In diesem Versuch - aus der Reihe „Grundschaltungen
der Elektronik“ von Burkhardt Kainka - soll untersucht werden, wie ein
Kondensator im Gleichstromkreis Ladung aufnimmt und abgibt.
Während ein Kondensator mit Gleichspannung aufgeladen
wird, erhöht sich seine Spannung exponentiell (siehe auch Versuch 4.1 „Laden
und entladen“). Gleichzeitig nimmt der Strom, den der Kondensator beim
Ladevorgang durchlässt, exponentiell ab. Dies soll an zwei LEDs gezeigt werden,
die kurz aufleuchten, sobald der Kondensator geladen wird.
Die grüne LED1 ist über den Schalter S1 mit dem Pluspol der Spannungsversorgung
verbunden. Wird der Schalter geschlossen, fließt über den Widerstand R3 Strom
zum Kondensator C1. Der Kondensator lädt auf und läßt Strom durch, bis er
sperrt. Gleichzeitig fließt auch Strom über R2 und R1 nach Masse ab. Es liegt
ein Stromteiler vor; durch den Stromabfluss nach Masse verkleinert sich das
Potential, auf dem R2 und C1 gemeinsam liegen. Damit sollte die maximal
erreichbare Kondensatorspannung unter den 9 Volt Speisespannung liegen.
Der Ladestrom, der durch den Kondensator
fließt, bildet gleichzeitig auch den Basisstrom für Transistor T1, an dessen
Kollektor die rote LED2 mit ihrem Vorwiderstand R6 als Last angeschlossen ist.
Der Basisstrom schaltet den Transistor durch, LED2 leuchtet auf solange die
Basisspannung dafür ausreicht, die über C1 exponentiell kleiner wird.
C1 bleibt solange geladen, als S1
geschlossen ist und der Kondensator damit an der Speisespannung liegt. Wird S1
geöffnet, entlädt C1 über R2, R1 und R4 und bildet mit diesen Bauteilen einen
Stromkreis. Sobald der Kondensator entladen ist, ist die Schaltung wieder im
Ausgangszustand. Schließt man S1 bevor der Kodensator vollständig entladen ist,
fließt ein kleinerer Strom und lässt beide LEDs nur schwach aufleuchten. Grund
dafür ist, dass mit zunehmender Kondensatorspannung weniger Strom durch den
Kondensator gelangt.
1.
Die maximale Kondensatorspannung sowie die Ladezeit des Kondensators C1 über LED1 und R3 können mit den mir
zur Verfügung stehenden Mitteln (Handberechnung, App für Elektronik) nicht ermittelt
werden, da es sich um eine nichtlineare Schaltung (LEDs) in Verbindung mit
einem Stromteiler (über R3) handelt. Der Rechenaufwand dafür setzt
entsprechende Mathematikkenntnisse voraus und würde außerdem sehr viel Zeit
benötigen, was in diesem Fall nicht praxisgerecht wäre. Die Berechnungen werden
daher über eine Schaltungssimulation vorgenommen.
2.
Die Entladezeit von C1 über R2, R1 und R4 wird mit Electronics Engineering
ToolKIT PRO, einer Elektronik-App für iOS, berechnet. Basis
dafür ist die in der Schaltungssimulation ermittelte maximale
Kondensatorspannung.
3.
Die maximalen Ströme durch LED1 und LED2. Die Ermittlung erfolgt
ebenfalls durch die Schaltungssimulation.
4.
Über drei Messpunkte soll mit
dem Oszilloskop das Lade- und
Entladeverhalten des Kondensators beobachtet werden. Ebenso soll der Verlauf der Kollektor-Emitterspannung UCE
des Transistors gezeigt werden.
Maximale
Kondensatorspannung
Der Kondensator erreicht eine maximale
Spannung von 7,65 Volt. Der Stromteiler über R3 verkleinert das Potential, auf
dem R2 und C1 liegen. Die Ermittlung der Kondensatorspannung kann in dieser
Simulation ohne Belastung durch das Messgerät erfolgen, was in der realen
Schaltung nicht der Fall ist.
Ladezeit
Kondensator
Die Ladezeit des Kondensators liegt im
unteren Millisekundenbereich.
Entladezeit
Kondensator C1
Die Kondensatorspannung in der Höhe von
7,65 Volt wurde in der Schaltungssimulation berechnet. Über die Reihenschaltung
R2 + R1 + R4 (= 332 kOhm Gesamtwiderstand) entlädt der Kondensator in ca. 16
Sekunden. Die Berechnung erfolgt mit Electronics Engineering ToolKIT PRO.
Maximale
Ströme LED1 und LED2
Der maximale Strom durch LED1 beträgt 2,27 mA. Der Stromfluss nimmt
exponentiell ab und endet nach ca. 100 Millisekunden.
Der maximale Strom durch LED2
beträgt 3,31 mA und fließt ca. 50 Millisekunden lang. Da die Spannungskurve
annähernd rechteckförmig verläuft, fließt der Maximalstrom durch LED2 deutlich länger
als durch LED1.
