4.3 Verstärkter Blitz

von Andreas Thaler

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In diesem Versuch - aus der Reihe „Grundschaltungen der Elektronik“ von Burkhardt Kainka - soll untersucht werden, wie ein Kondensator im Gleichstromkreis Ladung aufnimmt und abgibt.

Während ein Kondensator mit Gleichspannung aufgeladen wird, erhöht sich seine Spannung exponentiell (siehe auch Versuch 4.1 „Laden und entladen“). Gleichzeitig nimmt der Strom, den der Kondensator beim Ladevorgang durchlässt, exponentiell ab. Dies soll an zwei LEDs gezeigt werden, die kurz aufleuchten, sobald der Kondensator geladen wird.

 

Zur Schaltung


Die grüne LED1 ist über den Schalter S1 mit dem Pluspol der Spannungsversorgung verbunden. Wird der Schalter geschlossen, fließt über den Widerstand R3 Strom zum Kondensator C1. Der Kondensator lädt auf und läßt Strom durch, bis er sperrt. Gleichzeitig fließt auch Strom über R2 und R1 nach Masse ab. Es liegt ein Stromteiler vor; durch den Stromabfluss nach Masse verkleinert sich das Potential, auf dem R2 und C1 gemeinsam liegen. Damit sollte die maximal erreichbare Kondensatorspannung unter den 9 Volt Speisespannung liegen.

Der Ladestrom, der durch den Kondensator fließt, bildet gleichzeitig auch den Basisstrom für Transistor T1, an dessen Kollektor die rote LED2 mit ihrem Vorwiderstand R6 als Last angeschlossen ist. Der Basisstrom schaltet den Transistor durch, LED2 leuchtet auf solange die Basisspannung dafür ausreicht, die über C1 exponentiell kleiner wird.

C1 bleibt solange geladen, als S1 geschlossen ist und der Kondensator damit an der Speisespannung liegt. Wird S1 geöffnet, entlädt C1 über R2, R1 und R4 und bildet mit diesen Bauteilen einen Stromkreis. Sobald der Kondensator entladen ist, ist die Schaltung wieder im Ausgangszustand. Schließt man S1 bevor der Kodensator vollständig entladen ist, fließt ein kleinerer Strom und lässt beide LEDs nur schwach aufleuchten. Grund dafür ist, dass mit zunehmender Kondensatorspannung weniger Strom durch den Kondensator gelangt.

 

Berechnungen/Messungen

 

1.      Die maximale Kondensatorspannung sowie die Ladezeit des Kondensators C1 über LED1 und R3 können mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln (Handberechnung, App für Elektronik) nicht ermittelt werden, da es sich um eine nichtlineare Schaltung (LEDs) in Verbindung mit einem Stromteiler (über R3) handelt. Der Rechenaufwand dafür setzt entsprechende Mathematikkenntnisse voraus und würde außerdem sehr viel Zeit benötigen, was in diesem Fall nicht praxisgerecht wäre. Die Berechnungen werden daher über eine Schaltungssimulation vorgenommen.

2.      Die Entladezeit von C1 über R2, R1 und R4 wird mit Electronics Engineering ToolKIT PRO,   einer Elektronik-App für iOS, berechnet. Basis dafür ist die in der Schaltungssimulation ermittelte maximale Kondensatorspannung.

3.      Die maximalen Ströme durch LED1 und LED2. Die Ermittlung erfolgt ebenfalls durch die Schaltungssimulation.

4.      Über drei Messpunkte soll mit dem Oszilloskop das Lade- und Entladeverhalten des Kondensators beobachtet werden. Ebenso soll der Verlauf der Kollektor-Emitterspannung UCE des Transistors gezeigt werden.

 

 

 

Schaltungssimulation mit EveryCircuit

 

Maximale Kondensatorspannung

 


Der Kondensator erreicht eine maximale Spannung von 7,65 Volt. Der Stromteiler über R3 verkleinert das Potential, auf dem R2 und C1 liegen. Die Ermittlung der Kondensatorspannung kann in dieser Simulation ohne Belastung durch das Messgerät erfolgen, was in der realen Schaltung nicht der Fall ist.

 

 

Ladezeit Kondensator

 


Die Ladezeit des Kondensators liegt im unteren Millisekundenbereich.

 

 

Entladezeit Kondensator C1

 

 

Die Kondensatorspannung in der Höhe von 7,65 Volt wurde in der Schaltungssimulation berechnet. Über die Reihenschaltung R2 + R1 + R4 (= 332 kOhm Gesamtwiderstand) entlädt der Kondensator in ca. 16 Sekunden. Die Berechnung erfolgt mit Electronics Engineering ToolKIT PRO.

 

 

 

Maximale Ströme LED1 und LED2

 

 

Der maximale Strom durch LED1 beträgt 2,27 mA. Der Stromfluss nimmt exponentiell ab und endet nach ca. 100 Millisekunden.

 

 

 

Der maximale Strom durch LED2 beträgt 3,31 mA und fließt ca. 50 Millisekunden lang. Da die Spannungskurve annähernd rechteckförmig verläuft, fließt der Maximalstrom durch LED2 deutlich länger als durch LED1.

