Weltempfänger WE1 von ELV
von Klaus Leder
Bild 1: Weltempfänger von ELV im Pultdesign
Die Fa. ELV Elektronik AG hat 2015 einen interessanten Bausatz für ein
UKW/AM-Radio herausgebracht, der mit dem Ein-Chip-Empfängerbaustein
Si4844 von Silicon Labs und einem Mikrocontroller ausgestattet ist. Der
Controller dient der Frequenzanzeige in einem LC-Display, der
Bandumschaltung, der Lautstärke- und Klangeinstellung sowie dem Ein-
und Ausschaltvorgang. Das Display zeigt die gewählte Frequenz, die
korrekte Sendereinstellung, Stereoempfang, die Lautstärke, die
Mute-Funktion und den Batteriezustand an. Mit zwei Drehpotentiometern
kann die Frequenz grob und fein abgestimmt werden. Die Einstellung der
Lautstärke wird ebenfalls analog mit einem Drehpotenziometer
durchgeführt.
Bild 2: Platinen und Bauteile des Bausatzes
Die Bänderwahl erfolgt mit zwei Drucktastern, das gewählte Frequenzband
wird auf einer Wellenbereichsgrafik jeweils durch eine Leuchtdiode
angezeigt. Für UKW-Empfang (87-108 MHz) dient eine Teleskopantenne, für
den Empfang der AM-Bänder eine Ferritantenne. Es kann auf folgenden
Kurzwellenbändern abgestimmt werden: 21,2-22,0 MHz, 17,1-18 MHz,
15-15,9 MHz, 13,4-14,2 MHz, 11,45-12,25 MHz, 9,2-10 MHz, 6,8-7,6 MHz,
5,6-6,4 MHz. Das Mittelwellenband reicht von 520-16,65 kHz. Eine Buchse
für 3,5-mm-Klinkenstecker ermöglicht den Anschluss einer externen Loop-
oder einer Drahtantenne.
Bild 3: Basisplatine mit montiertem Lautsprecher von unten
Die SMD-Platine enthält einen Audioverstärker für Lautsprecher sowie
einen Kopfhörerverstärker. Mit einem Schiebeschalter kann zwischen dem
eingebauten Lautsprecher und externen Lautsprechern umgeschaltet
werden. Die Versorgungsspannung wird durch zwei Mignon-Batterien
bereitgestellt, es kann aber auch ein externes Netzteil (5 VDC)
angeschlossen werden.
Bild 4: Bestückte Basisplatine von oben
Für den Aufbau des sehr leistungsstarken Empfängers werden eine
fünfteilige Platine und eine Gehäuseunterschale sowie alle nötigen Bau-
und Montageteile geliefert. Auf der Basisplatine und auf der
Bedienplatine sind schon alle notwendigen SMD-Bauteile aufgelötet. Das
Löten und Montieren der beiden Winkelplatinen und der größeren Bauteile
ist relativ einfach. Allerdings erfordert das Einlöten des LC-Displays
Löterfahrung, denn die Lötpins sind nur 1,5 mm voneinander entfernt.
Die Drehknöpfe müssen jeweils aus den fünf Einzelteilen, Knopf,
Pfeilscheibe, Reduzierstück, Knopfkappe und Madenschraube montiert
werden, was etwas umständlich ist.
Zum Aufbau des Weltempfängers hat ELV im Internet ein instruktives Video eingestellt.
Bild 5: Bestückte Bedienplatine mit aufgelöteten Winkelplatinen und Stabilisierungsstreifen von unten
Das 15-seitige Handbuch ist den Entwicklern von ELV besonders gut
gelungen. Es enthält nicht nur technische Detailangaben und
Aufbauhinweise, sondern liefert darüber hinaus detaillierte
Schaltbilder und eine ausführliche Schaltungsbeschreibung. Die
Abschnitte über die Geschichte des Radiobaus und über die Ausbreitung
der Rundfunkwellen fördern die technische und technikhistorische
Bildung – ein Ziel, das nach Ansicht vieler Naturwissenschaftler und
Ingenieure in den Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen
vernachlässigt wird.
Bild 6: Mit LC-Display bestückte Bedienplatine von oben
Das Design des Radios ist im Retro-Stil gehalten, was durch die
Pultform, die Stabantenne, die Wellenbereichsgrafik und die einfache
Bedienung durch drei Drehpotenziometer deutlich wird. Das Projekt von
ELV greift die Pultform eines Radios auf, die bei den ersten Detektor-
und Röhrenradios am Anfang des Radiozeitalters stand.
Bei anderen Herstellern von Radiobausätzen, z.B. bei Velleman und
Elenco, besteht das fertiggestellte Radio lediglich aus einer
aufstellbaren Platine. Der Franzis-Verlag hat dagegen für seine
Retroradios attraktive, aufklappbare Gehäuse aus einem mit bedruckter
Folie überzogenen Karton entwickelt.
Bild 7: Digitaler Weltempfänger von ELV (2015) und Schaltpult mit Transistor und Elektronenröhre von Kosmos (1960)
Im Jahr 1958 gab der Franckh-Verlag (Kosmos) den Experimentierkasten
„Radio und Elektronik“ heraus, dessen Schaltpult ein ähnliches Aussehen
wie das von ELV hatte. Das Schaltpult von Kosmos zeigt eine
Audionschaltung von Ing. Heinz Richter mit einem Germanium-Transistor,
einer Batterieröhre, zwei Drehkondensatoren und einem Potenziometer.
Dieser Aufbau symbolisiert die Revolution in der Elektronik, die in den
1950er Jahren durch den Transistor ausgelöst wurde. Der Radiobausatz
aus dem Jahr 2015 von ELV mit dem Ein-Chip-Receiver und
Mikrocontroller-Steuerung steht modellhaft für die digitale Revolution,
die heute alle Lebensbereiche erfasst hat.
s. a.
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