4.2 Energie sammeln

von Andreas Thaler

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Mit dieser Schaltung aus der Reihe „Grundschaltungen der Elektronik“ von Burkhardt Kainka soll gezeigt werden, dass die Hautoberfläche leitet und dabei dem Strom Widerstand entgegensetzt. Über einen Finger soll dabei der Kondensator C1 aufgeladen und mit der gespeicherten Ladung die LED zum Aufleuchten gebracht werden. Der Finger als Leiter wird im Schaltplan als S1 mit Ersatzwiderstand R1 (für den Hautwiderstand) dargestellt. Die Schaltung entspricht ansonsten 4.1 „Laden und entladen“, siehe die Besprechung hier.

 

Messung des Hautwiderstandes/Berechnung

 

Mit dem Multimeter (Ohmmessung) wird der Widerstand der Fingerkuppe zwischen den beiden Messpunkten gemessen. Die stark schwankende Anzeige am Multimeter ergibt 30 MOhm Widerstand als gemittelten Wert.

Auf diesem Ersatzwiederstand basiert die folgende Berechnung der Ladezeit von C1 mit Electronics Engineering ToolKIT PRO (eine iOS-App für Elektronik).

(Bezüglich Ladung und Entladung eines Kondensators siehe auch die Besprechung zu 4.1 „Laden und Entladen“.)

 

 

R1 und R2 werden zusammengefasst und als 30-MOhm-Gesamtwiderstand in die App eingegeben. Da R1 (Ersatzwiderstand Finger) ohnehin nicht genau ermittelt werden konnte und 27 kOhm (R2) in dieser Reihenschaltung den Gesamtwiderstand nicht bedeutend erhöhen, wird diese Unschärfe in Kauf genommen. Für den 10-uF-Kondensator ergibt sich somit bei 9 Volt Ladespannung und einem Widerstand von 30 MOhm eine Gesamtladezeit von 25 Minuten (bei 5 Tau).

·        Im Versuch soll aufgrund der hohen Gesamtladezeit die Spannung bereits bei 1 Tau mit 5,69 Volt verifiziert werden. Diese Kondensatorspannung sollte sich nach fünf Minuten Ladezeit ergeben (s. Abbildung oben).

·        Weiters soll überprüft werden, ob die Ladung nach 1 Tau ausreicht um die LED zum Aufleuchten zu bringen.

 

 

Schaltungssimulation mit EveryCircuit

 

Ladestrom

Der maximale Ladestrom beträgt 300 nA und wird beim Start des Ladevorganges erreicht. Danach verringert sich der Ladestrom exponentiell. Die Ladespannung verhält sich genau umgekehrt, sie steigt exponentiell bis zum Betrag der Ladespannung. Danach sperrt der Kondensator (Gleichstromkreis). Die folgende Abbildung zeigt den momentanen Stromfluss durch den Kondensator zu Beginn der Simulation.

 

 

Kondensatorspannung

Berechnung und Simulation stimmen überein. 1 Tau ist nach 5 min bei 5,69 V Kondensatorspannung erreicht. Die Abbildung zeigt den Anstieg der Spannungskurve, die in der Folge immer flacher wird, da es sich, wie schon gesagt, um einen exponentiellen Vorgang handelt.


 

 

 

Aufbau der Schaltung am Steckbrett

 

Zum Einsatz kommt wieder das Experimentier-Steckboard EXSB1 von ELV. Es bietet eine große Steckfläche, Anschlüsse sowie häufig benötigte Bauteile wie Schalter und Potenziometer. Praktisch sind Mess- und Massepunkte zum Anschließen von Messgeräten. Das spart auf dem Steckboard Platz, da so Messspitzen und Klemmen nicht direkt in die Schaltung gebracht werden müssen.

