AM-FM-DSP-Empfänger „Alkmene“
von Günther Zöppel
Vor
einiger Zeit wurden im Elektroniklabor einige Hinweise zum Schaltkreis
DSPM2 gegeben (Herr Leder, Herr Kainka) und der damit realisierte
Empfänger „Hongkong“ vorgestellt (Herr Mews). Das Modul interessierte
mich, daher habe ich auch einen Empfänger damit aufgebaut. Diesen
möchte ich im folgenden vorstellen.
Mechanischer Aufbau
Grundproblem
beim DSPM2 ist die Abstimmung des Empfängers, da der Drehko leider nur
um 180° verstellt werden kann. Im „Hongkong“ ist dazu die Drehkoachse
verlängert worden, das erwies sich für die Handhabung als zu grob.
Daher habe ich einen Skalenantrieb aufgebaut, der ein defektes Poti als
Achslager nutzt. Die Innereien dieses Potis wurden ausgebaut und der
Anschlag entfernt, sodass es frei drehbar ist. Auf den
DSPM2-Achsstummel wurde ein altes aus einem defekten Taschenempfänger
gewonnenes Drehkoantriebsrad mit einem Durchmesser von 36 mm montiert.
Die Potiachse hat 6mm Durchmesser, somit ergibt sich ein
Übersetzungsverhältnis von 1:6, d.h. ich kann den Abstimmknopf 3x
vollständig drehen, um die Endanschläge des Drehkos zu erreichen. Das Skalenseil, 3 mal um die
Achse geschlungen, wird durch eine Feder gespannt. Es ist keinerlei
Schlupf feststellbar, der Antrieb ist sehr leichtgängig. Auf das
Antriebsrad wurde eine selbsterstellte Skalenscheibe montiert. Diese wurde mit „Front Designer“ von Abacom erstellt, hat eine
Teilung von 0-10 wie auch beim „Hongkong“. Somit kann ich (mit
freundlicher Genehmigung des Kollegen Mews) dessen Skalen nachnutzen.
Da der Antrieb im Gehäuseinneren untergebracht ist, wurde noch eine
Hintergrundbeleuchtung mittels einer weißen LED installiert, die dann
durch die Frontplatte scheint und etwas an nostalgische Radios erinnert.
Da
die Anzahl der nötigen externen Bauelemente minimal ist, wurde auf die
Herstellung einer Leiterplatte verzichtet und der ganze Aufbau auf
einer 7cm x 5cm großen Universalplatine aufgebaut. Damit ließ
sich der Empfänger vorab schon mal testen.
Das
Gerät sollte sowohl mit Akku als auch per Netz betreibbar sein, also
habe ich ein 5V-Steckernetzteil und einen Li-Ionen-Handyakku eingebaut.
Das Steckernetzteil wurde mit Halterungen aus Plastestreifen versehen,
welche mit doppelseitigem Klebeband am Netzteilgehäuse befestigt wurden, um es auf entsprechenden Distanzstücken im Inneren
anschrauben zu können. Das Netzkabel ist durch die Rückwand über
Buchsen an die Steckerstifte des Netzteils geführt, welche zur
Sicherheit mit Schrumpfschlauch überzogen wurden. Der Akku wird mittels
Gummibändern in einem dafür vorgesehen Fach befestigt.
Das
Gehäuse selbst ist aus Sperrholz gefertigt und mit mahagonifarbener
Beize gestaltet worden. Front- und Rückwandplatte sind ebenfalls mit
„Front Designer“ erstellt, auf Zeichenkarton ausgedruckt und auf die
jeweiligen Holzzuschnitte aufgeklebt worden. Zum
sicheren Stand erhielt die Bodenplatte 4 Füße (selbstklebende
Möbelgleiter). Das Gehäuse ist 10 cm hoch, 11,5 cm tief und 21 cm breit.
Elektrischer Aufbau
Das
Schaltbild sagt eigentlich schon das wesentliche aus. Im Gegensatz zum
„Hongkong“ verwendete ich für die AM-FM-Umschaltung einen doppelten
Umschalter (S1a /S1b). Damit wird der IC weniger belastet, da die LEDs
von ihm entkoppelt sind. Die Abstimmanzeige erhält ihre Steuerspannung
über einen Transistor, dessen Basisstrom den IC nur minimal stresst. Im
Nachhinein habe ich den Elko C2 noch auf einen Keramik-C von 4,7 nF
reduziert, da er eine ungewollte Hysterese beim Abstimmvorgang
verursachte. In der Applikationsschaltung des Originaldatenblattes ist
dort überhaupt kein C vorgesehen, das ergab aber ein hektisches Blinken
der LED bei Sendern mit geringerer Feldstärke, also habe ich 4,7nF als
Kompromiss gewählt – Nachbauer sollten da etwas experimentieren.
Um
alle lt. Datenblatt empfangbaren Bereiche zu nutzen, habe ich für die
AM-Bänder einen 4-bit – und für die FM-Bänder einen
2-bit-Codierschalter eingebaut, somit stehen 4 FM – und 16 AM-Bänder
zur Verfügung. Leider sind die Codierungen hex C, hex 8 und hex 4
redundant, bei Auswahl derselben stellt sich das AM-Band 12 ein, das
gleiche wie bei der Stellung hex F, sodass nur 13 AM-Bänder zur
Verfügung stehen. Bei den FM-Bändern stehen alle 4 zur Verfügung. Die
empfangbaren Bereiche korrespondieren (mit einer gewissen
Toleranz) mit den Skalen von Koll. Mews („Hongkong“), die ich etwas
erweitert, ausgedruckt und auf der Oberseite des Gehäuses aufgeklebt
habe.