Lade-
und Entladeverhalten des Kondensators
Messpunkt
1
Spannungsverlauf an Widerstand R2 nach
Öffnen von S1. Um den Kondensator nicht zu belasten (Parallelschaltung des
Voltmeters) erfolgt die Messung an R2 und nicht direkt an C1. Mit abnehmender
Kondensatorspannung verringert sich im Verhältnis auch die Spannung an R2. Die
rechte Flanke der Kurve fällt flach ab und erreicht nach ca. 16 Sekunden 0 Volt
(s. App).
Messpunkt 2
Gespiegelte Ladekurve des Kondensators an
R5. Die Spannung am Widerstand erreicht zu Beginn ihren Maximalwert und fällt in
der Folge exponentiell ab, während die Spannung am Kondensator exponentiell
steigt (da der Widerstand des Kondensators zunimmt).
Messpunkt 3
Verlauf der Kollektor-Emitterspannung UCE
an Transistor T1. UCE fällt für ca. 30 Millisekunden auf 0 Volt, damit
ist der Transistor voll durchgeschaltet. Danach nimmt UCE schnell zu.
Die Schaltung wird wieder auf dem Experimentier-/Steckboard EXSB1 von ELV gesetzt.
Messung des Lade- und Entladeverhaltens von
Kondensator C1 mit dem Digital-Oszilloskop
DSO138. Die Federklemme des Tastkopfs ist an einem
frei wählbaren Messpunkt des Steckboards angebracht, die Erdungsklemme liegt
auf einm Massepunkt. Am Tastkopf ist das Teilerverhältnis mit 10 MOhm : 1MOhm
eingestellt, dh. am Oszilloskop wird jeweils ein Zehntel der tatsächlichen
Spannungswertes angezeigt. Mit einem Messwiderstand von 10 MOhm wird die
gemessene Schaltung weniger belastet, was genauere Messwerte ergibt.
Verbindung des Messpunkts 1 mit dem Eingang von R2 (blaues Steckkabel)
Die Spannungskurve stimmt mit der
Simulation überein. Beide LEDs leuchten
nach Schließen des Schalters S1 auf.
Die Entladung des Kondensators nach Öffnen
von S1 ist hier nicht abgebildet, da die am Oszilloskop gewählte Zeiteinheit
von 0,1 Sekunden/Division dafür zu klein ist (Gesamtentladezeit = 16 Sekunden).
Hier ein Ausschnitt aus der Entladekurve
von C1.
Verbindung des Messpunkts 2 mit dem Eingang von R5 (blaues Steckkabel)
Der Spannungsabfall an R5 (gespiegelte
Ladekurve von C1) stimmt gut mit der Simulation überein.
Verbindung des Messpunkts 3 mit dem Kollektor von Transistor T1 (blaues
Steckkabel)
Der Spannungsverlauf UCE stimmt
mit der Simulation sehr gut überein.
Das Lade- und Entladeverhalten eines
Kondensators an Gleichspannung konnte gezeigt werden. Beide LEDs leuchteten bei
Anlegen der Speisespannung kurz auf bis der Kondensator geladen war. Die
Spannungsverläufe an Kondensator und Kollektor-Emitter-Strecke des Transistors stimmten
in Simulation und Messung mit dem Oszilloskop gut miteinander überein.
Diese Schaltung bietet bereits interessante
Komplexität und einige für das Oszilloskop lohnende „Spannungsobjekte“ zur
Beobachtung. Aufgrund der Nichtlinearität der Schaltung (zwei LEDs) und der
exponentiell verlaufenden Lade- und Entladekurven des Kondensators, ist die
Grenze für eine Handberechnung erreicht. Hier kommen Schaltungssimulation und
App zum Einsatz. Die Ergebnisse werden dann mit einer Messung und Beobachtung
der realen Schaltung überprüft.
Natürlich wird man nicht jede Schaltung auf
diese Weise untersuchen, zumindest so lange nicht, bis man ausreichend
Erfahrung gesammelt hat. Aber auch dann sollte die fertige Schaltung
durchgemessen werden, um die angenommenen Werte zu bestätigen und eine
allfällige spätere Fehlfunktion – zum Beispiel durch Überlastung von Bauteilen
– zu vermeiden.
Erratum
Nach
Fertigstellung meines Berichts habe ich festgestellt, dass ich in der
Simulation die Messpunkte 1 und 2 nicht gegen Masse gesetzt hatte wie es bei
der Messung mit dem Oszilloskop der Fall war. Dadurch ergeben sich in der
Simulation geringfügig niedrigere Spannungswerte, da ich die Spannungsabfälle
an den Widerständen R2 und R5 – nicht aber deren Eingänge gegen Masse –
gemessen hatte. Die Kurvenläufe sollten dadurch aber nicht verändert sein. Ich
nehme es für mich als „Learning“ und bitte meine Leser um Nachsicht :-)