Eine
LED leitet den Strom in Durchlassrichtung und sperrt ihn in Gegenrichtung. Aber
wenn Licht von außen auf den LED-Kristall fällt, fließt auch in Sperrrichtung
ein kleiner Strom. Er ist allerdings sehr viel kleiner als ein Mikroampere und
wird meist überhaupt nicht bemerkt. Mit einer Darlingtonschaltung hat man
jedoch so viel Verstärkung, dass der verstärkte Strom eine LED deutlich zum
Leuchten bringt. Je heller es ist, desto heller leuchtet auch die rote LED.
Aufgrund der vier vorhandenen Halbleiter
(LED1, LED2, T1, T2) handelt es sich um eine nichtlineare Schaltung. Eine
Handberechnung wäre zu komplex und damit auch zu zeitaufwändig, abgesehen davon
stehen mir die dafür erforderlichen Mathematikkenntnisse (noch) nicht zur
Verfügung. Daher nehme ich eine Schätzung vor, simuliere die Schaltung anschließend
im Schaltungssimulator und messe den Aufbau am Steckboard.
T1 und T2 sind als stromverstärkende
Darlingtonschaltung zusammengeschaltet. LED1 wird in Sperrrichtung betrieben
und ist damit hochohmig. Die Stromversorgung der Darlingtonschaltung erfolgt
über einen Stromteiler am Kollektor von T2.
Aufgrund des sehr hohen Widerstandes von
LED1 ist von einem sehr kleinen Strom (Sperrstrom) auszugehen, der über R2,
LED1 und R1 fließt und den Basisstrom von T1 bildet. Über die
Kollektor-Emitter-Strecke von T1 fließt ein 500-mal stärkerer Kollektorstrom (Stromverstärkung
T1: B = 500), der wiederum den Basisstrom von T2 bildet. Auch dieser Basisstrom
wird um den Faktor 500 verstärkt (Stromverstärkung T2: B = 500) und bildet somit
den Kollektorstrom von T2, der LED2 mit R3 als Vorwiderstand versorgt.
Spannend ist, ob der sehr kleine Sperrstrom
durch LED1 über die Darlingtonschaltung ausreichend verstärkt wird, um LED2 zum
Leuchten zu bringen.
Ich gehe davon aus, dass auch bei
Dunkelheit ein Sperrstrom durch LED1 fließt, Lichteinfall den Widerstand von
LED1 verringert und damit den Sperrstrom vergrößert.
Daher soll die Schaltung einmal bei Betrieb
in Dunkelheit und einmal bei Betrieb unter Lichteinfall simuliert und aufgebaut
werden.
Simulation
von Lichteinfall im Schaltungssimulator
Der von mir eingesetzte Schaltungssimulator
EveryCircuit kann einen Lichteinfall nicht nachbilden. Daher muss der bei Licht
erhöhte Sperrstrom durch LED1 über eine Ersatzschaltung simuliert werden. Nur,
wie kann diese Ersatzschaltung aussehen?
Dazu Burkhard Kainka:
„In
der Simulation können Sie eine LED in Sperrrichtung nehmen, durch sie fließt
dann kein Strom. Parallel kommt aber ein Widerstand mit ca. 1000 MOhm, der für
den Sperrstrom sorgt.“
Habe ich hier Burkhard Kainka richtig
verstanden? Ich gehe ja davon aus, dass auch bei Dunkelheit
ein Sperrstrom durch LED1 fließt, da an
der LED Spannung anliegt. Der parallel geschaltete
Ersatzwiderstand von 1GOhm (= 1000 MOhm)
soll dann den Lichteinfall simulieren, da der
Widerstand der LED höher sein wird und
so der höhere Stromfluss nachgebildet werden kann.
