Der NoName-Oszillator      
Etwas Theorie        
 

von Peter Gerber, HB9BNI     

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Die Theorie dieses Oszillators ist kein Geheimnis. Der Phasenschieber besteht aus 3 (manchmal 4) einfachen Sektionen eines RC Hochpasses (in den obigen zwei Beispielen) oder Tiefpasses. Bei 3 Sektionen wird das Netzwerk so betrieben, dass jede Sektion 60 Grad Phasenverschiebung bringt, zusammen also 180 Grad. Demensprechend muss der Verstärker weitere 180 Grad Phasenverschiebung haben, damit die Schaltung schwingt. So jedenfalls geht die übliche Erklärung.

Ein HP oder TP mit einer RC-Sektion, die bei 60 Grad Phasenverschiebung betrieben wird, hat eine Verstärkung von 0.5, bringt also am Ausgang die halbe Eingangsspannung. Natürlich nur, wenn die Quelle vor dem Netzwerk einen Innenwiderstand von null und wenn die nächste Stufe einen Eingangswiderstand von unendlich hat. Man könnte die 3 Stufen jeweils durch einen guten Trennverstärker (z.B. einen nicht-invertierenden OpAmp mit Verstärkung 1) voneinander isolieren und bekäme dann bei drei Stufen à 60 Grad eine Ausgangsamplitude von 0.5 * 0.5 * 0.5 = 0.125, also eine notwendige Spannungsverstärkung von 8.

Das kann man mit LTSpice natürlich testen. Hier 3 Hochpässe mit jeweils 2.7 nF Kapazität und 47k Widerstand, jeweils gepuffert mit einem OpAmp mit Verstärkung 1.

Das folgende Bild zeigt Amplitude und Phase (also das Bode-Diagramm) nach den drei OPAmps (grün, blau, rot, Amplituden durchgezogen, Phasen punktiert). Ich habe Die Software so konfiguriert, dass das Signal nach dem dritten OpAmp (rot) bei einer Phase von 180 Grad "springt". Das ist kein realer Phasensprung, sondern ein optischer Effekt. Die pinkfarbige Phase läuft kontinierlich von -178 Grad, -179 Grad auf – 180 Grad und dann auf -181 Grad, die dargestellt werden als + 179 Grad. Der Ort des „Phasensprungs" markiert die Frequenz, mit der dieser RC-Oszillator schwingen würde, wäre das Netzwerk mit einem geeigneten Spannungsverstärker verbunden, der die Phase um weitere 180 Grad dreht.

Man kann nun die Amplituden und Phasen ablesen: Am Ort des „Phasensprungs", also bei ca 723 Hz, hat das grüne Signal (nach dem ersten OpAmp) eine Amplitude von 500 mV und eine Phase von +60 Grad. Das blaue Signal nach dem zweiten OpAmp hat eine Amplitude von 250 mV und eine Phase von + 120 Grad. Die Amplitude nach dem dritten OpAmp (rot) beträgt 125 mV und die Phase springt bei +/- 180 Grad. Das bestätigt die obige Theorie.

Der mit gepufferten Hochpässen aufgebaute Oszillator funktioniert, allerdings nur mit zusätzlichen Bauteilen. Wenn ich ihn aufbaue mit 3 gepufferten Hochpässen, einer Phaseninversionstufe mit Verstärkung 1 und einem nicht-invertierenden Verstärker mit Verstärkung knapp über 8, so schwingt das Ding in der Simulation mit über 100 kHz. Allerdings ist zusätzlich eine Amplitudenvariation mit der errechneten Grundfrequenz von gut 720 Hz sichtbar.

Wenn ich die Verstärkerkette am Ausgang resistiv und kapazitiv belaste (mit immerhin 1 kOhm und 100 Mikrofrarad, die rot umrandeten Elemente) und die Spannungsverstärkung deutlich erhöhe (auf 25), so schwingt der gepufferte Oszillator auf der erwarteten Frequenz. Allerdings sind im Spektrum die unerwünschten Schwingungen weit oberhalb der Nutzfrequenz immer noch sichtbar.

Niedrige Ausgangsimpedanzen und hohe Eingangsimpedanzen sind eben bei Verstärkern nicht immer hilfreich.

Da im nicht gepufferten Netzwerk die Stufen sich gegenseitig belasten, ist die notwendige Verstärkung bei der nicht-gepufferten Version grösser (ca 29 bei 3 Stufen und 18 bei 4 Stufen) und die Phasenverschiebung ist nicht in jeder Stufe genau gleich. Letzteres führt auch zu einer geänderten Frequenz gegenüber einer gepufferten Version.

Für das dreistufige Netzwerk gilt: Die gepufferte Hochpassversion hätte die Phasenverschiebung von 3 x 60 = 180 Grad bei , die nicht gepufferte Hochpassversion bei , die gepufferte Tiefpassversion bei , die nicht gepufferte Tiefpassversion bei .

Für das vierstufige Netzwerk gilt: Die gepufferte Hochpassversion hätte die Phasenverschiebung von 4 x 45 = 180 Grad bei , die nicht gepufferte Hochpassversion bei , die gepufferte Tiefpassversion bei , die nicht gepufferte Tiefpassversion bei . (Diesen Faktor hatten schon E. L. Ginzton und L. M. Hollingsworth 1941 publiziert: Phase shift oscillators. Proc IRE, Vol 29, pp 43 –49. Diese Arbeit ist nicht erhältlich. Ich habe den Faktor aus S. Sherr: Generalized Equations for RC Phase-Shift Oscillators. Proc IRE, 1954, July, pp 1169 - 1172 . Dort sind auch Faktoren für mehr als 4 Stufen aufgeführt.)

Der NoName-Oszillator 1: Experimente
NoName-Oszillator 2: Theorie
NoName-Oszillator 3: LTSpice  
NoName-Oszillator 4:  Peter Sulzer  
NoName-Oszillator 5: H.W.Nichols  

CC BY-NC-ND


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