
Mikrofon und der Klingelanker sind als didaktisch gestaltete Modelle
bereits fertig aufgebaut. Damit ist die Durchführung der 160 Versuche
erleichtert worden und kann rascher bewältigt werden. In der Auflage
von 1966 wurde u. a. der Bau eines Elements aus Kupfer, Zink und
angesäuertem Wasser beschrieben: „In ein Glas Wasser gießen wir langsam
etwas Schwefelsäure, so daß wir eine zehnprozentige Schwefelsäurelösung
erhalten. Das Wasser erwärmt sich dabei. In diese Lösung tauchen wir
die Zink- und Kupferplatte …“.
Abb. 2: Materialausstattung des „Smart Section“-Experimentierkastens von Mehano aus dem Jahr 2005
In dem überarbeiteten Experimentierkasten unter dem Namen „Smart
Section“ von 2005 wird nun Kochsalzlösung für die Kupfer-Zink-Zelle
genutzt. Die Versuche „Der Akkumulator“, „Die Elektrolyse des Wassers“,
„Die Elektrolyse der Kupfervitriollösung“ und „Galvanoplastik“ sind aus
Gründen der Sicherheit verschwunden, die beiden Bleibleche entfernt
worden. Anstelle der Miniaturstecker sind Zugfedern als
Verbindungselemente getreten und die Spannungsversorgung wird nicht
mehr von einer 4,5 Volt-Flachbatterie sondern von einem 9 Volt-Block
übernommen. Die Gesamtkonzeption der Bauteile und des Versuchprogramms
des „Elektropioniers“ hat sich jedoch bis heute erhalten.
Abb. 3: Bauteileliste des Experimentierkastens „Smart Section“ von Mehano 2005
Das reichhaltige Versuchsprogramm erschließt Elektrizitätslehre und
Magnetismus, wie sie in den Physik-Lehrbüchern der Sekundarstufe I
behandelt werden.
Abb. 4: Beispielseite aus dem Kapitel „Elektrostatik“ des Anleitungsbuches.
Die Anleitung ist in sechs Kapitel gegliedert: Elektrostatik,
Magnetismus, Batterien und Elemente, Elektromagnetismus,
Elektromagneten in der Technik sowie Generatoren und Elektromotoren.
Abb. 5: Beispielseite aus dem Kapitel „Batterien und Elemente“ des Anleitungsbuches
Die Experimente haben treffende Überschriften und ihre Durchführung wird durch instruktive farbige Abbildungen erleichtert.
Abb. 6: Beispielseite aus dem Kapitel „Die Anwendung des Elektromagneten in der Technik“ des Anleitungsbuches
Interessanterweise werden die Baukästen unter den Namen ELECTRO PIONEER
CLASSIC und ELECTRO PIONEER ADVANCED seit einiger Zeit wieder bei
Conrad und Amazon angeboten. In dem um 7 € teureren Baukasten ELECTRO
PIONEER ADVANCED ist nicht nur der klassische Elektropionier mit 153
Versuchen enthalten, sondern zusätzlich das Material und die
Versuchsanleitung des früheren PLAY-TRONIC-Baukastens mit 120
Experimenten aus der Elektronik.
Abb. 7: Früherer Elektronikbaukasten PLAY-TRONIK von Mehano
Abb. 8: Bauteileliste des Elektronikbaukastens PLAY-TRONIK von Mehano
Abb. 9: Liste der Versuche des Elektronikbaukastens PLAY-TRONIK von Mehano
Fazit:
Der „Elektropionier“ von Mehano bietet ein wissenschaftspropädeutisches
Versuchsprogramm zur Elektrizität und zum Magnetismus an, das in
dieser lehrplanmäßigen Ausführlichkeit von heutigen Experimentierkästen
nicht mehr angestrebt und nicht erreicht wird. Bemerkenswert ist die
Persistenz dieser Konzeption, die im Wesentlichen seit 1966 unverändert
geblieben ist. Die 153 Versuche der Experimentieranleitung zur
Elektrizität und zum Magnetismus entsprechen Experimenten, die im
Physikunterricht der Sekundarstufe I demonstriert oder als
Schülerexperimente durchgeführt werden sollen. Sicherlich werden heute
nur relativ wenige Schülerinnen und Schüler das Interesse und die
notwendige Motivation mitbringen und die Versuche ohne Unterstützung
durch Lehrer und Eltern durchführen.
Zur Zeit der Corona-Pandemie bietet sich jedoch dieses Lehrmittel für
die Heimarbeit im Physikunterricht der Schülerinnen und Schüler der
Sekundarstufe I besonders an. Die Arbeit mit dem Experimentierkasten
verspricht durch die Eigentätigkeit der Lernenden, die Handarbeit und
die Motivation durch die lehrreichen Versuche mit Kommunikation über
das Internet große Lernerfolge. Der Elektronikteil des Baukastens kann
später auch noch in der Sekundarstufe II genutzt werden.
Physiklehrerinnen und -lehrer sollten die Einsatzmöglichkeiten dieses
Lehrmittels für die aktuelle Heimarbeit und auch für schulische
Arbeitsgemeinschaften prüfen. Die Fördervereine der Schulen und
Sponsoren werden diese Chance für ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand
unterstützen.
s.a.
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