3.3 Mehr Verstärkung

von Andreas Thaler

Elektronik-Labor  Projekte  Lernpakete  Grundschaltungen





Mit diesem Versuch soll ermittelt werden, ob auch ein geringer Basisstrom den Transistor noch voll durchschaltet. Und ob dieser geringe Strom reicht, die angeschlossene rote LED zum Leuchten zu bringen (2). Zum Vergleich Kollektorstrom mit Laststrom1 wird die Kollektor-/Emitterstrecke mit einem Schalter (Steckkabel) gegen Masse überbrückt. Sollten sich die beiden Ströme unterscheiden, müsste das als Helligkeitsunterschied bei der grünen LED zu erkennen sein. Die Schaltung wird berechnet, simuliert, am Steckbrett aufgebaut und durchgemessen. Es folgt zum Schluss wieder ein Fazit.

 

 

Berechnungen

 

Zum grundsätzlichen Rechengang siehe 3.1 Transistor-Schalter 


Basisstrom

U = R * I
9 V - 1,8 V - 0,7 V = 332,2 kOhm * IB
IB = 6,5 V / 332 kOhm

IB ~ 19,57 uA


Kollektorstrom

U = R * I
9 V - 2 V = 2,2 kOhm * IC
IC = 7 V / 2.2 kOhm

IC ~ 3,2 mA

 

Arbeitslinie

 

Zur Ermittlung der Arbeitslinie im Kennlinienfeld IC – UCE siehe 3.1 Transistor-Schalter

 

 

Die interpolierte Kennlinie für IB ~ 20uA schneidet die Arbeitslinie bei ca. IC = 3,2 mA/UCE = 0,1V. Der Transistor schaltet demnach mit einem Basisstrom von IB ~ 20uA voll durch.

Zu beachten ist, dass es sich hier um eine – relativ ungenaue – grafische Näherung handelt. Das Kennlinienfeld bezieht sich zudem immer auf einen bestimmten UCE-Wert der in der tatsächlichen Schaltung nicht gegeben sein muss. Auch werden Transistoren zwar eines Typs aber mit unterschiedlichen Verstärkungsfaktoren (B) in einem Kennlinienfeld zusammengefasst.

Alle über das Kennlinienfeld ermittelten Werte sollten daher mit Vorbehalt betrachtet werden. Sie dienen einer Annäherung an die Werte der tatsächlichen Schaltung, bei der noch zusätzlich  Bauteiletoleranzen zu berücksichtigen sind.

 

 

Simulation

Wir simulieren die Schaltung wieder in EveryCircuit.

Auch für die Schaltungssimulation gilt sinngemäß das, was zum Kennlinienfeld angemerkt wurde. Es handelt sich um eine Annäherung an die Werte der tatsächlichen Schaltung.

 

Mit offenem Schalter:

Zu erkennen ist der Spannungabfall UCE = 0,146 Volt am Transistor. Der Spannungabfall stimmt mit dem zuvor über das Kennlinienfeld ermittelten Wert sehr gut überein.

 

Mit geschlossenem Schalter:

Interessant ist, dass der Basisstrom hier nicht über den Emitter nach Masse fließt, sondern über den Kollektor. Grund dafür ist, dass der Basisstrom beim Weg über den Schalter nicht die Basis-Emitter-Strecke überwinden muss, was eine Potentialdifferenz von UBE = 0,619 Volt bedeuten würde. Über den Schalter beträgt die Potentialdifferenz 0 Volt, dh. es besteht direkte Verbindung zur Masse.

 

Aufbau der Schaltung am Steckbrett


Mit offenem Schalter:

 

Mit geschlossenem Schalter:

 

Es ist kein Unterschied in der Helligkeit der grünen LED zu erkennen. Das bedeutet, dass der Transistor genauso gut leitet wie bei einem direkten Anschluss der grünen LED an Masse.