Hier das Schaltbild mit dem
Ersatzwiderstand:
Betrieb
der Schaltung bei Dunkelheit
Das Wichtigste gleich vorab: Durch LED2 fließt ein Laststrom von 25,1 uA. Damit leuchtet sie, wenn auch nur schwach! Der geringe Sperrstrom durch LED1 wird von der Darlingtonschaltung tatsächlich auf einen dafür ausreichenden Kollektorstrom durch T2 verstärkt. In der Simulation fließen über den Stromteiler am Kollektor von T2 100 pA (= 0,1 nA) durch LED1. Dieser winzige Strom wird auf 49,9 nA Kollektorstrom durch T1 verstärkt. Dieser Kollektorstrom bildet wiederum den Basisstrom von T2, der den Kollektorstrom durch T2 auf 25 uA verstärkt. Die Verstärkung B = 500 durch jeweils beide Transistoren wird erreicht:
T1
100 * 10-12 A * 500 = 50 * 10-9 A = 50 nA
T2
49,9 * 10-9 A * 500 = 24,95 * 10-6 A ~ 25 uA
Beide Transistoren - zusammen als
Darlingtonschaltung - verstärken somit den Eingangsstrom von 100 pA um den
Faktor B = 250000 (500 B * 500 B) auf 25
uA:
B ~
B1 * B2
100 * 10-12 A * 500 * 500 = 25 uA
Betrieb
der Schaltung bei Lichteinfall
Durch den Ersatzwiderstand mit 1 GOhm
fließen 3,96 nA. Lediglich 100 pA (= 0,1 nA) fließen durch LED1. Das zeigt,
dass die LED in Sperrrichtung tatsächlich hochohmig ist. Der Gesamtstrom in
Höhe von 4,06 nA bildet den Basisstrom für T1, der auf 2,03 uA Kollektorstrom
verstärkt wird. Der dadurch gebildete Basisstrom von T2 wird wiederum auf 1,02
mA Kollektorstrom verstärkt. Die Simulation zeigt, dass der
nachgebildete Lichteinfall LED2 deutlich heller leuchten lässt als bei
Dunkelheit. Aber wie sieht es nun in der Realität aus? Leuchtet
LED2 tatsächlich bei Dunkelheit? Und leuchtet sie bei Lichteinfall heller? Und
welche Messwerte ergeben sich?
Die Schaltung wird wieder auf dem Experimentier-/Steckboard
EXSB1 von ELV gesetzt. (Die orangefarben leuchtende LED rechts gehört nicht
zur Schaltung. Sie zeigt an, dass am Bus des Steckboards Spannung anliegt).
Es ist deutlich zu sehen, dass LED2 bereits
bei relativ schwachem Umgebungslicht leuchtet.
Für den Betrieb der Schaltung bei
Dunkelheit wird LED1 abgedeckt (per aufsteckbarem Radiergummi für einen
Bleistift). Es ist zu sehen, dass auch bei Dunkelheit ein Sperrstrom durch LED1
fließt, der, verstärkt durch die Darlingtonschaltung, LED2 schwach leuchten
lässt.
Für den Betrieb bei Lichteinfall wird das
vorhandene Umgebungslicht durch eine LED-Lampe verstärkt. Der Lichteinfall
erhöht den Sperrstrom durch LED1 und lässt LED2 hell leuchten.
Betrieb bei
Dunkelheit |
simulierte Werte (V) |
gemessene Werte (V) |
Anmerkungen |
|
|
|
|
UR2 |
0 |
0 |
Spannungsabfall nicht messbar |
ULED1 |
6,69 |
0,34 |
LED2 leuchtet hell auf |
UCE T1 |
7,15 |
5,83 |
LED2 leuchtet auf |
UCE T2 |
7,77 |
6,98 |
|
ULED2 |
1,17 |
1,04 |
|
UR3 |
0,06 |
0,04 |
|
UBE T1 |
0,46 |
0,02 |
LED2 verlischt |
UBE T2 |
0,62 |
0,43 |
LED2 dunkelt etwas ab |
Betrieb bei Lichteinfall |
simulierte Werte (V) |
gemessene Werte (V) |
Anmerkungen |
|
|
|
|
UR2 |
0 |
0,00004 (= 40uV) |
|
ULED1 |
3,96 |
0,16 |
LED2 leuchtet etwas heller auf |
UCE T1 |
4,52 |
2,91 |
|
UCE T2 |
5,24 |
3,72 |
|
ULED2 |
1,52 |
1,83 |
|
UR3 |
2,24 |
3,20 |
|
UBE T1 |
0,56 |
0,20 |
LED2 dunkelt stark ab |
UBE T2 |
0,72 |
0,64 |
|
Die Auswertung zeigt, dass die simulierten
Werte von den gemessenen Werten teilweise stark abweichen.