Der Lautsprecher stammt aus einem alten Plasmafernseher
und ergibt einen sehr ausgewogenen Klang. Die Lautstärke ist
ausreichend für ein ruhiges Zimmer, sodass auf einen separaten
NF-Verstärker verzichtet werden kann. Außerdem ist ein Ohrhörer
ansteckbar, der den internen Lautsprecher bei Einstöpseln abschaltet.
Mit einem Poti von 47 k und einem Serienwiderstand R5 = 12 k ergibt sich
eine kontinuierliche Lautstärkeregelmöglichkeit bis fast = 0, nur bei
genauem Hinhören ist der Ton in Minimalstellung noch vernehmbar.
Die
Ferritantenne stammt aus einem defekten Taschenempfänger, dessen
Mittelwellenspule (L ca. 400 µH) hier verwendet wurde. Die Anordnung auf
dem Ferritstab ist relativ unkritisch, es konnte in allen
Verschiebelagen Empfang erzielt werden.
Um die Betriebsspannung
bei Netzteilbetrieb auf ungefährliche Werte für den DSPM2 zu reduzieren
(max. 4,3 V lt. Datenblatt), wurde die Diode D1 eingefügt, die die 5 V
um die Flussspannung von 0,7 V verringert. Ein Eindringen von
HF-Störungen über das Netzteil verhindert das mit C5, C6, C7 und L2
aufgebaute Filter.
Um den Akku nachladen zu können, wurde noch
eine Ladebuchse in die Rückwand integriert. Selbstverständlich könnte
auch eine Ladeschaltung intern untergebracht werden, aber ich hatte
bereits früher ein gut funktionierendes Ladegerät gebaut, welches ich
daher gleich ohne großen Aufwand hierfür nutze.
Empfangspraxis
Es
wurden Versuche mit einer 10m-Langdraht-Antenne, mit einer
elektronischen Antenne von ELV und mit meiner selbstgebauten
Rahmenantenne angestellt. Mit allen 3 Typen konnten die Sender, die mit
einem Vergleichsempfänger „TECSUN 2000“ empfangbar waren, auch gehört
werden. Das spricht für die Qualität des DSPM2. Wenn man bedenkt,
welchen Aufwand die analoge Schaltungstechnik des TECSUN erfordert,
kann man den Entwicklern des DSPM2-IC nur uneingeschränkten Respekt
zollen. Einziger Nachteil ist die fehlende Frequenzanzeigemöglichkeit,
aber da gibt’s sicher schon Nachfolge-IC´s, die das können, wie z.B.
bei meinem Projekt „Burkhard“.
Schade, dass die deutschen
Mittelwellensender alle abgeschaltet sind, tagsüber bleibt hier in der
Erzgebirgsgegend nur der tschechische Sender Liblice auf 639 kHz
hörbar, manchmal auch der ungarische Sender Kossuth-Radio auf 540 kHz.
Aber abends wird auf allen Bändern, vor allem Kurzwelle, das Gerät
richtig munter und bringt eine Unmenge von Informationen rüber, die zur
Beschäftigung mit Fremdsprachen animieren…
Die FM-Bereiche verfügen
über sehr saubere Wiedergabequalität, beim Verwenden des Ohrhörers ist
ein ausgeprägter Stereo-Effekt hörbar. Leider ist das Senderangebot in
den Sonderbereichen FM2 – FM4 nicht gerade üppig, da stehen noch
Versuche an.
Obwohl
das Gerät beim AM-Empfang bereits beim Anschluss der Rahmenantenne
einige Sender bringt, wird der Empfang durch Einstellen der
Rahmenresonanz stabiler. Das zeigt sich an der LED zur
Empfangsdetektion, die bei schwachen Sendern oft flackert. Offenbar
rastet die interne PLL teilweise aus, wenn die Feldstärke zu gering
wird. Die elektronische Antenne von ELV, deren Bereiche ebenfalls
eingestellt werden können, bewirkt gleiches. Am besten funktioniert
jedoch eine ca. 10 m lange im Freien auf ca. 6 m über dem Erdboden
gespannte Langdrahtantenne, die den gebäudeinternen Störnebel
nicht einfängt. Wird dieses Antennensignal noch durch einen rauscharmen
Verstärker geschickt, ist die abendliche Sendervielfalt schon
beachtlich und steht höherklassigen Weltempfängern nicht nach.
Taufe
Das
Gerät bekam den Namen „Alkmene“. Dies bedeutet : Anregung Leder,
Kainka, Mews, Empfänger neu entstanden. Die drei Herren gestatteten mir
auch die Nachnutzung ihrer Erkenntnisse zum DSPM2, daher soll der
Name meine Wertschätzung ausdrücken. „Alkmene“ ist oft in den
Abendstunden zu meiner Freude seit geraumer Zeit eingesetzt worden und
funktioniert tadellos.
Günther Zöppel
Pockau-Lengefeld, September 2018