 

Messungen

 

Die Spannungabfälle an den Bauteilen der Schaltung werden mit einem Multimeter gemessen und den in der Simulation ermittelten Werten gegenübergestellt. Einmal mit offenem und einmal mit geschlossenem Schalter.

 

MIT OFFENEM SCHALTER

simulierte Werte (V)

gemessene Werte (V)

ULED rot

1,16

1,62

UR 2.2k (1)

0,047

0,043

UR 330k

7,04

6,64

ULED grün

1,81

1,94

UR 2,2k (2)

7,05

6,89

UBE

0,752

0,664

UCE

0,146

0,131


Berechnung Basisstrom IB aus Spannungsabfall am 330-kOhm-Widerstand:


U = R * I
6,64 V = 330 kOhm * IB
IB = 6,64 V / 330 kOhm

IB ~ 20,12 uA (simuliert: 21,30 uA)

 

Berechnung Kollektorstrom IC aus Spannungsabfall am 2,2-kOhm-Widerstand 2 (= Vorwiderstand grüne LED):

U = R * I
6,89 V = 2,2 kOhm * IC
IC = 6,89 V / 2,2 kOhm

IC ~ 3,13 mA (simuliert: 3,20 mA)


MIT GESCHLOSSENEM SCHALTER

simulierte Werte (V)

gemessene Werte (V)

ULED rot

1,16

1,62

UR 2.2k (1)

0,048

0,044

UR 330k

7,17

6,74

ULED grün

1,81

1,95

UR 2,2k (2)

7,19

7,02

UBE

0,619

0,588

UCE

0

0,012

 

Berechnung Laststrom IL aus Spannungsabfall am 2,2-kOhm-Widerstand 2 (= Vorwiderstand grüne LED):


U = R * I
7,02 V = 2,2 kOhm * IL
IL = 7,02 V / 2,2 kOhm

IL ~ 3,20 mA (simuliert: 3,27 mA)

 

Fazit

 

Nochmals unsere Fragen, die wir uns eingangs gestellt hatten:

Mit diesem Versuch soll (1) ermittelt werden, ob auch ein geringer Basisstrom den Transistor noch voll durchschaltet. Und ob dieser geringe Strom reicht, die angeschlossene rote LED zum Leuchten zu bringen (2).

ad (1): Ja, auch der geringe Basisstrom IB ~ 20,12 uA schaltet den Transistor noch voll durch. Zu sehen ist das

    am fast gleichen Spannungsabfall an der grünen LED bei offenem und geschlossenem Schalter (1,94 V zu 1,95 V),

    am geringen Spannungsabfall an der Kollektor-/Emitterstrecke UCE = 0,131 V,

    am Vergleich Kollektorstrom zu Laststrom1 (IC = 3,13 mA zu IL = 3,20 mA),

    an gleicher Helligkeit der grünen LED bei offenem und geschlossenem Schalter sowie

    am Kennlinienfeld mit eingezeichneter Arbeitslinie

ad (2): Ja, die rote LED leuchtet auch bei diesem geringen (Basis)Strom von ~ 20,12 uA noch. Das ist bemerkenswert, da der Nennstrom für die LED 20 mA beträgt, also rund 1000 mal mehr.

Dieser Versuch zeigt, dass die Berechnung von Schaltungen mit Halbleitern (LED, Transistor) bereits einigermaßen (zeit)aufwändig ist. Für die Praxis kann man daher stärker auf Schaltungssimulation setzen, wobei man sich jedoch immer vorher ein Bild über die Funktionsweise der Schaltung und die relativen Spannungs- und Stromverhältnisse machen sollte. Damit verhindert man, dass man sich blind auf die Software verlässt und gegebenenfalls die Schaltung nicht vollständig versteht. Erst die tatsächliche Schaltung auf dem Steckbrett mit ihren gemessenen Werten zeigt die Realität.

__
 

1 Da wir den Transistor überbrücken, fließt damit kein Kollektorstrom mehr. Daher die Bezeichnung „Laststrom