 

 

 

Laden des Kondensators

Als Schalter S1 für die Verbindung des Pluspols der Spannungsversorgung mit dem Kondensator, wird eine zweipolige Stiftleiste eingesetzt …

 

 

 

… und mit einem Finger der Kontakt geschlossen …

 


… was im Interesse einer stabilen Verbindung etwas Fingereinsatz erfordert ;-)

 

 

Nach fünf Minuten Ladezeit sollte - laut Berechnung – 1 Tau mit einer Kondensatorspannung von 5,69 Volt erreicht sein. Überprüft wird das mit dem Multimeter, das mit Federklemmen über einen der Messpunkte und Masse an das Steckboard angeschlossen ist. Ein Steckkabel verbindet dabei die Elektrode des Kondensators, die mit dem Pluspol der Spannungsversorgung verbunden ist, mit dem Messpunkt.

 


Um den Kondensator nur kurz zu belasten (Spannungseinbruch), wird das Multimeter über einen zwischengeschalteten Taster mit dem Potential des Kondensators gegen Masse verbunden. Per Tastendruck kann der gemessene Spannungswert auf dem Gerät abgelesen werden.

 

 

 

Das Multimeter zeigt nach fünf Minuten Ladezeit eine Kondensatorspannung in der Höhe von 4,12 Volt .

 


Damit wurden die berechneten 5,69 Volt nicht erreicht.

Dafür kann es verschiedene Gründe geben:

1.      Der Hautwiderstand wurde mit 30 MOhm zu gering angesetzt.

2.      Bauteileschwankungen

3.      Die Verbindungen mit Steckkabeln waren nicht stabil, was immer wieder vorkommt.

4.      Oder auch alle Faktoren zusammen

 

(B.K. Ein weiterer Grund liegt im Messgerät. Ein Digitalmultimeter ermittelt den Messwert über das Laden und Entladen einen Kondensators und über eine Zeitmessung. Eine Messung dauert rund 100 ms. Der Messwert wird über diese Zeit gemittelt. Die relativ langsame Messung bedeutet zugleich, dass das Messobjekt,  der Kondensator,  in dieser Zeit über den Innenwiderstands des Multimeters etwas  schon etwas entladen wird.)


Entladen des Kondensators


Über einen zweiten Taster auf dem Steckboard wird nun der teilgeladene Kondensator über die LED entladen. Ein schwacher Lichtblitz bestätigt, dass der Kondensator geladen und seine Spannung ausreichend war, um die LED kurz zu aktivieren. Die bei 1 Tau (im Optimalfall) mit 5,69 Volt erreichte Spannung reicht damit auf jeden Fall für diesen Zweck aus. Die Ladung des Kondensators beträgt bei einer Kapazität von 10 uF und 4,12 V Kondensatorspannung:

Q = C * U

Q = (10*10-6 F)*4,12 V

Q = 41,2 uC

(41,2 Mikro-Coulomb, das entspricht einem Strom von 41,2 uA, der eine Sekunde lang fließt.)

 

 

Fazit

 

Auch wenn die gemessene Kondensatorspannung nicht (ganz) der Berechnung entspricht, konnte doch gezeigt werden, dass die Hautoberfläche leitet und dabei einen - beträchtlichen - Widerstand bildet. Der maximale Ladestrom, der bei 9 Volt Ladespannung und einem Ersatzwiderstand von 30 MOhm (R1) plus 27 kOhm (R2) über die Fingerkuppe fließt, beträgt gemäß Schaltungssimulation 300 nA und ist aufgrund seiner geringen Größe nicht wahrnehmbar. Die bei 1 Tau erreichte Kondensatorspannung von 4,12 V reichte aus, um die LED schwach aufleuchten zu lassen. Die an der Fingerkuppe anliegende Spannung ist zwar gering, es sollte dennoch nie vergessen werden, dass zum Beispiel Feuchtigkeit oder Nässe den Widerstand der Hautoberfläche verringern und damit (nach dem Ohmschen Gesetz) ein größerer Strom fließt. Daher sollte man immer genau überlegen und prüfen, was nach Anlegen einer Spannung an eine Schaltung passiert, insbesondere, wenn man – wie hier – selbst Teil davon ist. Das erhält die Gesundheit und kann auch den vorzeitigen Abgang von Bauteilen verhindern :-)