Sehen wir uns die Abweichungen im Detail bei
Betrieb in Dunkelheit an:
ULED1:
6,69 V simuliert – 0,34 V gemessen – LED2 leuchtet hell auf
Die Abweichung beim Spannungsabfall ergibt
sich aus der Hochohmigkeit von LED1, die in Sperrrichtung betrieben wird. Ihr
Widerstand ist um ein Mehrfaches höher als der Innenwiderstand des Multimeters (als
Voltmeter) mit 10 MOhm. Beim Messen des Spannungsabfalls an der LED ergibt sich
eine Parallelschaltung von LED und Voltmeter. Der größere Teil des Stromes
fließt durch das Messgerät und verursacht so einen Spannungseinbruch an LED1.
Durch die teilweise Überbrückung von LED1 beim Messen fließt mehr Strom in die
Darlingtonschaltung. Deshalb leuchtet LED2 beim Messvorgang hell auf.
Ähnlich verhält es sich bei der Kollektor-Emitterspannung von T1 (UCE
T1). Die Kollektor-Emitterstrecke hat aufgrund des geringen
Basisstroms einen hohen Widerstand der über dem des Messgerätes liegt. Durch
die Überbrückung der Kollektor-Emitterstrecke beim Messen fließt damit mehr
Strom in die Basis von T2 was wiederum LED2 heller aufleuchten lässt.
Der Widerstand
der Basis-Emitter-Strecke von T1 (UBE T1) ist aufgrund des
geringen Basisstromes höher als der Innenwiderstand des Messgeräts. Daher sorgt
die Überbrückung (Kurzschließen) beim Messen dafür, dass die
Kollektor-Emitter-Strecke von T1 nicht durchgeschaltet wird. Damit kann kein
Kollektorstrom durch T1 fließen. Der geringe Basisstrom von T1 durch den
Emitter alleine kann – als Basisstrom von T2 – die Kollektor-Emitter-Strecke
von T2 nur in geringem Ausmaß durchschalten. Als Ergebnis dunkelt LED2 beim
Messen stark ab.
Der Versuch zeigt eindrucksvoll, wie
geringste, fast nicht mehr messbare, Ströme durch eine Darlingtonschaltung so
verstärkt werden können, dass sie eine LED zum Leuchten bringen. Die
Stromverstärkung beträgt in diesem Fall B = 250000.
Ebenso werden die Grenzen beim Messen
hochohmiger Widerstände und Bauteile aufgezeigt. Man sollte sich daher nie
blind auf angezeigte Messwerte verlassen, sondern die Ergebnisse immer auf
Plausibilität überprüfen. Eine zusätzliche Schaltungssimulation kann dabei
helfen, die Messwerte einzuordnen. Allerdings sollte man sich auch der Grenzen
der Simulation bewusst sein, die auch von den Einstellmöglichkeiten des jeweils
eingesetzten Programmes abhängen.
Anmerkung B.K.: In der Simulation wird ein Dunkelstrom
von 100 pA angenommen, der sich jedoch von LED zu LED stark unterscheiden kann.
Für eine grüne LED habe ich mal ein Sperrstrom unter 0,1 pA gemessen (vgl. Logarithmisches Pico-Amperemeter). Dazu wurde die Verdunkelung mit einer geschlossenen Blechdose erreicht. Das
Radiergummi lässt dagegen immer noch etwas Licht durch.
Simulation mit MicroCap von Bernd Schulte-Eversum, DG2DCY
Bemerkung zum Thema LED als Lichtsensor, Simulationsschaltung unf DC_Analyse: LED-Lichtsensor.pdf
Siehe auch Infraschallverstärker und AC-Analyse mit MicroCap