 

 

Lade- und Entladeverhalten des Kondensators

 

Messpunkt 1

 

 

Spannungsverlauf an Widerstand R2 nach Öffnen von S1. Um den Kondensator nicht zu belasten (Parallelschaltung des Voltmeters) erfolgt die Messung an R2 und nicht direkt an C1. Mit abnehmender Kondensatorspannung verringert sich im Verhältnis auch die Spannung an R2. Die rechte Flanke der Kurve fällt flach ab und erreicht nach ca. 16 Sekunden 0 Volt (s. App).

 

 

 

 

Messpunkt 2



Gespiegelte Ladekurve des Kondensators an R5. Die Spannung am Widerstand erreicht zu Beginn ihren Maximalwert und fällt in der Folge exponentiell ab, während die Spannung am Kondensator exponentiell steigt (da der Widerstand des Kondensators zunimmt).

 

Messpunkt 3



Verlauf der Kollektor-Emitterspannung UCE an Transistor T1. UCE fällt für ca. 30 Millisekunden auf 0 Volt, damit ist der Transistor voll durchgeschaltet. Danach nimmt UCE schnell zu.

(BK: In der Simulation steigt der Spannung bis etwa 9 V, in der realen Messung dagegen nur bis 7 V. Der Unterschied liegt daran, dass das Messgerät in der Simulation unendlich hochohmig ist, der Oszi-Tastkopf mit 1:10 hat dagegen 10 MOhm und führt zu einem Spannungsabfall an der LED.)

 

 

Aufbau der Schaltung/Messungen mit dem Oszilloskop


Die Schaltung wird wieder auf dem Experimentier-/Steckboard EXSB1
von ELV gesetzt.

 

 

 

 

 

 

Messung des Lade- und Entladeverhaltens von Kondensator C1 mit dem Digital-Oszilloskop DSO138. Die Federklemme des Tastkopfs ist an einem frei wählbaren Messpunkt des Steckboards angebracht, die Erdungsklemme liegt auf einm Massepunkt. Am Tastkopf ist das Teilerverhältnis mit 10 MOhm : 1MOhm eingestellt, dh. am Oszilloskop wird jeweils ein Zehntel der tatsächlichen Spannungswertes angezeigt. Mit einem Messwiderstand von 10 MOhm wird die gemessene Schaltung weniger belastet, was genauere Messwerte ergibt.

 

 

Verbindung des Messpunkts 1 mit dem Eingang von R2 (blaues Steckkabel)

 


Die Spannungskurve stimmt mit der Simulation überein. Beide LEDs leuchten nach Schließen des Schalters S1 auf.

Die Entladung des Kondensators nach Öffnen von S1 ist hier nicht abgebildet, da die am Oszilloskop gewählte Zeiteinheit von 0,1 Sekunden/Division dafür zu klein ist (Gesamtentladezeit = 16 Sekunden).

 

 

Hier ein Ausschnitt aus der Entladekurve von C1.

 

 

Verbindung des Messpunkts 2 mit dem Eingang von R5 (blaues Steckkabel)

 

 

Der Spannungsabfall an R5 (gespiegelte Ladekurve von C1) stimmt gut mit der Simulation überein.



 

Verbindung des Messpunkts 3 mit dem Kollektor von Transistor T1 (blaues Steckkabel)

 

 

Der Spannungsverlauf UCE stimmt mit der Simulation sehr gut überein.

 

 

Fazit

 

Das Lade- und Entladeverhalten eines Kondensators an Gleichspannung konnte gezeigt werden. Beide LEDs leuchteten bei Anlegen der Speisespannung kurz auf bis der Kondensator geladen war. Die Spannungsverläufe an Kondensator und Kollektor-Emitter-Strecke des Transistors stimmten in Simulation und Messung mit dem Oszilloskop gut miteinander überein.

Diese Schaltung bietet bereits interessante Komplexität und einige für das Oszilloskop lohnende „Spannungsobjekte“ zur Beobachtung. Aufgrund der Nichtlinearität der Schaltung (zwei LEDs) und der exponentiell verlaufenden Lade- und Entladekurven des Kondensators, ist die Grenze für eine Handberechnung erreicht. Hier kommen Schaltungssimulation und App zum Einsatz. Die Ergebnisse werden dann mit einer Messung und Beobachtung der realen Schaltung überprüft.

Natürlich wird man nicht jede Schaltung auf diese Weise untersuchen, zumindest so lange nicht, bis man ausreichend Erfahrung gesammelt hat. Aber auch dann sollte die fertige Schaltung durchgemessen werden, um die angenommenen Werte zu bestätigen und eine allfällige spätere Fehlfunktion – zum Beispiel durch Überlastung von Bauteilen – zu vermeiden.

Erratum

Nach Fertigstellung meines Berichts habe ich festgestellt, dass ich in der Simulation die Messpunkte 1 und 2 nicht gegen Masse gesetzt hatte wie es bei der Messung mit dem Oszilloskop der Fall war. Dadurch ergeben sich in der Simulation geringfügig niedrigere Spannungswerte, da ich die Spannungsabfälle an den Widerständen R2 und R5 – nicht aber deren Eingänge gegen Masse – gemessen hatte. Die Kurvenläufe sollten dadurch aber nicht verändert sein. Ich nehme es für mich als „Learning“ und bitte meine Leser um Nachsicht :-)